Photos from Concert OBJETS TROUVÉS

OBJETS-TROUVEE

photo #1 / photo #2 / photo #3 / photo #4 / photo #5 / photo #6 / photo #7 / photo #8 / photo #9 / photo #10

All photos by Manuel Wagner (mail[at]wagnerchic.com)

Photos from Concert ELLERY ESKELIN–MICHAEL GRIENAIR

ESKELIN-GRIENAIR

photo #1 / photo #2 / photo #3 / photo #4 / photo #5 / photo #6 / photo #7

All photos by Manuel Wagner (mail[at]wagnerchic.com)

Kreative Effizienz oder effiziente Kreativität? Recording Session mit Elliot und Melvin

Am Tag nach unserem ersten Konzert sind wir am Samstag morgen um halb elf in einem Aufnahme Studio in Brooklyn für eine Session verabredet. Ich war schon sehr neugierig, wie eine solche Recording Session abläuft – mit a) einer neuen Band und b) die Musik unbekannt, es gibt ein Instant Composing. Nur die gegenseitige Neugierde und Vorfreude auf das „Playing for the Tapes“ sorgt für Adrenalin-Schub der Extraklasse, habe nachts kaum ein Auge zugetan.

„Trout Recordings“ ist der genau richtige Ort, um unsere Musik aufzunehmen – alles Vintage-Gear – unglaubliche Mikrophone, eine Wand voller Gitarren und Tasten-Instrumente, die es für eine gescheite Rockproduktion mit 80-er Grunge-Sound braucht – Hammondorgeln, Farfisa, Wurlitzer, Melotron – alles da. Dann die Drums-Sammlung: ein „abgefacktes“ Gretsch, ein neueres Pearl aber dann vor allem das Prunkstück: ein Slingerland-Drum mit 26er Bassdrum (autsch!) und 14“ Racktom und 18“ Floortom – natürlich suche ich mir dieses Drum aus, um dem massiven Sound von Melvin die Stange halten zu können.

Schon gut eine Stunde nach unserer Ankunft haben Bryce, der Besitzer und Engineer mit seinen zwei Assistenten alles soweit verkabelt und gestöpselt, dass wir loslegen können. Elliots Amps brüllen in einem Separée, welches halboffen bleibt, damit wir ohne Kopfhörer spielen können – durch diese leichte Trennung und Distanz können die Röhren der Amps am Limit laufen und das ist gut für den mega Klang von Elliot. Nie mehr seit ich mit Stephan Wittwer in Sons Of Sludge gespielt habe, habe ich einen so geilen Rock-Gitarren Sound gehört.

STUDIO photo #1 / photo #2 / photo #3 / photo #4 / photo #5 / photo #6 / photo #7 / photo #8 / photo #9 / photo #10 / photo #11 / photo #12 / photo #13 / photo #14 / photo #15

All photos by Manuel Wagner (mail[at]wagnerchic.com)

Ein kräftiger Sound ist für diese frei spielende Band auch entscheidend – im Stone am Abend vorher hat der Bassamp bereits nach kurzer Zeit seinen Geist aufgegeben, was Melvin als alten Hasen doch auch etwas aus dem Konzept gebracht hat und uns einige Zeit kostete, bis wir wieder in den „Play-Flow“ fanden, wie ich ihn so mag.

Hier im Studio braucht Melvin nicht zu basteln – er spielt beherzt mit seinem grossen Sound – der Spass kommt zurück, unsere Blicke suchen sich beim Spielen immer wieder – es funkt. Das Spezielle in diesem doch leicht heruntergekommenen Studio (der Raum sieht eher aus wie ein Brockenhaus, nur anstatt Möbel sind da Instrumente ausgestellt) – ist die analoge Zweizoll 24 Spur Bandmaschine von Studer.

Damit Bryce die Bandkompression benutzen kann, um diesen typischen Fullrange-Sound zu generieren, laufen alle Mikrophon-Spuren über die Bandmaschine und erst von dort auf die Recording Software Pro Tools, das digitale Band quasi. Dieses Prozedere zwingt uns maximal 16-minütige Tracks zu spielen. Bryce muss aber trotzdem zweimal mit einem Papier „One More Minute“ in den Recording Raum kommen und uns aus der entrückten Spieltrance abholen, sonst läuft das Band aus der Spule.

Nach etwa neun bespielten Spulen, also etwas mehr als zwei Stunden musikalischem Material ist der Pfupf draussen und die Sache drin. Packen, die Tracks auf Harddisk kopieren und das Studio Cash bezahlen. Dann lecker japanisch Essen mit meinen zwei neuen Freunden. Das muss schon gefeiert werden.

Drei Tage später besuchen Patrik und ich Elliot in seinem Studio im East-Village. Die Tracks sind zum grossen Teil editiert und der Sound klingt mächtig – wir müssen noch etwas an der Präsenz der Drums arbeiten, sie sind noch zu indirekt und ich wünsche mir noch mehr low-end in der Bassdrum.

Noch selten habe ich so effizient eine kreative Produktion miterlebt. Grace under Pressure? Oder einfach auch der Kick aus dem Druck? Diese Arbeitsweise ist hier in New York überlebensnotwendig (und generiert grossartige Momente) – ist für mich aber nicht die allein gültige. (Ich stehe auch auf Tüfteln, Basteln, Abgehangenes, Gefiltertes, archäologisch Freigelegtes, Prozesshaftes im Studio).

Zum produktiven Speed und der effizienten Kreativität von New York jedoch passt es bestens.

Lucas Niggli

6. März 2012 (II)

Am Nachmittag lese ich Dieter Ulrichs Artikel „Switzerland – A Drummer’s Country“ in der Zeitschrift „New York City Jazz Record“, der wohl besser mit „Switzerland – A Drummers Country“ (Die Schweiz – ein Land von Schlagzeugern) überschrieben gewesen wäre. Darin spürt Ulrich dem Phänomen nach, warum es in der Schweiz überdurchschnittlich viele überdurchschnittliche Schlagzeuger gibt. Die Diagnose stimmt, allerdings präsentiert er dann doch eine recht steile These, wenn er behauptet: „But, of the five leading European drummers born between 1930-40, four were Swiss.“ I beg your pardon!!!! Was ist mit Jaki Liebezeit (Jahrgang 1938), Ralf Hübner (Jg. 1938), Ginger Baker (Jg. 1939), Kenny Clare (Jg. 1929), Mani Neumeier (Jg. 1940), Hartwig Bartz (Jg. 1936) und Joe Nay (Jg. 1934) to name just a few. Schweizer Kirchturmblick?

Im STONE geht nach der montäglichen Auszeit das INTAKT-Festival weiter. Dieter Ulrich (Schlagzeug), Oliver Lake (Altsaxofon) und William Parker (Baß), der für Christian Weber eingesprungen ist, explodieren in einem Set, der noch einmal die glorreiche Blütezeit des Freejazz der 60er und 70er Jahre heraufbeschwört. Expressive Saxofonschreie, dichtes Trommelspiel und sonore Baßläufe verdichten zu energetischen Entladungen.

Versonnener präsentiert sich die zweite Band des Abends. Das Ad-Hoc-Trio von Tim Berne (Altsaxofon), Angelica Sanchez (Piano) und Lucas Niggli (Drums) beginnt mit zirkularen Linien, die sich ineinander verschränken, um sich danach langsam auszudifferenzieren. Nach dynamischen Steigerungen kehrt die Gruppe immer wieder zum leiseren Spiel zurück, bei dem poetische Klänge die Atmosphäre bestimmen.

Christoph Wagner

Fred Frith about the festival

After an exhilarating couple of days helping launch Intakt’s fortnight at The Stone I’m struck yet again by how much great music has come out of this very small country (you could fit three Switzerlands into New York state, and ten into California!) Piano (Irene Schweizer, Sylvie Courvoisier, Katharina Weber), drums (Fredi Studer, Lucas Niggli, Pierre Favre, Fritz Hauser, Dieter Ulrich), horns (Urs Leimgruber, Co Streiff, Arte Quartet, Hans Koch), strings (Charlotte Hug, Alfred Zimmerlin, Martin Schutz) and voices (Doro Schurch, Franziska Baumann)—chances are that if you’re into improvisation you already know many of these names, and every year there are more and more names as new and energetic practitioners emerge. Intakt is the logical (if not the only) home for many of these extraordinary musicians, and New Yorkers are enjoying a rare chance to see some of them interact with the local scene. I had a great time, wish I could have stayed longer. A celebration, a party, and a lesson in how things can be done. Bravo Intakt, and chapeau to them and to JZ for thinking, as always, out of the box …

Fred Frith

6. März 2012

Wir gehen zum Interview zu Ellery Eskelin. Er wohnt in der 43sten Straße ziemlich westlich in einem Hochhaus, das Musikern vorbehalten ist. In den 80er Jahre habe ich hier einmal den Bassisten Fred Hopkins besucht, der ein paar Jahre später verstarb. Wir melden uns beim Pförtner. Er kündigt uns bei Ellery an, während wir uns ins Gästebuch eintragen. Dann winkt er uns durch. Mit dem Lift geht’s nach oben. Ellery öffnet die Tür und fragt, wen wir besuchen wollen, wir seien hier wohl falsch. Ein bisschen verwirrt sage ich: „Wir haben eine Verabredung mit Santa Claus .“ „Santa Claus?“ fragt Ellery zurück. „Wohnt nicht hier.“ Die Situation nimmt kafkaeske Züge an. Erst als ich sage: „Wir sind hier wegen des Interviews!“ fällt bei ihm der Groschen und ich wette, er wäre vor Peinlichkeit am Liebsten im Boden versunken. „Oh, my god – sorry! Hatte ich total vergessen. Ist mir unendlich peinlich – kommt rein!“

Es wird ein interessantes Gespräch, in welchem er präzise den Stilwandel begründet, den er seit ein paar Jahren vollzogen hat und der beim Konzert im STONE so kontrovers aufgenommen wurde. Eskelin will vom konventionellen modernen Jazzsaxofonspiel weg, weil er das Gefühl hat, dass auf dem Weg in die Moderne etwas verloren gegangen ist, eine Qualität, die das Spiel der alten Jazzsaxofonisten noch hatte: eine vokale Qualität, etwas Singhaftes, Improvisationen, die mit weniger Tönen auskamen, mehr Ausdruck, weniger Schnörkel und Verzierungen. Ihm schwebt vor, zu einfacheren Melodielinien zurückzukehren und so den „Spirit“ des alten Jazz in einem modernen Rahmen wieder auferstehen zu lassen. Keine Nostalgieveranstaltungen also, sondern Innovation aus dem Geist der Tradition. Folgerichtig spielt er ein Saxofon, Baujahr 1927. Es ist schwieriger zu bedienen ist, klingt aber anders.
   
Nach dem Gespräch fahren wir in den 46sten Stock hoch, um auf Manhattan herabzuschauen und ein paar Fotos zu machen. Menschen werden zu Ameisen, Autos zu Spielzeugautomobilen.

Christoph Wagner

Strolling around in Manhattan and brooklyn


Skyscrapers of Manhattan


View to Brooklyn


Brooklyn Bridge


Central Park


Empire State Building

Photos from aperitif

APERO

photo #1 / photo #2 / photo #3 / photo #4 / photo #5 / photo #6 / photo #7 / photo #8 / photo #9 / photo #10 / photo #11 / photo #12 / photo #13 / photo #14 / photo #15 / photo #16 / photo #17 / photo #18 / photo #19 / photo #20 / photo #21 / photo #22 / photo #23 / photo #24 / photo #25 / photo #26 / photo #27 / photo #28 / photo #29 / photo #30 / photo #31

New York, Montag, 5. März, at Freeman’s, New York City: Die Stadt Zürich ladet zum Apero ein aus Anlass des Festivals Zürich-New York von Intakt Records im The Stone.

All photos by Manuel Wagner (mail[at]wagnerchic.com)


Beim Generalkonsul

Pause beim Intakt-Festivals: Der Montag im “Stone” gehört jeweils dem Komponisten Butch Morris und seinem Workshop “New Music Observatory”. Mehr als fünf, zehn Zuhörer hat das “Stone” dann jeweils nicht, wie der Volunteers an der Türe sagt. Die Butch Morris-Fans gehen eher danach ins “Nublu”, einen kleinen Club kaum einige Häuserblocks vom “Stone” entfernt, wo der legendäre Geheimtip der New Yorker Downtown-Szene dann jeweils ab Mitternacht zwei “Conductions” mit seinem NuBlu-Orchestra durchführt.

Statt der Konzerte gab es am Montag einen kleinen Empfang im Freeman’s, einem kleinen, ebenso urigen wie schummerigen Restaurant, das sich am Ende eines winzigen Gässchens unmittelbar gegenüber unserem Hotel Off Soho Suite Hotel an der Rivington Street versteckt. Eingeladen hatte das Präsidialdepartment der Stadt Zürich. Die Schweizer “Delegation” war natürlich vollzählig da, dazu der harte Kern der in New York lebenden Schweizer Künstlerinnen und Künstler und einige New Yorker Musiker. Susanne Spreiter, “Head of Jazz and Popular Music” der “Cultural Affairs of The City of Zurich”, zu deutsch: die Leiterin des Zürcher Popkredits, hielt eine gut beklatschte Rede, in der sie sich bei Patrik Landolt und Rosmarie Meier vom Intakt-Label bedankte, ohne die das Festival ja nicht zustande gekommen wäre.


Susanne Spreiter (Popkredit) mit François Barras, Schweizer Generalkonsul in NYC

Man würde sich wünschen, dass das Lob und die Begeisterung auch über das Festival anhält, denn Intakt und das mit ihm verbundene “unerhört”-Festival sind vom Popkredit bisher eher stiefmütterlich behandelt worden. Und das, obwohl das Intakt-Label und das “unerhört”-Festival das wichtigste und nachhaltigste Beziehungsnetz zu dieser weltweit spannendsten Szene der Experimental- und Avantgarde-Musik aufgebaut hat und unterhält. Auch wenn es wie ein Werbespot klingen mag: Auf keinem anderen Schweizer Label – und wohl auch auf keinem anderen europäischen Label – haben so viele New Yorker Downtown-Stars, von Geri Allen, Marilyn Crispell und Andrew Cyrille über Fred Frith, Mark Feldman, Butch Morris und Ingrid Laubrock bis Elliott Sharp, William Parker und Cecil Taylor, CDs veröffentlicht wie auf Intakt. Und: Über das “unerhört”-Festival sind zahlreiche Verbindungen zwischen Zürcher Musikerinnen und Musikern und dieser New Yorker Szene entstanden, die bis heute anhalten und gepflegt werden. Die “cultural affairs” des Zürcher Präsidialdepartments dürften eigentlich ein bisschen stolzer sein auf diese beiden Zürcher Institutionen, als sie dies bisher zu merken gaben.

Christian Rentsch