Statements im Kollektiv
Der Zürcher Saxophonist Omri Ziegele am Jazzfestival «unerhört
2006»
Vom 23. bis 28. November findet an verschiedenen Spielstätten das
Jazzfestival «unerhört 2006» statt. Der Zürcher
Saxophonist Omri Ziegele, einer der bisherigen Veranstalter, wird das
Programm mitprägen durch Konzerte mit Noisy Minority, Billiger
Bauer und Grossbauer.
Was macht ein gutes Festival aus? «Das frage ich mich immer wieder.»
Omri Ziegele wirkt engagiert, angeregt. Der 47-jährige Zürcher
Jazzsaxophonist hat vor vier Jahren zusammen mit Kollegen des Musiker-
und Veranstalter-Kollektivs «Ohr» das Jazzfestival «unerhört»
aus der Taufe gehoben - als ein Forum für experimentierfreudige
Zürcher Jazzmusiker. Seither habe man oft darüber gesprochen,
wann und wo das «unerhört» stattfinden sollte. «Und
es hat uns stets auch beschäftigt, wie man jene Festivalstimmung
schafft, die den Dialog über Musik fördert.»
Der Veranstalter
Ziegele erinnert sich noch daran, wie man früher auf das Jazzfestival
Willisau hingefiebert habe: «Kaum war man dann in der Konzerthalle,
fühlte man sich plötzlich grösser - wegen der knisternden
Atmosphäre, weil man an einer Anti-Establishment-Veranstaltung
dabei war, weil man eingeweiht wurde in neuste musikalische Tendenzen,
die hier diskutiert wurden . . .» An dieser Erfahrung orientiere
sich Ziegele heute als «unerhört»- Veranstalter. Deshalb
etwa gebe es dieses Jahr neben dem Hauptprogramm wieder Nocturne- Konzerte:
Das Publikum soll nach den Hauptkonzerten nicht gleich nach Hause eilen;
man versucht es zu Gesprächen über Musik zu inspirieren.
Das «unerhört» allerdings hat auch den Charakter einer
Selbsthilfe-Veranstaltung. «Ich bin ein Spät-Achtundsechziger,
und für meine Generation ist es selbstverständlich, dass man
die Zügel in die eigenen Hände nehmen muss.» Geboren
in Israel in einem Kibbuz, aufgewachsen aber in der Schweiz, stammt
Ziegele aus dem geradezu legendären Kreis jener Jazzmusiker, die
in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre an der Kantonsschule
Rämibühl mit dem Jazz-Virus infiziert wurden. Der renommierte
Musiklehrer und Komponist Armin Schibler förderte damals Talente
wie Harald Haerter, Daniel Schnyder, Dieter Ulrich, Heinz Geisser -
fast alle haben später die Musik zum Beruf gemacht.
«Dass es schwierig ist, vom Jazz zu leben, wusste ich schon damals
- wichtiger als ein grosses Publikum aber war es mir, die expressiven
Möglichkeiten der Musik auszuloten.» Während Jahrzehnten
hätten Jazzmusiker eine eingeschworene Gemeinschaft gebildet, erzählt
Ziegele. Man habe auf die Solidarität der Musikerkollegen zählen
können. Das nun habe sich geändert, seit Dutzende von Musikern
jährlich eine Jazzschule abschliessen. «Die Jazzszene ist
heute zersplittert, es gibt viele Klüngel und noch mehr Einzeltäter
ohne kämpferischen Geist, die vor allem darauf achten, sich irgendwie
zu verkaufen auf dem schwierigen Markt.» Entsprechend gebe es
Neid und Animositäten.
Omri Ziegele versteht sich selber als integrierenden Künstler;
er brauche und suche die Kooperation mit anderen Musikern. Für
ihn sei es selbstverständlich, am «unerhört» immer
wieder Zürcher Kollegen auftreten zu lassen. Man verfolge dabei
auch das Anliegen, hiesige Musiker mit Exponenten anderer Szenen zusammenzubringen,
um der fortschreitenden «Lokalisierung» des Jazz entgegenzuwirken.
«In Berlin oder Paris warten sie nicht auf einen Ziegele, da ist
kaum Platz mehr für Konzerte mit Schweizer Formationen; und selbst
Lausanne ist für uns Zürcher heute Jazz-Ausland.»
Saxophonist, Komponist, Bandleader
Dieses Jahr pausiert Ziegele als «unerhört»-Veranstalter.
Dafür tritt er selber auf - gewissermassen als musikalischer Mastermind
der «unerhört»-Ausgabe 2006. Dass er mitunter nun dafür
kritisiert wird, am eigenen Festival aufzutreten, irritiert den rührigen
Künstler - weil er mit seinem Engagement, im Unterschied zum Egoismus
vieler Einzelkämpfer, ja niemandem im Weg stehe, sondern vielmehr
verschiedenen Musikern eine Chance biete, sich zu profilieren.
Tatsächlich bringt er schon alleine dadurch viele Kollegen auf
die Bühne, dass er mit drei Formationen auftreten wird: In Noisy
Minority spielt Ziegele mit dem Bassisten Jan Schlegel und dem Drummer
Dieter Ulrich zusammen. Das Trio interpretiere kurze, motivische Stücke;
wichtiger aber ist Ziegele, dass man im Trio sehr rasch aufeinander
reagieren kann. Dank Fehlen eines Harmonieinstruments habe er die Möglichkeit,
sein Spiel über die Grenzen der Tonalität hinauszutreiben;
von der Melodie allerdings könne er nie ganz lassen.
Zentral für Ziegele ist auch seine Arbeit für die Formation
Billiger Bauer, die am «unerhört» das zehnjährige
Bestehen feiert und das Jubiläum gleich zweimal konzertant begeht:
einmal an der Taufe des neuen Albums «Edges & Friends»,
das zweite Mal in einer zum «Grossbauer» erweiterten dreizehnköpfigen
Besetzung mit drei Rhythm-Sections - statt wie sonst zwei. Die Musiker
des Billigen Bauers spielen ausserhalb seiner Formation in mehreren
anderen festen Untergruppen zusammen. «Von der Spielanlage her
ist das ein Unikat», glaubt der Saxophonist und Komponist. Es
erlaube, die kompositorischen Vorgaben sozusagen in kongenialer kollektiver
Improvisation immer wieder neu zu gestalten. So müsse er damit
klarkommen, dass sich seine Musik in eine unvorhergesehene Richtung
entwickle. Sie werde zum Statement des Kollektivs.
Ueli Bernays, Neue Zürcher Zeitung, 22. November 2006
Omri Ziegele am «unerhört»: Billiger
Bauer, Fabriktheater, Rote Fabrik, 23. November, 20 Uhr; Noisy Minority
und Grossbauer, Clubraum, Rote Fabrik, 24. November, 20 Uhr. - Detaillierte
Informationen zum «unerhört»: www.unerhoert.ch. - CD:
Omri Ziegeles Billiger Bauer: Edges & Friends (Intakt).
Zürich Morgen
beginnt das «unerhört!»-Festival in der Roten Fabrik
Widerborstige Zusammenrottung
Seit zehn Jahren schon gibt es das musikalische Experimentierlabor «Billiger
Bauer». Am Donnerstag und Freitag tritt das achtköpfige Ensemble
am Zürcher «unerhört!»-Festival in der Roten Fabrik
auf.
Drei Mal, und das gleich in den ersten zehn Sekunden, lassen die Musiker
einen Klang kurz und heftig explodieren, bricht die Musik auf ihrer
neuen CD «Edges & Friends» ungestüm über die
Zuhörenden herein. Und das noch bevor die rätselhafte Zeile
aus Dylan Thomas' Gedicht «There was a saviour», die eine
finstere Megaphonstimme als Prolog rezitiert hat, richtig missverstanden
worden ist. Nein, nett und gemütlich will diese Musik nicht sein;
auch später, wenn sie weniger überfallartig daherkommt, sich
in einzelnen Stücken über sechs, sieben oder gar 17 Minuten
fort- und weiterspinnt, manchmal sogar ruhig, ja bis zum Verklingen
leise wird, bleibt man besser auf der Hut.
Der Billige Bauer ist eine Herausforderung, ja eine Zumutung. Er mutet
dem Publikum Überraschungen zu, Unerhörtes und Eigensinniges,
er fordert die Aufmerksamkeit heraus, die Konzentration und Neugier.
Für diese Anstrengung belohnt er mit einer aufregenden, intensiven
Musik, die zerbrechliche Zartheit mit roher Kraft verbindet, Poesie
mit Aufruhr. Der Billige Bauer liegt quer zum Trend der grassierenden
Belanglosigkeit, der weite Teile der gängigen Jazzmusik dominiert.
Die Suche nach neuen Formen
Das achtköpfige Ensemble um den Zürcher Saxophonisten Omri
Ziegele spielt keinen Jazz, auch wenn die meisten Musiker von dort herkommen
und in anderen Zusammenhängen auch Jazz spielen. Es gibt keine
in die Blues- oder Songform gegossene Themenmelodien, nicht den lockeren
Fingersnipper-Swing und auch kaum Soli im konventionellen Sinn. Das
hat viel mit der Geschichte dieser eigenwilligen Truppe zu tun. Seit
inzwischen zehn Jahren spielen die Musiker in nur leicht veränderter
Besetzung zusammen. Von Anfang an stand nicht das Einüben von Programmen
für Konzerte, Tourneen und Plattenaufnahmen im Vordergrund, sondern
die kollektive Suche nach neuen Formen des Zusammenspiels, nach neuen
Möglichkeiten, Kompositorisches und Improvisation zu verbinden,
skizzenhaft Ausgeschriebenes für den spontanen Moment zu verflüssigen.
So gibt es beim Billigen Bauer melodische oder rhythmische Motive, Muster
und Strukturen, aber sie werden nicht wie im gängigen Jazz zu einem
runden Ganzen verschliffen, sondern bleiben fragmentarisch, offen. Sie
kommen nur für kürzere oder längere Momente in Fahrt,
gehen überraschend ineinander über oder werden hart aneinander
geschnitten. Dass die Entwicklung, sowohl für den Zuhörer
wie für die Musiker, unvorhersehbar ist, gehört zum dramaturgischen
Prinzip: jederzeit könnte sie, das hört man dieser Musik auf
Schritt und Tritt an, auch eine völlig andere Wendung nehmen.
Mit «mikroskopischer» Spannung
Wohl deshalb sagt Ziegele, von dem die «Kompositionen» stammen,
dass ihn weniger das Hervorkehren von individueller Virtuosität
im grossen Solo interessiert als die Möglichkeit, dass die Musiker
jederzeit intervenieren können. Oder eben auch nicht. So entsteht
- schwer zu beschreiben - eine Art «mikroskopische» Spannung
und Intensität, die sich nicht wie im Freejazz in Lautstärke
und Verdichtung äussert. Unkonventionell ist auch der Umgang mit
«Lyrics», mit Gedichten etwa von Dylan Thomas und Robert
Creeley, die Ziegele eher herausrotzt als feinsinnig rezitiert. So wirken
sie denn auch nicht als herausgeputzte Kleinode, die musikalisch «beplätschert»
werden, sondern wie rohe, unbearbeitete Findlinge, an denen sich der
unruhige Fluss der Klänge und Rhythmen ein weiteres Mal bricht.
Das ist alles so ungewohnt wie die Besetzung des Billigen Bauers mit
zwei Bassisten (Herbert Kramis, Jan Schlegel), zwei Schlagzeugern (Dieter
Ulrich, Marco Käppeli), zwei Saxophonisten (Omri Ziegele, Jürg
Wickihalder) der Pianistin Gabriela Friedli und hin und wieder weiteren
Bläsern. Der Billige Bauer ist ein auf Dauer angelegtes Musiklabor.
Oder die Zusammenrottung einiger der interessantesten und aktivsten
Zürcher Musiker. Nicht zufällig gründeten einige von
ihnen vor Jahren die Musikerinitiative OHR, um bessere Arbeitsbedingungen
für experimentierende Musiker in Zürich zu schaffen. Seit
fünf Jahren veranstalten sie das «unerhört!»-Festival
- für so widerborstige Zumutungen hat der kommerzielle Konzert-
und Festivalbetrieb kein Musikgehör
Christian Rentsch, «Der Zürcher Oberländer»
/ «Anzeiger von Uster», 22. November 2006
.
Der Billige Bauer am «unerhört!»-Festival:
Donnerstag, 23. November, 20 Uhr, im Fabriktheater Rote Fabrik und Freitag,
24. November, 20 Uhr, im Clubraum Rote Fabrik.
CD: Omri Ziegele Billiger Bauer: Edges & Friends. Intakt CD 112.
Ohne Stoppuhr
Jazz Knapp und prägnant hält der 1959 geborene Altsaxofonist
und Bandleader Omri Ziegele fest: «Ich bin kein exakter Wissenschaftler.»
Dreh- und Angelpunkt von Ziegeles Schaffen ist die Formation Billiger
Bauer, die er vor zehn Jahren ins Leben rief und mit der er seither
regelmässig in der Werkstatt für Improvisierte Musik (WIM)
in Zürich auftritt. Von den acht Mitgliedern, die dieser ungewöhnlichen
Gruppe (ungewöhnlich ist bereits die Besetzung mit u. a. zwei Bassisten
und zwei Schlagzeugern) zurzeit angehören, sind über die Hälfte
von Anfang an mit dabei. Ziegele hält nichts von starren Hierarchien
und klaren Rollenverteilungen: «Es geht darum, gemeinsam einen
Weg zu beschreiten, ohne zu wissen, wohin uns dieser Weg führen
wird. Unsere Musik schöpft ihre Energie nicht zuletzt aus den Momenten,
in denen sich etwas ereignet, das alle überrascht.»
Das Feilbieten von Frischware ist natürlich mit dieser Philosophie,
die das Prozesshafte der Musik betont, besser vereinbar als das Herstellen
von Konserven – trotzdem liegt mit «Edges & Friends»
(Intakt) rechtzeitig zum 10-Jahre-Jubiläum der zweite Tonträger
von Ziegeles fruchtbarer Klangproduktionsgenossenschaft vor, aus der
im Laufe der Jahre auch etliche «Unterformationen» hervorgegangen
sind, zum Beispiel das Trio Noisy Minority oder Marco Käppelis
Quartett The Even Odds, zu dem der wunderfitzige Saxofonist Jürg
Wickihalder gehört, von dem soeben das Debütalbum «Prisoner
of Time» (Altri Suoni) erschienen ist.
Die Rezitation von Gedichten, die sich Ziegele einerseits selbst ausgedacht
und andererseits bei Dylan Thomas und Robert Creely ausgeborgt hat,
ist wiederum ein integraler Bestandteil der Werke, die viel Freiraum
für spontane Interaktion lassen – kollektive Gestaltungskraft
steht dabei im Vordergrund und nicht das Zelebrieren individueller Brillanz.
Jazz ist für Ziegele «Augenblicksmusik», die Akademisierung
dieser Kunstform ist ihm daher suspekt: «Da wird versucht, aus
dem Jazz eine Art klassische Musik zu machen. Aber so killt man die
ureigenste Kraft des Jazz.» Ziegele will dem Publikum kein fertiges
Produkt auf dem Silbertablett servieren, ein Konzert ist für ihn
eine Begegnung, die einen aus dem Alltag «herauslüpft».
tom, Der Bund, Bern, 1.12. 2006
Seit genau 10 Jahren besteht
das Zürcher Ensemble Billiger Bauer um den Altsaxofonisten Omri
Ziegele nun schon – ein 8-köpfiges Ensemble, das die Lebenshaltung
der 1968er-Musikerkommunen in die heutige Zeit zu tragen versucht: offener
Diskurs, Infragestellen der eigenen Rolle, Erforschung der Korrelationen
zwischen Struktur und Freiheit. Was da auf dem Papier so theoretisch
und abgehoben wirkt, ist in Wirklichkeit saftiges und lustvolles Musizieren,
das trotz aller Offenheit zeigt, wie viel gemeinsamen Weg die 8 Musikerlnnen
schon zurückgelegt haben. Eine der Besonderheiten von Billiger
Bauer ist die Verwendung von gesprochenen Texten; dieses Mal stammen
sie von Dylan Thomas, Robert Creeley und von Rezitator Omri Ziegele
selbst. Eine aurale Entdeckungsreise und ein weiterer Beweis für
die Lebendigkeit der Schweizer Jazzszene.
schu, Concerto, Österreich, Dezember 2006
An unwritten goal underlying
every musical scene is one of growth. Swiss saxophonist Omri Ziegele
speaks to it in his segment of the liners to this recent Intakt disc
along with several of his contemporaries. The cross-section of correspondents
and their comments prove just as engaging as the music. Billiger Bauer
has been in business for over a decade as a loose confederation of improvisers
that’s sought to stake their claim in a community increasingly
prone to stasis. Their instrumentation, a colorful amalgam of reeds,
strings and percussion includes both electric and acoustic bass, and
at times, two drummers. Ziegle uses the work of two seminal 20th century
poets, Dylan Thomas and Robert Creeley, as librettos for several of
the pieces and there’s a palpable element of dramatic theater
in his busy arrangements for the band. The recitations are a bit ponderous
in places, particularly when coupled with the near-bombastic accompaniment
of the band in full flower. But the intrinsic virility and effervescence
of the music keeps the players from dropping into collective autopilot
while Ziegle has his say at the podium.
Suite-like in structure, the disc’s eight tracks include several
interstitial segments that serve as dynamic segues for the longer numbers.
The album’s LP-sized brevity works in its favor. Grooves surface
and subsume helped along by the dual drums and the syncopated thrum
of Jan Schlegel’s amplified bass strings as on the tail end of
“Two Ways No Answers” that exudes an ebullient street band
flavor. Ziegle threads in slivers of African, Arabic and Latin influence
such that the sprawling modal title track takes on the dimensions of
an early 70s McCoy Tyner epic. Gabriela Friedeli’s brightly telegraphing
chords are a chief culprit in this regard too and the piece rises through
several cathartic crescendos, including one detour where Ziegele shows
off his raw-toned alto talents. “Be There” spools out from
a verdant chamber music source into another muscle-flexing groove and
out again while the closer “Africa Now” covers the sort
of territory common to The Brotherhood of Breath. As is customary with
Intakt, sound quality is near impeccable with each player cleanly situated
in the mix. Ziegele’s impassioned activities remind of those of
trumpeter Manuel Mengis. Both men are strengthing the creative flame
within Swiss borders by bringing together as many stylistic parts as
possible.
Derek Taylor, Bagatellen, USA, January 2007
Zum 10-jährigen Orchesterjubiläum
hat OMRI ZIEGELE BILLIGER BAUER ein Jazz & Poetry-Programm auf den
Klangkörper geschrieben, das er Edges & Friends (Intakt CD
112) überschrieben hat. Das Ensemble mit Jürg Wickihalder
(Sopranosax), Bernhard Göttert (Cello), Gabriela Friedli (Piano),
Jan Schlegel (E-Bass), Herbert Kramis (Kontrabass), Marco Käppeli
und Thomas Ulrich (Drums bzw. Drums & Bugle) wird dabei angestiftet,
musikalisch zu räsonnieren über poetisch-philosophische Zeilen
von Dylan Thomas und Robert Creeley, die Ziegele selber sprechsingt.
...Thrust out our heads above the branches To wonder at the unfailing
stars. / Out of confusion, as the way is, And the wonder, that man knows,
Out of the chaos would come bliss. / That, then, is loveliness, we said,
Children in wonder watching the stars, Is the aim and the end... Being
but men, hört man den Waliser seufzen,we walked into the trees.
Oder auch nicht seufzen, denn Ziegele gibt diesen dem Himmel so fernen
Zeilen seinen eigenen forschen Ton. Aber die Irritation begann schon
mit den ersten 8 Sekunden, wenn Thomas selbst darum fleht: Silence,
silence to do, when earth grew loud (In lairs and asylums of the tremendous
shout). Und mit der obligatorischen Inkonsequenz lässt er seinen
40-Zeiler 'There Was A Saviour‘ folgen und Billiger Bauer zerreißt
die Stille der folgenden 48 Minuten seinerseits mit 'tremendous shouts‘.
Exiled in us we arouse the soft, Unclenched, armless, silk and rough
love that breaks all rocks, wispert der Barde. Und Creeley stimmt mit
'Love Comes Quietly‘ wie ein Echo zu. Der Widerspruch löst
sich in Wohlgefallen auf, wenn man Poesie und Musik als die wahre Form
der Stille und der Liebe auffasst. Ziegele umwickelt dafür die
Hufe seiner vierköpfigen Rhythmsection mit Stroh und setzt den
beiden Saxophonen quasi Dämpfer auf. Einzig das Cello ist schon
da, wo die anderen sich hin tasten. Freilich, 'Being but men‘,
muss beim Streben nach Liebe und nach den Sternen auch vollmundig gejazzt
werden, „for fear of coming Noiselessly into a world of wings
and cries.“ Stört mich diese Inkosequenz? Gegenfrage: Wohin
kämen wir ohne sie? Zurück nach Afrika, um der Sonne Hallo
zu sagen und mit den Füßen albern im Staub zu scharren? Es
gibt immer mindestens 'Two Ways to No Answer‘. Christian Broeckings
und Thomas Meyers einfühlsamen Linernotes sagen alles Notwendige
zur Musik. Aber BA wäre nicht BA, wenn ich mir nicht an der von
Ziegele markierten Weggabel den Schnabel wetzen würde.
Rigobert Dittmann, Bad Alchemy, Würzburg, 2007
Emmené par le saxophoniste
et chanteur Omri Ziegele, le collectif suisse Billiger Bauer –
qui compte parmi ses rangs le batteur Dieter Ulrich et la pianiste Gabriela
Friedli – met au jour une Zurich sous influence africaine, capable
aussi d’élans singuliers.
Si Edges & Friends se contentait de servir un jazz hésitant
entre swing et postures free (Africa Now), un funk porté par
l’unisson de l’alto de Ziegele et du soprano de Jürg
Wickihalder (Nursery Rhyme), ou encore, un décorum permettant
au leader de déclamer Robert Creeley ou Dylan Thomas (Two Ways
to No Answer, If We Were Children), son seul panache ne suffirait pas
à rendre la chose originale.
Or, Billiger Bauer aère son bouquet d’influences au moyen
d’un vocabulaire hérité d’une sérieuse
pratique improvisée et de quelques tournures contemporaines.
Divertissants, alors, les motifs répétés par le
violoncelle de Bernhard Göttert (Two Ways to No Answer), les insistances
irritantes du piano de Friedli (Be There), ou encore, les virulences
collégiales qui emportent, finalement, Edges & Friends.
Insultants premiers de la classe que l’on aurait décoiffés,
Billiger Bauer accommode avec efficacité son jeu classique et
sa découverte d’un souffle libertaire et ardent. Assez
rare pour être ignoré.
Chroniqué par Grisli, d Mute, France, Janvier 2007
(http://www.dmute.net/)
Klares Bekenntnis zum Free-Form-Kollektiv:
das ist nicht immer einfach heute und muss sein Publikum finden, aber
der Findungsprozess ist mittlerweile in einem Stadium der Reife angelangt,
der noch nicht Sättigung und auch noch nicht Aufplatzen der überreifen
Früchte bedeutet. Acht sagenhafte Stücke zwischen allermodernstem
FreeJazz und Komposition. Das Zürcher Oktett groovt, explodiert,
swingt, streichelt, kitzelt, kratzt. Definitiv alles drin für einen
Nachmittag mit Dracula. Weg mit dem Staub und see you in Spring. Dann
wachsen hoffentlich auch mehr Frauen in die Kolumne. Die machen eh die
bessere Musik - solange sie nicht davon reden.
Made
My Day. By Honker. Terz, Februar 07
Einerseits ist "Edges
& Friends" das klingende Ergebnis einer zehnjährigen intensiven
musikalischen Zusammenarbeit. Andererseits machen sich in diesen Aufnahmen
die menschlichen Erfahrungen recht unterschiedlicher Charaktere
völlig spontan Luft, da acht lnstrumentalisten in der Lage sind
und die Möglichkeit erhalten, ihrem individuellen Eigensinn beherzt
freien Raum zu lassen. Steuermann auf "Billiger Bauer", diesem
Flaggschiff der musikalischen Abenteuer, ist der Zürcher Saxophonist
Omri Ziegele. Er navigiert das Klein-Orchester entlang der nicht ungefährlichen
Klippen egomanischer Selbstbehauptung und zwischen den Strudeln improvisatorischer
Einsilbigkeit geschickt hindurch. Das funktioniert famos, weil Ziegele
seinem Personal immer wieder einen neuen, überraschenden Kurs vorgibt.
Der hält die komplette Crew in ständiger herausfordernder
Bewegung, Keine Idee läuft sich tot. Ein hartnäckig schweißtreibender
Groove treibt die Band voran, gibt ihr Auftrieb, bis sie sich in die
Sphären leidenschaftlicher Hingabe schraubt und dann, ganz plötzlich,
in ein Meer der Stille abstürzt. Popmelodien wechseln mit lyrischen
Texturen, melancholische Strukturen mit unbotmäßigen Klanggesten.
Omri Ziegete hat neben der idealen Rezeptur eine Gruppe großartiger
Musiker gefunden, deren improvisatorische Klarheit besticht. Ein in
seiner ästhetischen Konsequenz einmaliges Projekt, dem man außerhalb
der Schweizer Territorialgrenzen ein weitaus größeres Publikum
wünscht.
Jörg Konrad, Jazzpodium, März 2007
Oktopus mit vielen
kreativen Zellen - Omri Ziegele Billiger Bauer
Ein klares Bekenntnis zum Free-Form-Kollektiv: das ist nicht
immer einfach heute und muss sein Publikum finden, aber der Findungsprozess
bei diesem Zürcher Oktett ist mittlerweile in einem Stadium der
Reife angelangt, das noch nicht Sättigung und auch noch nicht Aufplatzen
der überreifen Früchte bedeutet. Mit seinem zweiten Album
„Edges & Friends“ auf Intakt gab es letztens acht sagenhafte
Stücke zwischen allermodernstem FreeJazz und Komposition heraus,
die grooven, explodieren, swingen, streicheln, kitzeln und kratzen.
Zeit, dieses interessante offene Klangkonglomerat einmal kompakt zu
fokussieren.
Als Omri Ziegele den Billigen Bauer (der Wortsinn ergibt sich übrigens
nicht im Discounter-Sinne, sondern von recht und billig, also vielmehr
standhaft, ehrlich) vor 10 Jahren in Zürich gründete, war
es zunächst eine Art Projektband der dortigen Werkstatt für
Improvisierte Musik und schon damals ein Brennpunkt der multiaktiven
Zürcher Jazz- und Improvszene (Vgl. Marcus Maida: Intakt –
das offene Buch der Improv-Musik, Jazzthetik 7-8/2003). Damals sagten
viele dem Bauer eine kurze Lebenszeit voraus, beim Unerhört-Festival
im November 2006 zeigte sich jedoch erneut, wie sehr sich Kontinuität
auszahlt – zumindest im kreativen Sinne. Der Gruppenkorpus hat
sich nach unzähligen Transformationen – lang ist die Liste
aller ehemaligen MitspielerInnen – zu einem festen Gefüge
entwickelt, in dem namhafte und multiaktive Protagonisten der Zürcher
Szene vereint aufspielen, und auch der beim Unerhört erstmal vorgestellte
14köpfige Großbauer, der fortgesetzt werden soll, überzeugt
durch eine kompakte Klasse.
Das Wort 'Projekt’ gebraucht Ziegele dafür nicht mehr: „Ich
setze immer auf Langfristigkeit. Meine Hauptarbeit sind die Sachen,
wo man ganz lange ineinander arbeitet, und dann wird es immer komplexer
und spezifischer. Ich wollte mit dem Bauer eine Basis haben, mit der
man regelmäßig spielen kann, ohne CD-, Promo- oder Erfolgszwang.
Pur, nur die Musik. Nach 10 Jahren ist vor allem diese Konstanz das
Schönste am Ganzen. Jeden Monat gibt es in der WIM immer noch ein
öffentliches Probenkonzert, dann Intensivproben und natürlich
Konzerte. Die Kontinuität ist da.“
Der Fokus für den Bauer ist einfach: er ist ein hochkomplexer und
diffiziler Körper, der ungemein zupacken kann, ein multidirektionaler
Oktopus mit sehr vielen kreativen Zellen, die ein sehr lebendiges und
vor allem auch differenziertes musikalisches Panorama gestalten können,
in dem die individuellen Stimmen hervorragend im Gesamtspiel zusammenkommen.
So gibt es keinerlei Nerv-Tuttis, die man immer wieder bei großen
freispielenden Ensembles zu hören bekommt, sondern vielmehr faszinierende
Entwicklungen und Transformationen durch die korrespondierenden autonomen
Untergruppen. Beim Bauer geht es um die lebendige Korrespondenz verschiedener
fragender Stimmen in der versuchten Form einer gemeinsamen Antwort.
Hier – speziell in der komponierten Grossbauer-Suite Make the
Dust dance – wird einfach nicht mehr gesucht auf der Bühne.
Jede Stimme hat Sinn, und die dynamische Interaktion stimmt. Der Billige
Bauer ist ein bezeichnendes eindrucksvolles Beispiel für die potenzielle
Kreativität und bewusste Freiheit der Schweizer Szene, die der
geografischen und bisweilen geistigen Enge des Landes etwas Eigenes
entgegenzusetzen hat.
Das interne Gerüst indes bietet viele Reibungspunkte: E- und Kontrabass
sind eh schon schwierig, dann müssen die zwei - beim Großbauer
drei! - Drums plausibel gemacht werden, es gibt die ewige Suche nach
einem Cellisten, obwohl bereits drei verschlissen worden sind, und mit
der für das Gesamtgefüge ungemein wichtigen Pianistin Gabriela
Friedli, ohne auf Quote zu pochen, nur eine Frau im Männerbund.
Wie funktioniert dieser Haufen? Ein offenes Bauer-Geheimnis ist, dass
Ziegele ein integrativer Typ ist, der Leute zusammenbringt, die sonst
eigentlich nicht zusammenkommen oder miteinander spielen würden.
„Das konnte ich immer schon. Ich bin schnell im Denken und interessiere
mich für Leute aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen.
Es gibt bei uns aber keinen Sozialschwitzzwang, wo man noch nach 10
Stunden nach dem Spielen zusammenhocken muss, obwohl es solche Beziehungen
gibt.“ Der Bauer ist keine Kommune, sondern vielmehr ein starkes
Kollektiv von Individualisten. Woher kommt das Integrative bei Ziegele,
und wie schafft er es, diesen Korpus zu vereinigen? „Ich bin ja
eigentlich ein Maniker, Fingerneurotiker, ein Wahnsinniger. Kunst muss
immer an die absoluten Grenzen gehen, physisch, psychisch - sonst interessiert
mich das nicht, sonst mach ich lieber Schreinerarbeiten oder bin bei
meinen Kindern“, definiert Ziegele den eigenen Grund. „Der
Boss zu sein, hat mich dabei nie interessiert, das find ich meistens
öde. Das Spannendste passiert, wenn viele mit ihren Fähigkeiten
an einem Strang ziehen, wenn es ein Konglomerat von Möglichkeiten
gibt, und jeder dabei seine Person schillernd zeigen kann. Das kann
der Bauer toll und das hat er immer mehr gelernt. Die absolute Freiheit
wächst ja nur in Verantwortung für die anderen. Du hast stets
die Verantwortung, du bist nie nur Solist. Wenn du solierst, dann führst
du das Teil dahin, du hast die Verantwortung, dass du es dahin bringst.
Gibt dir das Kollektiv dann Explosionsorte, oder lässt es dich
im leeren Rahmen stehen? Im besten Fall ist es wie eine Schanze, über
die du unheimlich weit fliegen kannst.“
Ziegele betont die große Vielschichtigkeit, Multiaktion und Konzentration,
die für das Gelingen dieses Prozesses wichtig ist. Es komme nahe
an Grenzüberschreitungen spiritueller Natur heran. Man spürt,
dass er und die Band ihr Spiel ernst meinen und bis zur Selbstvergessenheit
gehen: „Du fängst bei Null an. Das größte Glücksgefühl
ist es, wenn du alles vergisst und fragst: was mach ich da? Aus dem
naiven Vergessen und nicht mehr Wissen sich Hineinbegeben in das Offene.
Da kann eine Fallhöhe entstehen, die einen aus dem alltäglichen
Leben hinauskatapultiert.“ Ziegele vergleicht seine Spiel- und
Lebensform mit dem Auftreten vieler heutiger jungen Musiker: dort gebe
es oft kein Feuer, keine Existenzialität, keine Wahnsinnigkeiten.
Und er ist nun mal ein Typ, der einen hohen existenziellen Anspruch
an Kunst hat: „Wenn ich etwas lese, muss es mindestens Kafka sein.
Ich lese keine Krimis oder funktionale Geschichten, da muss schon etwas
mehr sein. Es muss etwas brennen! Ohne diesen Willen, etwas zu generieren,
geht es nicht, genau so wie es Leute braucht, die an dieser Textur und
Architektur bauen, an diesem Sound, der sich immer mehr erweitert und
spezifiziert.“
Dass der Bauer dabei etwas aus der Zeit gefallen erscheint, ist auch
Ziegele klar. „Wir sind ja alle Puritaner auf eine Art. Wir haben
ja auch keine Elektronik, denn wir glauben, dass die Instrumentalmusik
nicht aussterben wird. Es gibt Dinge, die man virtuell nicht ersetzen
kann. Die Tradition der Freejazzkollektive jedoch, das vergessen wir,
total. Vieles im Jazz kann man nur noch reminiszent hören, nicht
mehr 1:1. Vieles kann ich nur noch zitieren: ein Fenster aufmachen,
und dann schnell wieder zu. Im Bereich der improvisierten Musik und
dem Jazz ist schon derart viel ausgelotet, dass du nur noch weiter kannst,
wenn du dich auf den Weg begibst. Das tönt zwar ein bisschen esoterisch,
aber so ist es. Es geht nur mit den Leuten, die Neugier haben und die
Grenzerfahrungen brauchen und wollen. Auch Leute, die den archetektonischen
Willen haben … und den Mut! Ein Bauer braucht Mut!“
Ziegele redet ruhig und klar, aber was er sagt, klingt nicht nur vom
Inhaltlichen, sondern auch bezogen auf den bühneneigenen Gestus,
ziemlich pathetisch, was er unumwunden zugibt. Sind Expression, Passion
und der explizite Verzicht auf Coolheit und Zurückhaltung auch
ein Stilmittel? Der Moment des Theatralischen, antwortet Ziegele nach
einigem Nachdenken, ist schon groß. Zum Pathos habe er als Europäer
natürlich ein gebrochenes Verhältnis, aber: „Ich verbiete
mir das Pathos nicht, ich glaube, das es eine Qualität hat, die
sonst keine andere Haltung so haben kann. In den USA haben die im Showbiz
ein viel ungezwungeneres Verhältnis dazu. Du musst wissen, dass
du auch Unterhalter bist. Auf der Bühne rede ich aus der Luft heraus.
Das tollste war z.B. am Festival in Lausanne, als wir vor Archie Shepp
gespielt haben. Da hab ich einfach erzählt und erzählt, und
die Leute fingen an zu lachen, ich hab gemerkt: da geht ne Kiste auf!
Du hast die Aufgabe, die Situation lockerer zu machen. Es braucht absurde
Stimmungen und Humor, und Pathos und Ironie können sich in kürzester
Zeit abwechseln. Das kann durchaus in Nonsense kippen, aber wir sind
keine ironische Band, das möchte ich auch nicht.“
Billiger Bauer ist nicht zuletzt eine sehr narrative Band, die von Anfang
an mit Texten gearbeitet hat, die immer konziser und bewusster in den
Musikkorpus eingearbeitet worden sind. Der Bauer ist, so Ziegele, kein
Statiker und Klangkünstler, es gibt immer explizite Literaturteile,
die er mit klarer und oft auch pathetischer Stimme rezitiert. Woher
dieser Hang zur Erzählung? Ziegeles Antwort kommt wie aus der Kanone:
„Eigentlich bin ich Pfarrer, ein Country Preacher. Am liebsten
würde ich den ganzen Tag auf der Kanzel stehen und den Leuten die
Leviten lesen. Cannonball Adderley war auch Preacher. Ich bin ein stark
moralischer, manchmal auch ein altmodischer Mensch, und ich sehe durchaus
die Dinge, die da verteidigt werden müssen.“
Der zwischen Abstraktion und Konkretion changierende große US-Poet
Robert Creeley, der 2005 starb, war lange Zeit ein wichtiger textlicher
Bezugspunkt für Ziegele. Von Beginn an war Creeley, wie Ziegele
auch, von den expressiven und emotionalen Improvisationen von Parker
und Coltrane inspiriert. Creeley nahm Alben mit Steve Swallow auf, der
in Yale ja nicht nur Komposition, sondern auch Literatur studiert hatte,
und der bereits 1979 Verse von ihm vertont hatte. Die traditionelle
und eigentlich selbstverständliche Interaktion von Jazz und Literatur,
beim Billiger Bauer findet sie eine logische und expressive Resonanz.
Seit zwei Jahren ist der Inhumanismus-Poet Robinson Jeffers Ziegeles
Lieblingsautor, doch die Worte für die Make the Dust dance-Suite
schrieb Ziegele schließlich selbst. „Die Bedeutung dieses
Texts ist auch, dass einem klar ist, wie marginalisiert die eigene Musik
ist, wie wenig Publikum man letztlich wirklich hat. Was für eine
potente starke Kunstrichtung improvisierte Musik ist, doch wie wenig
wirklicher Response da ist. Der Text ist eine Eigenmutmachung, die sagt:
bleib dran! Der Staub wird immer tanzen, wenn du spielst! Es ist ein
Sinnbild für die Verhältnisse.“
Dann wäre da noch Dylan Thomas, natürlich. Sein Zitat „Silence,
Silence to do, when earth grew loud“ leitet Edges & Friends
ein. Stille, so Ziegele, ist die Folie, der Urgrund, aus dem Musik entsteht.
Und er schwärmt von John Cales Falkland Suite, der Vertonung von
Thomas’ Gedichten. „Diese Platte hat’s mir immer angetan.
Cale hat ja auch so ein Pathos, wunderschön, er ist auch einer
meiner Lieblinge. Eine Schwingung, die mich trifft. Und sie produziert
immer neuen Sinn über die Jahre.“
Marcus Maida, Jazzthetik, Deutschland, April 2007
Billiger Bauer is an ensemble
formed
from a collective of improvisers based out of
Zurich. It was organized by alto saxophonist/composer
Omri Ziegele. Edges & Friends is the group’s
second album for Intakt and while the personnel in
the rhythm section has remained intact, the front
line has lost a trumpet, trombone, and second saxophonist.
The second saxophone chair has been
filled by soprano saxophonist Jurg Wickihalder
who has a pronounced Steve Lacy influence (not a
bad thing, by any means). Cellist Gottert has been
added and he functions as both a frontline and
rhythm section member. The group has a unique
sound and Ziegele, who composed the material,
has created some interesting music.
The uniqueness of the group sound lies in
the fact that there is no brass (with the exception
of drummer Ulrich’s occasional bugle work). Yet
Ziegele and Wickihalder create a surprisingly rich
sound, especially when the two are riffing in the
front line. Oddly, at times the music has an almost
big band feel. The rhythm section has a solid drive
when needed but frees up in an instant when
required by the music. And the work between the
two bassists is interesting to hear. Schlegel is an
accomplished electric bassist who’s worked with
Ellen Christi. Unlike many electric bassists, he
eschews the tendency to dominate the proceedings.
He works hand in glove with acoustic bassist
Kramis. On “Nursery Rhymes” and “Africa Now,”
Schlegel pumps out a steady funky bassline as
Kramis slithers lines underneath in half time and
the cello hovers above with scrabbling activity. At
times Schlegel provides some guitar-like textures
(sounds like he’s playing a six string bass) that add
another layer that crops up in the music.
For this program, Ziegele uses some spoken
texts by Dylan Thomas and Robert Creely. They
occasionally border on the portentous in their
recitation, but are all fairly brief and don’t get in the
way of the music. All in all, Edges & Friends is a
worthwhile record.
Robert Iannapollo, Cadence, NY, USA, July 2007
Pirmin Bossart, Jazz 'n' More, November/Dezember 2012, Schweiz
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