Tobias Böcker, Jazzpodium, Februar 2014
Manfred Papst, NZZ am Sonntag, 9. Februar 2014
"I have nothing to say" singt SARAH BUECHI bei einem ihrer 9 Flying Letters (Intakt CD 229), und diesen Satz mache ich mir wohlweislich zueigen, um mich nicht als postfeministischer Renegat und eliminatorischer Deutscher unmöglich zu machen. Daher nur die langbeinigen Fakten: Eine famose kleine Band mit Stefan Aeby am Piano, André Pousaz am Kontrabass und Lionel Friedli an den Drums verschönt mit Finesse die auf vier Kontinenten zur Höchstform geschliffenen Gesänge einer Frau, die ihre Lieder und Lyrics selber schreibt. Formgebung hat sie u. a. bei Steve Coleman studiert, ihr lauthalses Tirili bei Lauren Newton und Susanna Abbuehl. Das Talent und die Neigung zu verschwenderischen Melismen und zimtzickigen Intervallsprüngen, zu chamäleonartigen Kippeffekten, vor allem ein görenhaftes Krähen, das ihre Selfmadepower zum ungenierten Ausdruck bringen soll, das scheint ihr in den Kinderwagen gelegt. Ambitioniert und prätenziös hyperventiliert sie von Rabenvater Zeit ('Time'), von 'Addictions', von 'Fame, Wealth and Emptiness'. Mit Scats und Vokalisen und dem Pathos einer Björk in Hitzewallungen. Mal mit heißer Kartoffel im Mund, mal mit Lerchenzunge in Aspik. Eigentlich sind ihr die Dummheit des Superlativs und die Hohlheit da oben bewusst. Trotzdem kann sie von ihrer Mission, ihrem inneren Auftrag nicht lassen, als wäre sie nicht die Treibende, sondern die Getriebene, das 'Wild', in ihrem Spiel ('Game'). Und das ist auch gut so. Da wo Buechi hin will, ist sie eh mit Idiosynkrasien konfrontiert. Ihre Kompositionen und Arrangements sind jetzt schon stärker als ihre Bildersprache von atemberaubendem Herbstlaub oder das schaurige Motivationstraining 'Steps'.
Rigi Dittmann, Bad Alchemy, BA 80, 2014
Peter Füssl, Kultur, Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, Dornbirn, Österreich, Febr. 2014
Von Neugier getriebene Musik
Mit ihrem neuen Album ist sie in aller Munde: Die gebürtige Luzernerin Sarah Buechi überrascht mit einem selbstbewussten Song-Jazz.
Eine Jazzsängerin interpretiert gewöhnlich Standards aus dem Great American Songbook, scattet zu Latin-Grooves oder begibt sich mit exaltierten Lauten in den freien Fall der Improvisation. Die 32-jährige Sarah Buechi, die in Hellbühl aufgewachsen ist, gehört weder zu dieser noch zu jener Liga. Sie schreibt eigene Songs und Texte. Dabei klingt sie nicht wie ein Singer-Songwriter, der den Songs einen Jazzgeschmack gibt, sondern wie eine Jazzsängerin, die das Songwriting mit komplexen Arrangements erweitert.«Ich habe auf diesem Album mit Überlagerungen gearbeitet», erklärt Sarah Buechi ihr Kompositionsprinzip. «Die Musiker spielen verschieden lange Patterns, die sich dann in unterschiedlichen Abständen überlagern können und auf diese Weise Harmonien erzeugen.» Mit dem Pianisten Stefan Aeby, dem Bassisten André Pousaz und dem Schlagzeuger Lionel Friedli sind herausragende Instrumentalisten der jungen Schweizer Jazz-Generation in ihrer Band. Sie begleiten nicht einfach eine Sängerin, sondern füllen kraft ihrer Technik und ihres Feelings die Arrangements mit Leben.
Songs wie Geflechte
Die Songs funktionieren, obwohl sie relativ streng durchkomponiert sind, nicht nach den üblichen Strophe-Refrain-Abfolgen. Auch ist die vertikale Jazzharmonik aufgrund der Überlagerungen ausser Kraft gesetzt. Die Songs klingen eher wie Geflechte aus einzelnen musikalischen Strängen, die immer wieder neu zusammenkommen.Auch in der Renaissance- und Barockmusik sei die harmonische Idee nicht durch vertikale Akkorde gelegt worden, sondern durch Melodien, die sich überlagern, sagt Sarah Buechi. «Ich finde es cool, wenn die Melodie wichtiger ist als die Harmonie. Das klingt weniger strukturiert und gibt den Songs etwas Schwebendes.» Den Kick zu ihrem Kompositionsprinzip erhielt Sarah Buechi an einem Workshop des amerikanischen Saxofonisten und Komponisten Steve Coleman in Dublin, wo sie nach ihrem Studium als Dozentin wirkte. Coleman hatte das Konzept der sich überlagernden Metren in Ghana kennen gelernt. Sarah Buechi wollte es genauer wissen. «Ich ging zu weiteren Workshops nach New York und verbrachte einen Monat in Ghana, um die Ursprünge dieses ‹zyklischen Denkens› auch im kulturellen Kontext mit Musik und Tanz erfahren zu können.» Während eines nochmaligen längeren Aufenthalts in New York schrieb sie die Kompositionen für das aktuelle Album.
Studienaufenthalt in Indien
Diese Neugier und der Wissensdurst haben Sarah Buechi schon während ihres Studiums an der Jazzabteilung der Hochschule Luzern – Musik begleitet. Sie machte in dieser Zeit zwei Studienaufenthalte am berühmten Karnataka College of Percussion in Bangalore, Indien. Dort erlernte sie die komplexe Rhythmussprache und den hoch differenzierten, durch Mikrointervalle schwebenden Gesang der indischen Musik. Es war eine harte, aber ergiebige Schule. «Ich ging nach Indien, weil ich eine musikalische Welt kennen lernen wollte, von der ich keinen Schimmer hatte. Ich musste wie ein Kind bei null beginnen. Aber das hat mich interessiert.» Trotz dieser Prägung hütete sich Sarah Buechi stets, auf eine (Ethno-Jazz-)Schiene reduziert zu werden. Lieber bringt sie diese Erfahrungen in einen eigenen und modernen Jazz-Kontext ein.
Harsch – und wieder zart
Das wird mit «Flying Letters» spürbar: Während sie auf ihrem ersten Album noch viel «indischer» sang, klingt sie jetzt harscher, abstrakter und manchmal fast görenhaft unverfroren. Natürlich kann sie auch zart und lyrisch intonieren. Und selbst die indischen Phrasierungen sind jetzt sublim integriert, zu hören etwa auf «The Answer Is Yes» oder «I Have Nothing To Say».Für Sarah Buechi sind Herausforderungen wichtig. Sie hat immer das gesucht, was sie weiterbringt. Deshalb ist sie auch gerne bei Christy Doran's New Bag eingestiegen. «Hier kann ich meine punkige und rockige Seite ausleben. Auch tonal und rhythmisch bin ich gefordert. Das erweitert meinen Horizont. So kann ich als Musikerin wachsen.»
Pirmin Bossart, Neue Luzerner Zeitung, 26. Februar 2014
Beat Blaser, Kulturtipp 6, Zürich /2014
Christoph Wagner, Jazzthetik 03/04-2014
Drei Formationen treten an den Churer Jazztagen auf
Im Hotel «Drei Könige» finden vom 19. bis 21. März die Churer Jazztage statt. Auf der Bühne stehen Three Wise Men feat. Scott Hamilton, The Nu Band und Sarah Büchi.
Zum Auftakt der Churer Jazztage im Hotel «Drei Könige» erklingt Swingmusik. Diese wird am Mittwoch, 19. März, von der Formation Three Wise Men feat. Scott Hamilton vorgetragen.
Sarah Büchi stellt neues Album vor
Auf dem Programm stehen des Weiteren Auftritte von The Nu Band und der Sängerin Sarah Büchi. Letztere präsentiert in Chur ihr neues Album «Flying Letters». Organisiert werden die Churer Jazztage vom Jazz Club Chur. (so)
So, Suedostschweiz, 14.03.2014
schu, Concerto, Österreich, April-Mai 2014
Klaus Hübner, Westzeit April 2014
Ny stemme
Om ikke fra det store intet, men fra Sveits, kommer Sarah Buechi og byr på noe helt eget.
Sjøl om Sarah Buechi ikke er mer enn 33 år, så har hun rukket en hel del allerede. Som datter av en organist og korleder på den en sida og komponist, dirigent og pianolærer på den andre, så var det vel kanskje ikke så mye tvil om hvilken vei unge Sarah skulle slå inn på – det måtte nesten bli musikk. I store deler av sitt relativt korte liv har Buechi reist langt og mye – et år i India hvor hun lærte mye om «annerledes» musikk, en annen kultur og ikke minst seg sjøl. Seinere har det blitt lengre opphold i Paris og New York og de seineste åra har hun bodd og undervist i Dublin.
Alle impulser hun har fått med seg har hun satt sammen til et uttrykk som er veldig hennes eget både i måten å skrive låter og tekster på og måten å uttrykke seg på. Her finnes spor etter både jazz, pop og etnisk musikk og hun har en modig og offensiv måte å tolke tekst på. Buechi er usedvanlig dyktig når det gjelder å benytte seg av dynamiske virkemidler noe som gjør at man sitter ytterst på stolen for å få med seg alle detaljene. Hennes mange reiser i ymse miljøer har tydeligvis ført til at hennes musikkanskuelse har fått et helt eget og spennende skjær.
Sammen med en trio bestående av flere unge og utmerkede sveitsere, Stefan Aeby på piano, Lionel Friedli på trommer og André Pousaz på bass, så skaper Buechi en spennende og annerledes musikalsk oase som forteller oss at det skjer mye spennende også utenfor den slagne landeveien. Sarah Buechi fortjener masse oppmerksomhet allerede nå og kommer garantert til å ta nye, spennende steg i åra som kommer.
Tor Hammerø, Side 2, Norway, 09.04.14
Hiroki Sugiata, Jazz Japan, May 2014
Die 33-jährige Schweizer Vokalistin Sarah Buechi hat gemeinsam mit dem Pianisten Stefan Aeby, dem Bassisten André Pousaz und Drummer Lionel Friedli bei Intakt eine CD vorgelegt, deren Musik über das übliche Gesang-Klaviertrio-Begleitung-Spiel hinausgeht. Die Instrumentalisten sind Partner auf Augenhöhe, die Sounds werden gemeinsam entwickelt, auch wenn als Autorin sowohl der Musik als der Texte ausschließlich Buechi fungiert. Sie scheut die Bezugnahme auf verschiedenste Einflüsse nicht, man hört ihre Studien in New York bei so unterschiedlichen Künstlerpersönlichkeiten wie Steve Coleman oder Sheila Jordan. Vor allem aber werden ihre Aufenthalte im Karnataka College of Percussion im südindischen Bangalore fühlbar. Dazwischen immer wieder Anklänge an Popsongs, ihre Melodik und schlichte Struktur. Ein schönes Beispiel ist Track 3: The Answer is yes. Die Gefahr bei so unterschiedlichen Bezügen ist ein gewisser Mangel an Originalität und Eigenständigkeit. Sarah Buechis Stimme hat aber einen sehr spezifischen Klang, der Sound des Quartetts ist kompakt und trägt gut.
haun, Freistil 54, Österreich, Mai, 2014
Reiner Kobe, Jazzpodium, Mai 2014
Stef Rohrbach, Jazz'n'more, Mai-Juni 2014
Sarah Büchi stürzt sich in jedes musikalische Abenteuer
Abseits von 4/4-Takt und westlichen Hörgewohnheiten erschliesst sich eine faszinierende und immense musikalische Welt. Die Sängerin Sarah Büchi hat sich aufgemacht, diese Welt zu entdecken – und reiste dafür nach Indien und Ghana. Ihre Karriere ist noch jung, ihr Wissensdurst unbändig.
Sarah Büchis musikalische Entwicklung verlief sehr organisch: Sie wird in eine musikalische Familie hineingeboren, ihre Mutter ist Organistin und Chorleiterin, der Vater Komponist und Klavierlehrer. Schon als Fünfjährige beginnt Sarah Büchi mit dem Geigenunterricht. Später kommen Klavier und Gitarre dazu, und schliesslich beginnt sie als Teenagerin in einer Rockband zu singen. Zudem schreibt sie schon während dieser Zeit ein eigenes Musical. Die Anerkennung dafür ist so gross, dass für Sarah Büchi klar ist: Musik soll nicht nur ein Hobby bleiben, sondern ihr Beruf werden.
Hier, hör' da mal rein!
Während ihres Studiums an der Musikhochschule Luzern, wo sie Jazzgesang bei Lauren Newton und Susanne Abbuehl studiert, bekommt sie vom renommierten Gitarristen Christy Doran eine indische CD in die Hand gedrückt. Diese kleine Geste sollte eine Weiche in Sarah Büchis musikalischem Leben stellen.
Sie ist von dieser Musik so fasziniert und inspiriert, dass sie nach ihrem Studium die Koffer packt und für 18 Monate nach Bangalore, in Südindien reist. Dort lernt sie am Karnataka College of Percussion die rhythmischen Bausteine der südindischen Musik und die Feinheiten des indischen Gesangs. Mit unserer westlichen Hörgewohnheit kommt man dabei nicht weit.
Aus einer Schwäche wird eine Stärke
Sarah Büchi ist unter anderem nach Indien gereist, weil sie früher Mühe mit anspruchsvollen Rhythmen hatte. Das hat sich massiv geändert. Die indische Rhythmusschule hat ihr eine weitere musikalische Weiche gestellt. Polyrhythmik und Polymetrik sind zu Sarah Büchis Stärken geworden. Also alles, was ausserhalb von 3/4- und 4/4-Takten rhythmisch sonst noch möglich ist – und das ist eine unendliche Welt.
Doch ihr Durst nach mehr Wissen ist unbändig, deshalb reist sie zum Rhythmus-Guru Steve Coleman nach New York, einem amerikanischen Jazzsaxofonisten. Mit ihm studiert sie einen Monat und lernt, dass diese faszinierende Welt der überlagernden Rhythmen ihren Ursprung in Ghana hat. Was also macht Sarah Büchi als nächstes? Sie reist für längere Zeit nach Ghana.
Der Rucksack füllt sich
Sarah Büchi hat sich bereits in ihrer jungen Karriere ein immenses musikalisches Wissen angeeignet. Nebenbei fand sie auch noch Zeit, zwei CDs unter eigenem Namen herauszugeben: «Vidya Mani» (2010) und «Flying Letters» (2013). Als Leadsängerin ist sie aber noch lange nicht ausgelastet, sondern stürzt sich als Sidewoman in etliche, oft sehr unkonventionelle Projekte.
Sie liebt die Herausforderung und die Einsicht in andere musikalische Welten. Und weil sie Musik auf so einem hohen Level verinnerlicht und ihr Gehör geschult hat, kann sie dort auch immer wieder über sich hinauswachsen. Schön, dass sich Kreise im Leben manchmal wieder schliessen: Denn eines ihrer Projekte ist «New Bag», die Band von Christy Doran. Jener Musiker, der sie ja gewissermassen auf ihre musikalische Reise geschickt hat.
Roman Hosek, SRF Kultur, Freitag, 5. September 2014, 14:49 Uhr
Stefan Künzli, Aargauer Zeitung, 28. Dezember 2014
Potrait über Sarah Buechi, von Mirjam Oertli, Handelszeitung, 21. Mai 2015, Schweiz (PDF-Datei)
Swantje Kammerecker, Südostschweiz, 29. Juni 2015
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