Ohne Punkt und Komma
Steamboat Switzerland und Lucas Niggli in neuem Outfit
Die Band polarisiert. Wo immer Steamboat Switzerland auftritt, spaltet
sich das Publikum in Freund und Feind. Ihre hochenergetische Avantgardemusik
in Düsenjet-Lautstärke zwischen Speedmetal und serieller Hyperkomplexität
fordert zu Reaktionen heraus und versetzt die Zuhörer in Wut oder
Verzückung. Das neue Album nun fällt aus dem Rahmen, es klingt
anders als das meiste, was man von der Gruppe bisher kannte. Die drei
Musiker haben ihr elektrisches Instrumentarium gegen akustische Instrumente
vertauscht und spielen statt Hammond-Orgel, Synthesizer und Bass nun
Flügel und Gitarre mit Nylonsaiten. Eine «Unplugged»-Session
ist die Einspielung trotzdem nicht, da die akustischen Töne durch
einen Parcours elektronischer Verfremdungsgeräte geschickt werden.
Das Klangbild ist nicht die einzige Auffälligkeit. Das Schweizer
Trio hat zusätzlich alle kompositorischen Stützelemente über
Bord geworfen und improvisiert 45 Minuten lang ohne Punkt und Komma.
Flirrende Piano-Triller, pulsierende Perkussion und elektronische Ton-Wirbel
verdichten sich zu einem prasselnden Klanggewitter voller Dramatik und
konzentrierter Kraft. Alles kommt vor: die Ruhe vor dem Sturm sowie
die Stille danach. Dazwischen: Donner, Sturm und Blitz. Was ist das?
Jazz, Rock, neue Musik? Vielleicht eher: ein Wegweiser in die Zukunft.
Lucas Niggli, der Schlagzeuger von Steamboat Switzerland, betreibt daneben
etliche eigene Projekte. Der Wirbelwind aus Uster mit Jahrgang 1968
gehört zu einer Generation von Jazzmusikern, die Ende der achtziger
Jahre die Szene betraten, als die Dominanz eines Stils bereits der neuen
Unübersichtlichkeit verschiedenster Strömungen gewichen war.
Niggli spielte damals in mehreren Gruppen, deren Bandbreite von modernem
Jazz über freie Improvisation bis zu neuer Musik und avanciertem
Rock reichte. Aus all diesen Stilformen formte er seine persönliche
Handschrift, wobei ihm vor allem sein Ensemble Zoom
als Versuchslabor für neue Ideen diente.
In diesem Trio - mit Nils Wogram (Posaune) und Philipp Schaufelberger
(E-Gitarre) -, das bewusst ohne Bass agiert, hat Niggli zu einem fein
ausbalancierten Gleichgewicht zwischen Komposition und Improvisation
gefunden. Zoom versteht es, die solistischen Exkursionen genaustens
auf Atmosphäre, Klangfarbe und Charakter des jeweiligen Stücks
abzustimmen. Hier wird nicht ins Blaue hinein improvisiert, sondern
nach präzisen Vorgaben kreativ gestaltet. Raffiniert werden die
Grenzen verwischt: Wo die Improvisation beginnt und das Arrangement
aufhört, bleibt häufig das Geheimnis der Musiker. Das Zoom-Trio
hat Niggli auf der neusten Einspielung um vier Saxofonisten des Basler
Arte-Quartetts erweitert, was ganz neue Perspektiven eröffnet.
Seine Kompositionen schöpfen das Klangfarben-Spektrum des Saxofonquartetts
aus. Ob er die Sonorität des Gesamtklangs erkundet, durch enge
Intervallführung mikrotonale Irritationen erreicht oder die Vielgliedrigkeit
einer kontrapunktischen Linienführung auskostet - immer erweist
sich Niggli als origineller Komponist. Manchmal leuchten folkloristische
Farben auf, ein anderes Mal wird eine romantische Elegie samtweich ausgebreitet,
um danach wieder energischere Töne anzuschlagen.
Die Arrangements sind mit Pünktlichkeit in Szene gesetzt und von
inspirierten Improvisationen eingerahmt, die den Erzählstrang der
Partitur weiterspinnen. Mit dieser Aufnahme gewinnt Lucas Niggli als
Komponist an Profil. - Als Schlagzeuger spielt er ja länger schon
in der Champions League.
Christoph Wagner
Steamboat Switzerland: Zone 2 (Grob). - Lucas Niggli
Zoom Meets Arte Quartet: Crash Cruise (Intakt). - Lucas Niggli (Zoom
meets Arte Quartet) tritt am 26. September in Winterthur im Theater
am Gleis auf.
Intakt’s a Swiss label.
The first Intakt CD I covered here is Sylvie Courvoisier’s excellent
Lonelyville (Intakt CD 120). Lucas Niggli Zoom Meets Arte Quartett (Intakt
CD 130) is a recent release and a humdinger. Arte is a saxophone quartet:
Beat Hofstetter, Andrea Formenti, soprano and tenor saxes; Sascha Armbruster,
Alto, soprano and tenor saxes; Beat Keppeler, baritone and soprano saxes.
Zoom consists of composer-arranger-percussionist Lucas Niggli; Nils
Wogram, trombone, melodica, voice; Philipp Schaufelberger, guitar.
It’s all good news. The disc is demo quality, gutsy division.
If your sound system has a solid low end and big, sturdy legs, you’ll
impress the bejesus out of enemies, guests, distant relations on your
wife’s side, what and whomever, if you play it loud. Niggli, whose
performance rarely departs from its supportive role, is an inventive,
good humored, often witty composer who rejoices in just about everything,
including –– musically –– astral projection
and nouvelle cuisine. (I’m funnin’ but only just….)
I don’t love every track equally, but when this band’s cooking,
it’s a noteworthy meal. Niggli’s sidemen, trombonist Wogram
and electric guitarist Schaufelberget, make good use of their opportunities
to shine, and the sax quartet’s blendings, a lot of them novel,
contribute substantially to one’s sense of satisfaction.
Check out Intakt’s catalog at www.intaktrec.ch for an excellent
example of a small label’s place among the flaccid biggies.
Mike Silverton, Random Noise 7, October, 2007, StereoTimes.com
Totale
Symbiose
Den Schlagzeuger Lucas Niggli inspiriert die neue Klassik seit jeher,
und das Basler Arte Quartett hat immer mit aktuellem Jazz sympathisiert.
In Nigglis reichhaltigen Stücken geht Zoom (Niggli-Wogram-Schaufelberger)
mit den vier Saxofonisten eine totale Symbiose ein. Oft werden beide
Klangkörper aufgebrochen. Differenziert Auskomponiertes beflügelt
ebenso wie die offene Improvisation. Der Pluralismus wirkt nie beliebig
und inspiriert die Spieler zu besonderen Aussagen.
Jürg Solothurnmann, DRS 2, Radio Magazin, Schweiz,
29. September 2007
Zoom ist - vor allem in der
'kleinen' Triobesetzung - nach wie vor eine der besten und interessantesten
Zellen des zeitgenössischen Jazz. Umso interessanter die möglichen
Andockungen und das Austauschen der Module. Das Arte-Quartett, versierte
Saxspieler, die vor allem in der neuen Musik brillierten, fügt
sich aber ganz anders ein als man erwarten könnte. Herrlich fließende,
volle und warme Arrangements, welche die konzentrierte und hochlebensfreudige
Vielfalt der Kompositionen des Schweizers kongenial begleiten, dann
treibende und hochenergetische freie Ausritte und extraoriginelle Kopftänze,
dazu Muskelspiel und Grimassen - alles, was freie wie konzentrierte
improvisierte Musik heute noch aufregend machen kann, findet sich hier.
Diese Aufnahmen, keine Frage, heben die Klasse der Spielkunst von Zoom
auf ein neues Plateau.
Made My Day by Honker, Terz, Oktober 2007
schu,
Concerto, Österreich, Oktober/November 2007
Das Baseler Arte Quartett,
ob beim elektroakustischen Enigma der e_a.sonata.02 (2002) von Leimgruber
& Müller oder bei Pierre Favres Saxophones (2003), ist ein
perfekter Klangkörper, wenn man im 'White Line‘-Jazz bewusst
noch das Third-Stream-Ende akzentuieren will. Wenn man die heikle und
spannende Balance von Improvisation und Komposition sucht wie nun bei
Crash Cruise (Intakt 130) das Projekt LUCAS NIGGLI ZOOM MEETS ARTE QUARTETT.
Beat Hofstetter, Sascha Armbruster, Andrea Formenti & Beat Kappeler
mit ihrem Fächer von Soprano- bis Baritonsaxophonen verschmelzen
dabei mit dem Posaunisten Nils Wogram, dem Gitarristen Philipp Schaufelberger
und dem Drummer & Komponisten Lucas Niggli zu einem 7-stimmigen
Organum, zwischen das mit Mühe die Partiturblätter passen.
Die Suite 'Collision Coalition‘, mit dem hymnischen 'Shibusa‘s‘
als großartigem Gefühlsausbruch, bringt das gut zum Ausdruck,
der Zusammenprall gehorcht tänzerisch und wie verliebt einer Choreographie.
Ich kann nicht unterscheiden, was hier improvisiert ist oder so polymobil
arrangiert, dass genau dieser Eindruck entsteht. Ehrlich gesagt, ist
mir auch Wurst, ob 'Fart ins Blaue‘ ein h fehlt oder als Schweizer
Humor gegen das E über den Köpfen anstinkt. Das 'ernste‘,
elegische 'Reflex‘ ist ein gefühlsinniger Höhepunkt,
auf dessen Gipfel die Bläser zusammen wie Alphörner summen.
'One For Evan‘ huldigt und imitiert Evan Parker mit multiphoner
Spektralchromatik und kaskadierender Vielzüngelei, wie es auch
Zeitkratzer nicht besser hätte machen können. Zum Auftakt
mit 'Saft‘ hatte Niggli elegant und groovy Downship-Feeling evoziert.
Schaufelbergers zarte, geschmeidige Linien und Wograms vollmundige Eloquenz
sind unwiderstehlich und Niggli muss Schikanen einbauen wie bei 'Stau‘,
um mit Ecken und Kanten den Autopiloten auszuschalten. Wogram verblüfft
mit Obertonvokalisation. Überhaupt gibt sein Ton, seine Soli bei
'Basa Buzz‘ und dem Titelstück stehen dafür exemplarisch,
der Schweizer Uhrwerkspräzision Seele. So wie Niggli bei allem
Federn und Tickeln nicht versäumt, dem Gespinst aus 'Saft‘
und 'Luft‘ auch einen Knochenbau zurecht zu klopfen. Wie leichtfüßig
der Homunculus tanzen kann, zeigt das abschließende 'Luft‘,
ein Hauch von Ländler-Folklore, bei dem die Füße kaum
den Boden berühren.
Rigobert Dittman, Bad Alchemy, 56, 2007
Venerable New York City-based modern jazz saxophonist Tim Berne composed
the liners for Swiss drummer Lucas Niggli’s Crash Cruise. And
while both have generated a signature musical persona, the artists do
share similarities due to their proclivities on various musical fronts.
With his long-running and irrefutably excitable band Zoom, the drummer
reaffirms his stature as a progressive jazz motivational force via his
energized comps, loaded with pulsating beats and knotty digressions.
On this endeavor he aligns with the Arte Quartet, which is a saxophone
unit that has performed with artists including Berne and guitar great
Fred Frith. Here, the musicians align forces for a hoda gepodge of pumping
polyrhythmic flows, often dappled with rapidly-paced themes.
They skirt the free realm on occasion, and take motifs down to a slow
crawl in spots. However, the band doesn’t lull you into a trance-like
state for long, as they often regenerate various movements into rolling
and tumbling scenarios. They elicit vast degrees of imagery, whether
the band seemingly navigates through forbidding terrain or partakes
in rocketing choruses.
On “Shibusa’s,” Niggli pursues striking rhythmic contrasts,
where the horn players lay back and then engage in frenzied choruses,
leading into an Ornette Coleman-ish melody line. The instrumentalists
touch upon the chamber element during the dark and ethereal “Reflex,”
accentuated by guitarist Philipp Schaufelberger’s nimble and intricately
engineered chord voicings. But shifts in momentum typify the band’s
gait. With complex unison phrasings to complement an undercurrent built
on pop, swing and zip, Niggli and associates succeed where many others
fail. They merge a gamut of emotive aspects into a set that hits from
a multitude of angles. Focused, and semi-structured, Niggli encapsulates
history of modern music into a mark of distinction that is clearly his
own.
By Glenn Astarita, All About Jazz, USA, November 2007
Als Schlagzeuger hat Lucas
Niggli sich längst einen überragenden Internationalen Ruf
geschaffen, seit einigen Jahren aber profiliert er sich zunehmend auch
als einer der originellsten und interessantesten Komponisten der europäischen
Jazzszene. Kaum ein anderer Komponist der jüngeren Generation schreibt
so brillant neue Musik, die dennoch ganz ohne jene verkrampfte, marktschreierische
Attitüde "Alles ganz neu! Alles ganz anders! Alles ganz originell!"
auskommt. Seine ausgeschriebenen Bläserpassagen sind gut gearbeitetes,
fein gehörtes, aber durchaus konventionelles kompositorisches Handwerk,
das macht, dass einem die Musik einigermassen vertraut in den Ohren
klingt. Aussergewöhnlich ist (im Gegensatz zu vielen "Neutönern")
nicht wie, sondern was Niggli schreibt, sind sein überquellender
Einfallsreichtum, sein sicheres Formbewussisein und - das vor allem
sein ebenso verspielter wie virtuoser "Erzählstil": Nichts
nimmt seinen vorhersehbaren Lauf, hinter jeder Ecke lauert eine überraschende
Wendung, immer geht es anders weiter, als man denkt. Seine Kompositionen
sind raffiniert inszenierte Exkursionen mit mannigfachen inneren Bezügen,
zum Teil auch feinsinnig witzige Anspielungen auf andere Musikgenres.
Natürlich spielt er als Schlagzeuger gern mit komplexen Metren,
die einen immer wieder aus dem Tritt bringen, und natürlich lebt
das Gegeneinander der immer wieder neu gruppierten Bläser von vertrackten
rhythmischen Einfällen. Vor allem aber nutzt Niggli die unterschiedlichen
Spielcharakteristiken seiner Musiker, setzt er etwa die stupende Virtuosität
von Nils Wogram gegen die störrische (scheinbare) Antivirtuosität
von Philipp Schaufelberger. Und sie, auch die vier Saxofonisten des
Arte-Quartetts, schlüpfen mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit
aus den ausgeschriebenen Passagen in ihre Improvisationen, spielen sich
souverän über schnell wechselnde Backgrounds und klinken sich
dann ebenso ungezwungen wieder ein ins kollektive Gefüge. Für
jeden, der offene, neugierige Ohren hat, ein grandioses Hörvergnügen.
Christian Rentsch, Jazz'n'More, Schweiz, Nov/Dez 2007
Brian
Morton, The Wire, Dez 2007
Luc
Bouquet, Improjazz 142, Février 2008
Nearly four years ago, when
I asked Swiss percussionist Lucas Niggli what one project he was most
proud of, he replied, "It has to be my working band ZOOM which
became a pool of musicians (Nils Wogram, Philipp Schaufelberger, Peter
Herbert and recently also the Ensemble für Neue Musik Zürich)
with whom I can play my compositions. We're touring all of Europe, and
it has become a real family." Having said that, ZOOM is back, this
time together with the Swiss Arte Quartett for "Crash Cruise",
one of the stronger bodies of work I've ever heard from Niggli. No surprise,
all compositions and arrangements originated with Niggli, which may
sound like individuals have little room to maneuver. In fact, each player,
in the smallest way imaginable gets to express a share of his unique
musical identity. Highlights include the impeccably arranged and tightly
played tribute to Evan Parker, "One for Evan" and the longish
suite [with variety of shades, tones and door-slamming changes] called
"Collision Coalition". In Niggli's world, grey is white, while
black has many shades of blue. All of this makes "Crash Cruise"
a record of many intensely satisfying contrasts.
Tom Sekowski, GazEta, Poland, January 2008
Matthias
Creutziger, Scala, März 2008
Andrew
Choate, Signal to Noise, USA/Canada, Spring 2008
Le note di copertina dell'album sono state scritte da Tim Berne. Un
chiaro indizio delle atmosfere, degli ambiti espressivi su cui si muove
il CD, e della qualità della musica in esso contenuta. L'ascolto
dell'album, conferma piacevolmente le aspettative.
Lucas Niggli è uno dei rari batteristi che si cimenta anche con
la composizione, e lo fa con piglio deciso, sicuro e creativo. Varietà
ritmica, certo, ma anche eleganti contrappunti, momenti di delicato
lirismo, complessità strutturale e, perchè no?, improvvisazione
radicale.
Del resto l'organico, risultante dall'incontro del trio Zoom di Niggli
con il quartetto di sax Arte, mette a disposizione del leader una paletta
sonora ampia e flessibile, di cui fa ottimo uso.
Un disco intenso e maturo, lontano dagli stilemi consueti del jazz,
carico di groove asimmetrici (e qui riscontriamo una certa affinità
con il curatore delle note di copertina). Una proposta inconsueta ed
interessante, di concezione schiettamente europea.
Paolo Peviani, All About Jazz Italia, March 2008
Swiss drummer Lukas Niggli
and his Zoom Ensemble, utilizing core trio with Nils Wogram and guitarist
Phillip Schaufelberger, have put out a series of sessions in various
ensemble extensions (11/01, p.111, 10/03, p.36, 5/05, p.122). This newest
outing pairs the trio with the ARTE Quartett, a Swiss sax ensemble that
bridges the worlds of composed and improvised music. ARTE have worked
with musicians like Tim Berne (11/02, p.27), Urs Leimgruber (5/04, p.18),
and Pierre Favre (1/05, p.21) and are well versed in bridging the worlds
of composition and improvisation. Niggli’s compositional forms
provide an overall framework for the session which moves between longer
improvisations and compact thematic pieces. Some of the pieces fly along
with tight unison lines which explode into kaleidoscopic counterpoint,
others use the sax quartet as harmonic backdrop for fleet trombone and
guitar lines, and others mass the entire group for textured musings.
What comes through here is the ability of the ensemble to seamlessly
integrate improvisation into the detailed compositions. The members
of ARTE Quartett leverage their tight chamber-like interplay, expertly
weaving their individual lines into the overall collective sound of
the ensemble. Wogram is a rising star on the trombone and his playing
is particularly impressive. Whether stepping out as a solo voice or
diving across the written parts, his pliant lines are buoyed by the
rich voicings of the ensemble. Guitarist Schaufelberger utilizes a clean
tone with an electric bite to it that provides coloristic contrast to
the warmer sound of the reeds and Wogram’s trombone. Niggli has
a spry attack and manages to propel the music along with a nimble sense
of swing. The music can move with a stately grace like on “Reflex”
or rollicking energy like the title tune, which shifts from tight harmonies
to angular counterpoint, particularly during Wogram’s spirited
solo. The reed players also step out. On “Basa Buzz,” they
break off to race lines around a dizzying groove. “One for Evan,”
an homage to Evan Parker, is a reed feature constructed around phase
shifting sheets of saxophone overtones shot through with looping linear
kernels. This one is yet another chapter in Niggli’s constantly
evolving body of work, and one of his strongest yet. .
Michael Rosenstein, Cadence Magazin, USA, April-May-June
2008
Fruchtbare Liaison
von Avantgarde und Jazz
Jazzfestival Basel Das gemeinsame Konzert von Lucas Nigglis
Zoom und dem Arte Quartett in der Gare du Nord bewies einmal mehr, wie
lebendig und innovativ die Schweizer Jazzszene ist.
Drei Abende des Jazzfestivals Basel 2008 fanden im Bahnhof für
Neue Musik, der Gare du Nord, statt und segelten unter der stilistischen
Bezeichnung «Avantgarde», wobei streng genommen erst das
letzte dieser drei Konzerte diese Kategorisierung wirklich verdiente:
Lucas Nigglis Zoom meets Arte Quartett. «Crash Cruise» lautete
das Motto dieses Konzertabends und in der Tat stiessen da mit Wucht
zwei musikalische Welten aufeinander und amalgamierten zu etwas faszinierend
Neuem: die Neue Musik repräsentiert durch das Arte Quartett mit
den vier Saxophonisten Beat Hofstetter, Sascha Armbruster, Andrea Formenti
und Beat Kappeler und der Jazz vertreten durch Drummer Lucas Nigglis
Trio Zoom mit dem Posaunisten Nils Wogram und dem Gitarristen Philipp
Schaufelberger.
Verblüffend dabei, wie das klassisch ausgebildete Arte Quartett,
das sich eigentlich auf das Spielen von Neuer Musik spezialisiert hat,
trotz «schönem» klassischem Ton ohne Jazzphrasierung
immer wieder Momente von unglaublicher Intensität schuf und oft
einen Drive hinkriegte, der selbst gestandenen Jazzmusikern nicht besser
gelingen dürfte. Mit phänomenaler Präzision wurden da
die wildesten polyrhythmischen Irrwitzigkeiten aus Lucas Nigglis Feder
wiedergegeben, und wenn die Vier gelegentlich in ihr Spezialgebiet,
ins Fach der Neuen Musik wechselten, gab’s kein Halten mehr.
Zwar spielte mal das Arte Quartett alleine, mal das Trio Zoom für
sich; doch meist taten sie es zusammen, wobei oft nicht klar war, wo
komponierte Teile in freie Improvisationen übergingen und umgekehrt;
das spielte aber letztlich keine Rolle. Für den improvisatorischen
Teil des Projekts Zoom meets Arte Quartett war einerseits der deutsche
Posaunist Nils Wogram zuständig, der sowohl durch seine technische
Brillanz als auch durch seine farbenreiche Obertonvoicings zu überzeugen
vermochte; andererseits Philipp Schaufelberger mit seinem sehr persönlichen
Gitarrestil, bei dem er › sich meist in hohen Lagen bewegend ›
eine ausdrucksstarke Musiksprache entwickelte.
Das pulsierende Herz des Projektes war der Drummer Lucas Niggli, der
die musikalischen Abläufe leitete und seine Mitmusiker in den ruhigen
Abschnitten einfühlsam-zart mit den Händen begleitete, mit
unglaublicher Wucht aber tat er dies bei den Fortissimostellen. All
jene, die behaupten, im Jazz gebe es nichts Neues mehr und man bekomme
immer nur die gleiche aufgewärmte Sauce zu hören, sollten
ein Konzert von Lucas Nigglis Zoom meets Arte Quartett besuchen und
sie werden ein Damaskus-Erlebnis der Extraklasse haben.
Rolf De Marchi, © Basellandschaftliche Zeitung / MLZ;
25.04.2008
Marcello
Lorrai, In Sound, Italy, März 2008
Extending his musical imagination
still further, Swiss drummer and percussionist Lucas Niggli mates harmonious
coloration from the all-saxophone Arte Quartet to his Zoom trio’s
jazz rhythms for this 13-track CD.
The quartet, which has provided similar reed polyphony for composers
ranging from jazzer Tim Berne to minimalist Terry Riley stretches, undulates
and rappels mid-range legato timbres to provide an ever-shifting backdrop
for notable work from trombonist Nils Wogram, guitarist Philipp Schaufelberger
and Niggli himself. Especially impressive is Wogram whose 11-minute
feature “Saft” shows a command of slippery chromatic runs
plus growly vocalized plunger excavations. Also a master of braying
and slurring, throughout the young Swiss brassman can swerve almost
instantaneously from gritty tongue stops to smooth chromatic fingering.
“Reflex”, a rondo-like adagio showcase for Schaufelberger,
features the guitarist’s straight finger picking and cross-pulsing
descending riffs intersecting with contrapuntal reed layering from the
four saxophones. It, like many of the other tunes, is also notable for
what isn’t heard: overdone percussion interludes from the leader.
Instead, Wogram is the master of subtle rhythm and barely heard drum
beats.
Even in those instances when the guitarist outputs flanged timbres and
sharper accents, it’s Wogram’s low-pitched whinnies and
triple tonguing that reins him in. Similarly, the Arte Quartet’s
few split-tone excursions are usually knit into trilling harmonies with
the help of contrapuntal accents from the trombonist and drummer.
Consequently, the CD’s title is a misnomer. It’s not so
much a Crash Cruise, as a crash course in first-rate Swiss-based improvisation.
Ken Waxman, for CODA and Jazzword.com, August 15, 2008
Lauro
Tamburi, Jazz Magazine, Italia, October 2008
Zwischen Notentext
und Stegreifspiel
Der Schlagzeuger Lucas Niggli trifft mit seiner Gruppe Zoom auf das
renommierte
Arte-Quartett, wobei die Begegnung im Zeichen gegenseitigen Gebens und
Nehmens steht.
Entgegen landläufigen
Vorstellungen ist Jazz nur in den seltensten Fällen völlig
frei improvisiert. Vielmehr bezieht er nicht wenig von seiner Spannung
aus der Dialektik zwischen Komposition und Improvisation, die davon
lebt, dass ein – auf welche Weise auch immer – vorgegebener
Rahmen improvisatorisch gefüllt wird. Mitunter kommt dies einem
Balanceakt gleich, der in der Regel dann als besonders geglückt
bezeichnet werden kann, wenn die Übergänge zwischen Ablesen
und Stegreifspiel für den Hörer unkenntlich sind.
Einer, der virtuos auf beiden Hochzeiten tanzt, ist der Schlagzeuger,
Komponist und Bandleader Lucas Niggli, der mit seinen Gruppen Zoom bzw.
Big Zoom eine Reihe von Alben veröffentlicht hat, die als Beispiel
für die gelungene (De-)Konstruktion musikalischer Strukturen gelten
dürfen. Auf «Crash Cruise» (Intakt Records) trifft
er mit seinem Trio, dem ausser ihm selbst der keine technischen Grenzen
zu kennen scheinende Posaunist Nils Wogram und der formbewusste Lakoniker
Philipp Schaufelberger an der Gitarre angehören, auf das 1995 begründete
Arte-Quartett. Dieses besteht aus vier Saxofonisten, die sich der zeitgenössischen
Saxofonliteratur verschrieben haben, die von ihnen eigenhändig
mittels zahlreicher Uraufführungen weiter gefördert wird.
Sogar ein wenig Klamauk
Das Ergebnis dieses Stelldicheins ist eine offen klingende Platte, auf
der vieles möglich ist, ohne beliebig zu wirken. In den gelungensten
Momenten, und derer sind nicht wenige, verbinden sich die beiden Formationen
zu einem Organismus, der eine Musik hervorbringt, in der nebst den Hauptkomponenten
Jazz und moderne Klassik auch Folk und – wir scheuen das Wort
nicht – ein wenig Klamauk anklingen. Dabei atmet das Ganze den
Geist des Experimentes, das der Begegnung zwischen den beiden Gruppen
zugrunde liegt und das dank dem allseitigen Fehlen von stilistischen
Scheuklappen und der reichlich vorhandenen Virtuosität zu einem
schönen Erfolg geworden ist.
gmn, der Bund, Bern, 28.5.2009
To Intakt Website: home
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