INTAKT RECORDS – CD-REVIEWS
MONK'S CASINO. Intakt CD 100 (3 CD-BOX)

 

MONK'S CASINO Erstmals in der Geschichte des Jazz liegt eine Interpretation des «Gesamtwerks» von Thelonious Monk vor: Alexander von Schlippenbach erschliesst die siebzig Kompositionen der Jazzlegende im Konzert und auf CD.


Immer wieder in der Kunst- und Musikgeschichte begegnen uns Gestalten, die als Aussenseiter begannen und eingeschätzt wurden, sich aber im Nachhinein oder von einer anderen Perspektive betrachtet, als Zentralfiguren wahrnehmen lassen. Zu diesem merkwürdigen, des Merkens und Nachdenkens würdigen Persönlichkeiten zählt ohne jeden Zweifel der Jazzpianist Thelonious Monk. Sein Debüt-Album als Leader von 1952 bekam den Titel „Genius Of Modern Music“. Seine Genialität kam in seltsam faszinierenden Stücken zum Ausdruck, und auch der Begriff „Modern Music“ schien richtig gewählt, denn Monks Schaffen transzendierte den Jazz, zumindest dessen konventionellen Erscheinungsformen.
Die Musik von Thelonious Monk entwickelte sich aus Eigen-Sinn. „Ich bin“, gab er einmal zu Protokoll, „immer hinter neuen Akkorden her, hinter neuen Arten zu synkopieren, neuen Läufen, hinter der Frage, wie man Töne anders benutzen kann.“ Dabei war Monk alles andere als ein Mann, der auf Sensationelles spekulierte. Eher gleichmütig, introvertiert, gelassen entwickelte er eine Musik, wie sie ihm selbst entsprach - etwas kauzig fürwahr, dafür durch und durch originär.
Komponieren in der Küche
Wie mag Monk komponiert haben? In der Küche vielleicht, oder im Jazzklub. Im Regelfall, das ist zu vermuten, am Klavier. In den fünfziger Jahren, als er fälschlich des Drogenbesitzes beschuldigt wurde, und daraufhin seine Cabaret Card, die Genehmigung, in Klubs zu spielen, entzogen bekam, können wir uns eine häusliche Szene wie die von Jeff Dyer beschriebene vorstellen: „Wenn er spielte, war er mit dem Rücken so nah am Herd, dass es aussah, als könnte er im nächsten Moment Feuer fangen. Selbst wenn er komponierte, war es ihm egal, was für ein Tohuwabohu um ihn herum herrschte. Er war in der Lage an einem wirklich heiklen Stück zu arbeiten, während die Kinder zwischen den Flügelbeinen herumkrochen, im Radio laute Country-Music lief und Nellie kochte.“
Auch im Minton’s Playhouse, einem der Klubs, in denen bereits in den vierziger Jahren eine neue Musik entstand, die später den Namen „Bebop“ bekommen sollte, spielte die Küche eine wichtige Rolle. Dort hielt sich Monk zwischen den Sets auf, wenn er nicht am Klavier sass. Schon Anfang 1941/42 spielte er Themen, die heute fast jeder kennt, Stücke wie „’Round Midnight“, „Blue Monk“ oder „Ruby, My Dear“. Und er spielte sieben Nächte in der Woche, von zehn Uhr abends bis zum Morgengrauen. Monk, kein Schreibtischtäter, sondern ein Komponist-Klavierspieler. Und allen Skeptikern zum Trotz: seine Technik, erwies sich letztlich als das souveräne Gestolper zweier asynchroner Hände, als eine geniale Entsprechung seiner kompositorischen Eingebungen.
Monk’s Erben
Kaum ein Pianist, kaum eine Pianistin der europäischen Improvisationsmusik ohne eine enge Beziehung zu Monk. Besonders in der Gründergeneration fällt das auf - nicht nur im Repertoire, sondern auch im Spielverhalten von Iréne Schweizer, dem Beligier Fred Van Hove oder dem Holländer Misha Mengelberg. Letzterer kommt von Monk kaum los und denkt und spielt doch immer über ihn hinaus, voller Respekt und mit einem vergleichbaren Eigensinn. Auch für den Berliner Pianisten und Komponisten Alexander von Schlippenbach besitzt Monk zentrale Bedeutung. Schon als junger Student an der Kölner Musikhochschule, Ende der fünfziger Jahre, hat er Monk-Stücke gelernt. Später wusste er solche für sein „Globe Unity Orchestra“ zu arrangieren, und er hat Monk-Themen einfliessen lassen - in seine Solokonzerte ebenso wie in das Spielen mit diversen Kleinformationen.
Nun also eine Einspielung mit dem Gesamtwerk von Monk. Doch diese ist eben alles andere als ein ad-hoc-Projekt, sondern beruht auf langer Beschäftigung mit der Musik des genialen Aussenseiters. Was, fragte ich Alexander von Schlippenbach, fasziniert ihn an den Kompositionen von Monk? „Die Themen, das einzigartige Timing, die Art, wie er die Themen verarbeitet.“ Und die widersetzt sich den Klischees, entwickelt auch improvisatorische Fortsetzungen nicht lediglich aus den Harmoniefolgen, sondern aus der Struktur der Stücke. Monk arbeitet mit harmonischen Reibungen und melodischen Sprüngen, mit Asymmetrie und mit Irritation, doch letztlich erscheint jede dieser Komposition in sich logisch. „In manchen seiner Themen“, so Alexander von Schlippenbach, „gibt es so stark formsprengende Elemente auch im Detail, die sich unmittelbar auf die Form auswirken. Manchmal verkürzt er achttaktige Formen auf sieben oder fünfeinhalb Takte, und doch wirken diese Stücke organisch.“
Innovator auf dem Boden der Tradition
Monks Stücke sind nicht aus der Nähe zum Broadway entstanden und daher auch kaum geeignet, mit Texten versehen zu werden. Monk komponierte Jazz im Sinne von moderner Musik. Dennoch, auch das macht die Angelegenheit so spannend, hat Monk die Geschichte des Jazzpianos, insbesondere die des Blues- und Harlem-Stride-Piano, aufgesogen. Er ist ein Innovator auf den Füssen der Tradition, er taucht auf, als der moderne Jazz entsteht, ist an dieser Entwicklung beteiligt, aber doch, was seine Stilistik anbelangt, so eigen, dass er sich nicht ohne weiteres dem Bebop subsumieren lässt. Monks Musik entwickelt eine Eigendynamik. „Jedes seiner Themen“, schwärmt Alexander von Schlippenbach, „hat so in rhythmisches ‚Drehmoment’, das uns auf die Sprünge hilft.“
Die Magie von Monk führt Alexander von Schlippenbach zu „Monk’s Casino“. Das ist ein imaginärer Ort, an dem das Gesamtwerk von Monk in rasanter und illustrer Folge Revue passiert. Doch Monk ist kein Klassiker in der Art europäischer Komponisten vergangener Jahrhunderte. Was also bedeutet Gesamtwerk in diesem Falle? Schlippenbach konzentriert sich auf die siebzig Kompositionen Monks. Doch er nähert sich diesen alles andere als akademisch, auch nicht chronologisch oder systematisch, sondern unter dem Aspekt der Bearbeitung für die Aufführung an einem Abend.
Das Programm „Monk’s Casino“ ist aus der Zusammenarbeit Alexander von Schlippenbachs mit der Berliner Band „Die Enttäuschung entstanden, ein Quartett mit dem Bassklarinettisten Rudi Mahall, dem Trompeter Axel Dörner, Jan Roder am Bass und Uli Jennessen am Schlagzeug. Die vier Musiker, die einer sehr viel jüngeren Generation angehören als Alexander von Schlippenbach, beschäftigen sich seit geraumer Zeit neben eigenen Stücken auch mit Monk.
In einer Reihe von Konzerten widmeten sie sich gemeinsam mit Schlippenbach dem Konvolut der Monk-Kompositionen, diese schliesslich in drei Sets an einem Abend (und nun auf drei CDs) präsentierend. Vieles hat sich aus dem Spielprozess ergeben: dreieinhalb Stunden mit Monk-Musik in unterschiedlichen Aneignungsformen. Neu sind nicht nur die Arrangements, sondern auch die Spielhaltungen, mit denen die Stücke vorgetragen und improvisatorisch ausgestaltet werden. Manchmal erklingt auch nur das Thema und gelegentlich hört man Stücke, die sich simultan überlagern oder die aus der Perspektive einer eigenen, also nicht von Monk stammenden Komposition betrachtet werden.
Überraschung und Irritation
Baukastenarbeit und Collage, Methoden, die bei Monk bereits angelegt sind, werden genutzt um einen langen Abend im Konzert oder vor dem CD-Player abwechslungsreich und spannend zu gestalten. Zur Strategie der Gesamtdramaturgie gehört die Überraschung und die Irritation. Doch der Zu-Fall folgt der Logik des spielerischem Umgangs mit dem Material. Die Ent-Täuschung erweist sich als eine unkonventionelle Sicht auf Monk, ein „Konzeptalbum“ ohne Methodenzwang. Schliesslich hat Monk selbst seine Kompositionen in unterschiedlichen Versionen gespielt, einige von ihnen abgeändert bzw. reharmonisiert.
Allein die Stücke aufzufinden, war für Schlippenbach und seine Kollegen eine mühsame Angelegenheit. Als die Arbeit an dem Projekt begann, gab es noch nicht das mittlerweile in Umlauf gebrachte und auch von Monk-Kennern authorisierte „Fake Book“. Von Monks Kompositionen kursieren unterschiedliche Transkriptionen, die oft in Gestalt abgegriffener Fotokopien unter Musiker und Musikerinnen weitergereicht werden. Eine Sammlung bzw. ein Reprint von Autographen scheint nicht zu existieren. „Er gab seine Noten nicht gern aus der Hand“, sinniert Jeff Dyer über Monks Mentalität, „mochte es nicht, wenn andere Leute sie sahen, er gab nichts gern aus der Hand. Und wenn er rausging, wickelte er sich gerne in einen Mantel ein - Winter war seine Jahreszeit -, und er zog es vor, nicht allzu weit abzuschweifen. Im Studio bewahrte er seine Kompositionen in einem kleinen Buch auf, das er nur widerwillig anderen Leuten zeigte, stopfte es immer sofort wieder in seine Manteltasche zurück, wenn er fertig war, sperrte es weg.“
Vielleicht hat ja Nelly gelegentlich eine von Monks Kompositionen zum Feueranzünden benutzt, so, wie einst Anna Magdalena Bach möglicherweise mit dem Notenblatt einer Fuge Sauerkraut einwickelte. Monk hat nicht für die Nachwelt komponiert. Doch seine Klänge sind, so hat er der Sopransaxophonist Steve Lacy, der sich einen Grossteil seines Lebens mit den Kompositionen Monks beschäftigte, einmal formuliert, „heute angekommen in der Erdumlaufbahn der Sounds“. Sie begegnen uns sogar in Werbejingles, und „’Round Midnight“ zählt zu den meistgespielten Jazzthemen. Doch die musikalische Signatur, der Eigen-Sinn von Monk erschliesst sich erst in der Vielschichtigkeit und Opulenz eines „Gesamtwerks“ mit vielen, oft unbekannten kleinen Juwelen. „Monk’s Casino“ lässt sie aufleuchten.

Bert Noglik, Die WOCHENZEITUNG, WOZ, 11. Febr. 2005

 

 

 

Culture et Spectacles
Thelonious Monk, swing excentrique
L'AMR programme vendredi toute l'œuvre du génial pianiste mort en 1982.

La couverture de son disque le plus vendu, Underground (1968), le montre assis au piano, mitraillette en bandoulière, un homme en uniforme nazi ligoté à l'arrière-plan. Thelonious Monk le résistant. Le militant. Le combattant du jazz moderne. En deux concerts, l'AMR donne à entendre vendredi soir l'intégrale des compositions du pianiste mort en 1982, sous les doigts et dans le souffle de l'Alexander von Schlippenbach Quintet.
Le nom est un présage croyaient les Romains. Quand on s'appelle Thelonious Sphere Monk (en anglais, le moine, la sphère et un premier prénom étrange, intraduisible, à l'étymologie incertaine), on développe forcément un penchant pour l'ascétisme, le goût de la perfection et de l'énigme. Grand prêtre du be-bop, qu'il contribue à inventer au Milton Playhouse de Harlem dans les années 40, Thelonious Monk (1917-1982) reste une figure solitaire, même si l'homme aux mille couvre-chefs extravagants a été le compagnon de route de Miles Davis, John Coltrane ou Sonny Rollins.
La signature du génie
Plusieurs incidents témoignent de sa bizarrerie, mais aussi de son refus de tout compromis. En 1951, il se fera arrêter injustement pour ne pas avoir à dénoncer son ami pianiste Bud Powell en proie à des problèmes de drogue.
Comme le personnage, la musique de Monk est source de fascination ininterrompue. Son style est à la fois révolutionnaire (rythmes anguleux, mélodies à la pointe sèche, harmonies dissonantes) et ancré dans la tradition de la note bleue. « Vous savez, (pour faire moderne) n'importe qui peut jouer un thème en utilisant des accords qui sonnent faux. C'est de les faire sonner juste qui est difficile », déclarait-il en 1961. Sa science des décalages rythmiques génère un swing énorme, sans équivalent. Dans le jazz, seul Duke Ellington est parvenu à créer un univers sonore aussi personnel et immédiatement reconnaissable.
Peu nombreuses (environ 70), les compositions de Thelonious Monk portent la signature du génie. Les trois plus belles ont pour titres Ruby, My Dear, mélodie pensive écrite pour sa fiancée alors que Monk n'avait pas 20 ans ; Round Midnight, standard enregistré un nombre incalculable de fois ; et Monk's Mood, dont la version du compositeur avec le saxophoniste John Coltrane reste l'un des chefs-d'œuvre du jazz.
Le pianiste berlinois Alexander von Schlippenbach voue un véritable culte à la musique du moine. Au Sud des Alpes, il est rejoint par Axel Dörner (trompette), Rudi Mahall (clarinette basse), Jan Roder (basse) et Uli Jennessen (batterie). Audacieuse et inspirée, leur intégrale Monk publiée par le label zurichois Intakt rend justice à l'esprit d'aventure du plus excentrique musicien de l'histoire du jazz.
Pratique
Thelonious Monk, intégrale des compositions par Alexander von Schlippenbach Quintet, à l'AMR, 10, rue des Alpes, vendredi 11 février à 19 h 30 et 22 h 30, tél. 022 716 56 30.
Alexander von Schlippenbach, « Monk's Casino - The Complete Works of Thelonious Monk », 3 CD Intakt / RecRec.
LUCA SABBATINI
© Tribune de Genève; 10.02.2005

 



70 hässliche Schönheiten

Alles von Monk in der Roten Fabrik

Wie ein sperriger, erratischer Block ragt auf dem Wiener Zentralfriedhof Arnold Schönbergs Grabstein aus dem Boden. Das treffende Sinnbild wäre auch eine ideale Illustration für das Werk des grossen Jazzmusikers Thelonious Sphere Monk (1917-1982), dessen Gesamtwerk der Berliner Pianist Alexander von Schlippenbach für sich und das Quartett «Die Enttäuschung» neu arrangiert hat. Gleich drei Mal hätte die dreiteilige Konzertfassung von Wagnerischen Dimensionen in der Schweiz aufgeführt werden sollen. Ein Sturz Schlippenbachs von der Bühne in Bern hat die Musiker für den Zürcher Auftritt vor eine schier unlösbare Aufgabe gestellt. Allein der Meister, der sich im Berner Inselspital von einem Knochenbruch erholt, rief seinen Kollegen verletzt auf der Bahre liegend zu: «Weitermachen, Jungs!» Gesagt, getan: Das Zürcher Konzert wurde nicht zur Enttäuschung, sondern zur positiven Überraschung.

Der geniale Pianist, Komponist und Bandleader Thelonious Monk wird üblicherweise dem Bebop-Jazz zugeordnet, was die Sache nur in sehr beschränktem Masse trifft. Die siebzig Meisterwerke, die Monk der Nachwelt hinterlassen hat, basieren zwar - ähnlich wie die Kompositionen der Bebop-Meister Gillespie und Parker - auf bekannten Akkordprogressionen, die dem «Great American Songbook» entnommen sind. Allein die Art, wie Monk Dissonanzen liegen liess und rhythmisch wie harmonisch komplexeste Linien konstruierte, hat mehr mit der Welt des späteren Free Jazz als mit jener des Bebop zu tun. Die Harmoniestrukturen sind selbst für geübte Ohren nicht ohne weiteres zu erkennen, sie stellen Improvisatoren vor grosse Herausforderungen.

Die vier für das Zürcher Konzert verbleibenden Musiker (Rudi Mahall an der Bassklarinette, Axel Dörner an der Trompete, Jan Roder am Kontrabass und Uli Jennessen am Schlagzeug) fanden immer wieder fesselnde Zugänge zu dieser sperrigen Musik, die gerade wegen der Absenz des Harmonie spendenden Klaviers hier noch radikaler wirkte als auf der soeben beim Zürcher Label «Intakt» erschienenen CD-Edition. Vor allem Mahall erwies sich als ideenreicher und ausserordentlich witziger Solist, der in seine schwindelerregenden Improvisationen vielsagende Zitate (wie «Alexander's Ragtime Band» oder «Tea For Two») einbaute. Der für diese Musik geradezu ideal geeignete Klang der Bassklarinette hinterliess bei manchem Zuhörer die Frage, weshalb es nie zu der naheliegenden Zusammenarbeit zwischen Monk und dem damals führenden Holzbläser Eric Dolphy gekommen ist. Für einige Stücke setzte sich die zu Recht als Monk-Kennerin bekannt gewordene Zürcher Pianistin Irène Schweizer an den verwaisten Flügel und verlieh so dem anregenden und zu keinem Moment langweiligen Monsterkonzert noch zusätzliche Reize.
Nick Liebmann
© Neue Zürcher Zeitung; 15.02.2005

 

 


Weisse Linien vor schwarzem Hintergrund
Die Gruppe von Alexander von Schlippenbach knöpfte sich in der Roten Fabrik Thelonious Monk vor. Auch wenn der Bandleader fehlte.

Es war ein bisschen so, als hätte Monk nochmals ausgeholt zu einem boshaften Anschlag. Der grosse, 1982 verstorbene amerikanische Jazzpianist foppte die Musiker seiner Bands gerne. Verteilte ihnen etwa Noten neuer Kompositionen erst ganz knapp vor dem Konzert. Wer mit Monk spielte, musste ein Improvisator nicht nur im musikalischen Sinn sein.
In dieser Rolle nun fanden sich am Sonntag unversehens auch die Musiker des Quintetts des Pianisten Alexander von Schlippenbach wieder: Monks Gesamtwerk, an die siebzig Kompositionen, wollten sie spielen. Allein, Schlippenbach lag nach einem Unfall im Spital. Improvisieren tat Not.
Die geschrumpfte Formation kam mit der Situation prächtig zurecht. Man hörte die Musik Monks in ihrem Gerippe und wunderbar karg; die Konturen der Themen traten, gleichsam als weisse Linien vor schwarzem Hintergrund, prägnant hervor. Monk verstand sich selbst zur Hauptsache als Komponist - häufig setzte er am Piano aus, wenn ein Solist blies. Die reduzierte Ausgangslage in der Roten Fabrik schien Monks Musik entgegenzukommen (nicht zufällig gelten die grossorchestralen Aufnahmen Monks als die uninspiriertesten). Und es wäre gar nicht zwingend gewesen, dass Irène Schweizer noch für einzelne Stücke dazustiess.
Der fulminante und mit gewaltigem Sound spielende Bassklarinettist Rudi Mahall, Axel Dörner (Trompete), Jan Roder (Bass) und Uli Jennessen (Drums) haben sich Monk auf ihre Weise angeeignet: nicht bilderstürmerisch, aber doch in einer sehr persönlichen Sicht. Da können durchaus zwei Themen gleichzeitig erklingen; mal blitzt die Melodie eines Stückes wieder nur ganz kurz auf; ein andermal werden Themen aneinander gehängt. Das Programm ist dicht. Und doch fühlt man sich nicht erschlagen von so viel Monk.
Und wieder tanzt der Bär
Immer wieder nimmt sich die Musik Raum: Neben gleichsam zu Epigrammen verdichteten Stücken stehen Kompositionen, in denen die Musiker zu ausgedehnten Soli ausholen. Mag sein, dass der Anspruch, Monk integral zu spielen, auf den ersten Blick monumental erscheint - das Resultat aber gerät bemerkenswert unprätentiös, spielerisch. Monk wird dabei nicht selten fortgesponnen, bearbeitet, weitergedacht.
Ein Kauz und Sonderling war Monk, erhob sich zuweilen während eines Auftritts vom Klaviersessel und vollführte, wenn ihm denn die Musik gefiel, seinen berühmten Bärentanz. Eine subversive Note hat auch der Auftritt der deutschen Gruppe in der Roten Fabrik. Trompeter Dörner erscheint einem wie aus dem Berlin der 1920er-Jahre entsprungen; Mahall ist ein liebenswürdiger Selbstinszenierer und würde in jeden Schelmenroman passen.
Manches Arrangement hat eine skurrile Note und macht offenbar, wie sehr der Humor bereits in Thelonious Monks Musik angelegt ist. Je länger der Abend dauert, desto mehr verstärkt sich diese Seite, die Musiker werden zu Schaustellern, Theatralisches gesellt sich zum Musikalischen. Eine mitreissende Darbietung wars am Ende. Wir stellen uns Monk tanzend dazu vor.

Christoph Merki © Tages-Anzeiger; 15.02.2005

 

 

 


Very monkish
Der grosse Pianist und Komponist Thelonious Monk (1917-1982) ist wohl der eigensinnigste und originellste Schreiber von Jazzstücken. Er hinterliess ein disparates und kohärentes Œuvre von rund siebzig Stücken. Gemeinsam sind dem Werk die formale Kraft, die zwingende Logik und die melodische Substanz. Ein improvisierender Solist muss schöpferisch auf die Stücke reagieren, um ihnen gerecht zu werden. Die Auseinandersetzung mit Monks Werk ist eine Lebensaufgabe. Der deutsche Pianist und Freejazz-Pionier Alexander von Schlippenbach spielt seit Jahrzehnten Monk, mit 67 Jahren fühlt er sich reif, das Gesamtwerk zu spielen. Für seine Reise in diese musikalische Welt hat er sich mit dem Berliner Quartett «Die Enttäuschung» zusammengetan. Ein Glücksfall: Die vier Musiker bringen eine chaotische Disziplin mit, die Monks Musik adäquat ist. Und sie (und Schlippenbach) haben genug Ideen, um einen Marathon von drei CDs kreativ durchzuhalten, nahe an Monk und doch weit genug weg, um sich selber zu bleiben. Absolut grossartig.
(bl), © Aargauer Zeitung / MLZ; 18.02.2005

 

 

Jazz-Highlight
Siebzig Mal Monk in einer Nacht

Fast seit einem Jahrzehnt arbeiten sich der Berliner Pianist Alexander von Schlippenbach und das Quartett «die Enttäuschung» am Gesamtwerk des schrägen Pianisten und Komponisten Thelonious Monk ab. Rund siebzig Kompositionen bilden hier ein abgeschlossenes Werk, welches in vielerlei Hinsicht immer wieder in die Zukunft verweist. Schlippenbach, der Bassklarinettist Rudi Mahall und der Trompeter Axel Dörner haben die siebzig Nummern in einem abendfüllenden und höchst unterhaltsamen Programm arrangiert, und jetzt endlich auch als CD-Produktion dokumentiert. «Monk's Casino» ist ein grosses Vergnügen, welches sich sowohl en bloc als auch in homöopathischen Häppchen geniessen lässt.
Peter Bürli, Radiomagazin, 07/05

 

 

LONG PLAYING RECORD Jukebox - Der musikalische Aszendent
Thelonious Monks Drehmoment
Schlippenbach besteht darauf, dass Free Jazz swingt. Anders als viele seiner Kollegen hat er keine Berührungsängste mit dem Namen "Jazz". Im Gegenteil! Der Pianist und Komponist Alexander von Schlippenbach kennt sich mit den unterschiedlichen Herangehensweisen von Interpreten und Improvisatoren sehr genau aus. Deshalb sieht er auch nur begrenzt Möglichkeiten einer Synthese zwischen Neuer Musik und Free Jazz. Bei Thelonious Monk (1917-1982) geht es ihm um ein Werk, das wie ein "erratischer Block" in der Geschichte steht - 59 Stücke zählt Schlippenbach zum "Gesamtwerk Monk", das gerade vom Züricher Intakt-Label veröffentlicht worden ist (erhältlich über www.intaktrec.ch). Den gesamten Monk hat Schlippenbach schon in unterschiedlichsten Besetzungen aufgeführt - genau genommen beschäftigt er sich seit seinem Studium an der Kölner Musikhochschule mit dem Werk des revolutionären Jazzpianisten. Mit der Band Die Enttäuschung führt er die große Unternehmung quasi als mobile Casino-Version auch in risikofreudigen Clubs und bei engagierten Festivals auf. Neben Bassklarinettist Rudi Mahall, dem Superstar der aktuellen deutschen Impro-Szene, spielen in der Hausband von Schlippenbachs Monk-Projekt, Die Enttäuschung, der Trompeter Axel Dörner, Jan Roder (Bass) und Uli Jennessen (Schlagzeug). Wenn diese Band alles von Monk aufführen wollte, würde das Konzert etwa fünf Stunden dauern. Mit Evan Parker und Paul Lovens spielt Schlippenbach seit über 30 Jahren ausschließlich Free, mit dem Berlin Contemporary Jazz Orchestra hat er aktuelle Werke zeitgenössischer Jazz-Komponisten interpretiert - Monk ist das Bindeglied. Richtig schwärmen kann Schlippenbach vom "rhythmischen Drehmoment" bei Monk, und bunte Plakate ließ er drucken, die auf die Aufnahmen für "Monk's Casino" hinweisen, die vor einem Jahr im Berliner Jazzclub A-Trane stattfanden.
CHRISTIAN BROECKING, die Tageszeitung, Berlin, 4.3.2005

 

 

 

Alle 70 Kompositionen vom "Genius Of Modern Muslc" an einem Tag spielen, bzw. komplett für eine 3-CD-Edition live aufnehmen, da vermutet man unwillkürlich ein rekordverdächtiges Mammutunternehmen mit wenig musikalisch-interpretatorischer Relevanz und Substanz. Aber meilenweit gefehlt! Was der Free-Music-Mitbegründer von Schlippenbach – eine wenn nicht die bedeutendste Freejazz-lkone Deutschlands, ja Europas – hier zusammen mit Mahall und Dörner konzipiert und arrangiert hat, basiert auf jahrzehntelanger Beschäftigung mit Monk und ist das grosse Jazzereignis des neuen Jahres; und weil jeder Jazzhörer Monk-Kompositionen kennt, kann er auch nachvollziehen, mit welcher Phantasie, welchem Können, welch überzeugendem interpretatorischem vvie improvisatorischem Reichtum, mit welch vielfältiger Herangehensvveise, die auch Witz und Humor nicht ausschliesst, hier auf die Monk-Kompositionen eingegangen, kreativ mit ihnen gespielt vvird. Da wird mal nur ein Thema kurz angespielt, mal werden in einer Art Potpourri Themen aneinandergereiht oder es gibt freie Improvisationen, Reflexionen, Collagen – das wurde, wie man hörte, kürzlich in der Roten Fabrik sogar zu einem anregenden, nie langweilenden Hörvergnügen, obwohl Schlippenbach unfallbedingt nicht dabei sein konnte! Fazit: Als Nr. 100 von Intakt-Records eine "würdige" Jubiläums-Edition (rec. live at "A-Trane" Berlin 2003/2004).
Johannes Anders, Jazz'n'More, Zürich

 

 

 

Featuring Alex Von Schlippenbach on piano, Axel Dorner on trumpet, Rudi Mahall on bass clarinet, Jan Roder on bass and Uli Jennessen on drums. Wow! This looks like it could be one of year's best sets, since Alex is one of our favorite pianists and it will be intriguing to hear lower case, minimalist trumpet hero Axel Dorner playing Monk tunes plus Rudi Mahall is another gifted reeds hero who has done great things with Aki Takase. Turns out that DIE ENTTAUSCHUNG, a quartet including all of these folks without Schlippenbach, had a Monk disc out on Grob and a double LP years before that also of Monk tunes, that we must've overlooked in the past.
This outstanding effort contains 75 Monk tunes, some in medleys and some by themselves. It is the entire Monk songbook and was once performed in an entire evening, for some 3 & 1/2 hours. None are done for very long, but all are done with that inventive spirit. Some surprises are in store when Alex and Axel switch instruments, as well as when Alex' s wife Aki Takase is added on toy piano. There are some marvelous solo sections for piano, trumpet, as well some great duos (piano & bass). Alex, Axel and Rudi all provide arrangements, everyone contributes to the way many of these songs are stretched into new shapes. An incredibly impressive endeavor from five strong musicians, so why not take a few hours off to emerge in the entirety of Monk's treasure chest of gems.
Bruce Galanter, Down Town Music Gallery, New York, March 2005

 

 


Glückliche Tage
Alexander von Schlippenbach durch den Beckett des Pianos, oder: ein Denkmal für Thelonious Monk.
Er war ein musikalischer Raumkünstler, wie es, zumindest im Jazz, keinen gab. Alles, was er spielte, war dem Schweigen abgetrotzt. Während der letzten Jahre seines Lebens spielte er keinen Ton mehr, aber auch zuvor konnte es sein, dass er ganze Soli mit den Händen über den Tasten schwebend spielte: virtuell. Sein erratisches kantiges Spiel, eine fingerbrechend staksige Pianotechnik, leistete dem Irrtum Vorschub, er könne nicht recht Klavier spielen. In Wahrheit war seine scheinbare Behinderung Absicht. Thelonious Monk war der Klangarchitekt, der seine weiten Räume nicht möblierte, mit seiner Musik überhaupt keinerlei Möblierung beabsichtigte (wie etwa Erik Saties «musique d'ameublement»). Er liebte die Leere; und was er in diese setzte, das war aus der Beiläufigkeit gerissen, es warf metaphysische Schlagschatten. Monk war der Samuel Beckett des Jazzpianos, und wie dieser war er ein Humorist, ein Clown der existenziellen Art.
Wie kaum ein andrer Musiker blieb Monk nach seinem Tod 1982 lebendig, in unzähligen Hommagen. Das liegt zum einen an seinem aussergewöhnlich scharf konturierten kompositorischen Gesamtwerk von siebzig zu einem guten Teil zu Standards avancierten Titeln (der berühmteste: «Round About Midnight»). Ein zweiter Grund: In ihrer Kompromisslosigkeit hatte seine Musik, bei aller formalen Stringenz, immer auch einen subversiven Kern. Monk war ein avantgardistischer Traditionalist; einer, der eine Brücke schlug zwischen Ellington oder dem Stride Piano und dem neuen Jazz. Wenn Free Jazzer der Möglichkeiten müde wurden, liessen sie sich mit Vorliebe in den weiträumigen und doch klar strukturierten Landschaften von Monk nieder («ein Vogel flog aus, seinen Käfig zu suchen», heisst es bei Kafka). So Irène Schweizer, so Alexander von Schlippenbach, der sich schon immer zwischen Free Jazz und E-Avantgarde einerseits, Monks und Bud Powells Musik anderseits angesiedelt hatte.
Nun legt das Zürcher Label Intakt eine Edition vor, die alles übertrifft, was Monk an Denkmälern bis heute errichtet wurde. Auf drei CDs will Schlippenbach nicht weniger als ein Gesamtkunstwerk: den ganzen Monk, siebzig Kompositionen, die meisten bekannt, einige aber Entdeckungen wie «Green Chimneys», «Stuffy Turkey», «Consecutive Seconds», «Introspection», «North of the Sunset».
Das nimmt sich auf den ersten Blick wie eines dieser «Projekte» aus, deren Konzeptbeschrieb spannender ist als die Musik selbst. Ein Mausoleum für Monk? Eben nicht. Schlippenbach und seine spröde, wilde Truppe (Axel Dörner auf der Trompete, Rudi Mahall auf der Bassklarinette, Jan Roder am Bass und Uli Jennessen am Schlagzeug) verzichten zwar, bei der Anzahl Stücke verständlich, gelegentlich ganz auf Improvisation, spielen auch schon mal zwei Kompositionen ineinander, beten jedenfalls das Repertoire insgesamt nicht ehrfurchtsstarr herunter, sondern arrangieren es zu einem sinnvollen Ablauf, einer Art Meta-Kunstwerk – darauf bedacht, Monks Klabautergeist gerecht zu werden (am nächsten: die Monk-Reverenzen von Steve Lacy und Roswell Rudd). Das ist, an drei Tagen im Berliner Klub «A-Trane» aufgenommen, nicht auf Perfektion, sondern auf Expression aus, vermeidet Ecken nicht noch Kanten, im Gegenteil: Droht zu gemütliches Blättern in Monks «Gesammelten Werken», wird ein Titel auch schon mal als Geräuschskelett vorgeführt, das Publikum mit wilden Ausbrüchen aufgeschreckt, und überhaupt nehmen sich die fünf gegenüber Monk erfrischend viele Freiheiten heraus. Dörner erinnert in seinem Sound ein bisschen an die Trompeter, die Monk selbst bevorzugte (Bill Hardman — wer kennt den noch? — oder Ray Copeland), aber auch etwas an Booker Little. Und Mahall reisst die Schrunden auf. Er ist ein bemerkenswerter Bassklarinettist, mit den grossen Ausschlägen und schroffen Umschwüngen von Eric Dolphy.
Schlippenbachs kompletter Monk ist keine Devotionaliensammlung, sondern der schöne Versuch, im Gesamten mehr als die Summe der Teile zu hören. Monk schrieb ohnehin an einem grossen Werk fort, seine Kompositionen sind alle, um mit Goethe zu sprechen, «Bruchstücke einer grossen Konfession».
Peter Rüedi © Die Weltwoche; 03.03.2005

 

 

 

Die Zeit, Thelonius Monk (1917 - 1982) zu feiern, ist immer richtig, selbst wenn kein Jahrestag ansteht. Dass die Möglichkeit, seine Complete Works, also seine sämtlichen 72 Kompositionen, am Stück hören zu können, eine Sensation und Weltpremiere ist, wird bei Monk‘s Casino (Intakt 100, 3xCD) jedoch trefflich durch die Nr. 100 im Intakt-Katalog unterstrichen. «Gesamtwerke» zu veröffentlichen, kennt man eher als Jubiläumsgeschäft großer Labels, die 'Klassiker‘ wie Mozart, Bach & Co. in die Haushalte pushten. Bei Jazzern reicht es meist, wohl wegen der auf verschiedene Labels verteilten Rechte, nur zu Complete-Session-Boxen. ALEXANDER VON SCHLIPPENBACH hatte andere Motive, als er ursprünglich wohl im Hinblick auf Monks 80. Geburtstag zusammen mit AXEL DÖRNER, RUDI MAHALL, JAN RODER & ULI JENNESSEN, die unter dem Namen Die Enttäuschung sich ebenfalls schon intensiv mit Monk beschäftigt hatten, ein Monk-Gesamtwerk-Programm erarbeitete, das seit 1998 mehrfach auch komprimiert auf einen Abend aufgeführt wurde. Den Aufnahmen liegen die Aufführungen vom Juni 2003 und Februar 2004 im Berliner A-Trane zu Grunde. Der entscheidende Witz bei diesem stupenden Projekt liegt darin, dass weder eine traditionspflegerisch brave Herangehensweise vorliegt, noch Monks Stoff als bloßes Sprungbrett dient für Meta-Monk-Kapriolen von Impro-Freigeistern. Das nahezu Geniale besteht in der Anverwandlung an die den Kompositionen inhärente Idiosynkrasie und Manieristik, die auch garnicht aus ihrer Zeit, den Be- & Hardbop-Jahren 1947 ff, herausgelöst werden müssen, um nicht anachronistisch zu wirken, sondern als Meilensteine für das On-the-Road-Sein des Jazz, an denen man sich immer wieder neu orientieren und die Schnäbel wetzen kann jenseits von bloßer Hommage oder Parodie. Dörners Trompete, unvermutet brillant, wenn man ihn nur von seiner experimentellen Seite kennt, die ihre Schmauchspur beim 'Intro Bemsha Swing' hinterlässt, vertritt die Stelle von Ray Copeland, Kenny Dorham, Idrees Sulieman, George Taitt oder Clark Terry, den Trompetern, die Monks Sound mitgeprägt haben, auch wenn man sich leichter an das Saxophon von Coltrane, Johnny Griffin oder Charlie Rouse erinnert. Ein noch größerer Kick freilich ist die Bassklarinette von Mahall, die die versäumte Kernfusion von Monk und Dolphy nachholt. Mahalls Dolphy‘esken Bocksprünge sind gleichzeitig absolut Monk‘isch im Nachvollzug von dessen paradoxem Timing und ebenso unorthodoxem wie zwingendem Swing. Schlippenbach trifft perfekt Monks Sinn für Ökonomie, die Intuition, im richtigen Moment keine Note zuviel an die unwahrscheinlich richtige Stelle zu setzen, ohne Monks unkonventionelle Intonation zu imitieren, was auch albern wäre. Er ist nicht Double in einem Biopicture, sondern Soulbrother (minus das Monk‘sche Schicksal). In dreieinhalb Stunden zuckt man in einen einzigartigen Kosmos mit, in dem die Monk-Zeit nach Gusto gestaucht und gedehnt wird. Dörner hat alle Zeit der Welt für sein 'Eronel‘-Solo, anderes wird stenographiert wie 'Stuffy Turkey‘ (0:44), 'Ruby, My Dear‘ (0:58) oder gestaucht wie bei 'Bye-Ya‘+'Osaka T.‘ (0:48) und der Bluesminiatur 'Blue Hawk‘+'North Of The Sunset‘+'Blue Sphere‘+'Something In Blue‘ (1:40) und/oder zum Medley verschachtelt wie 'Bemsha Swing‘/'52nd Street Theme‘, 'Misterioso‘/'Sixteen‘/'Skippy‘ und 'Japanese Folk Song‘/'Children‘s Song‘/'Blue Monk‘. Die Ideenvielfalt des Quintetts, Monks Einfallsreichtum von Stück zu Stück neu und anders umzusetzen, scheint unerschöpflich. 'Rhythm-a-ning‘ wurde wohl kaum je so rasant gespielt oder 'Monk‘s Dream‘ so bizarr, geschweige denn das frei improvisierte 'Think Of One'. Schwer zu sagen, wie weit sich Monk selbst in diesem Interpretationsansatz wohl gefühlt hätte. Aber Stücken wie 'Green Chimneys‘, 'Ugly Beauty‘, 'Humph‘, 'Consecutive Second's', 'Gallop‘s Gallop‘, 'Hackensack‘ oder 'Boo Boo‘s Birthday‘, um nur einige der selten gespielten Entdeckungen zu nennen, konnte kaum etwas besseres passieren, als mit einer derartigen zündenden Spiellaune als sophisticated Way of Life verlebendigt zu werden, indem gleichzeitig ihre zwingende Melodiösität und ihr motivischer Pfiff, den Schlippenbach oft geschickt von Instrument zu Instrument springen lässt, und das leicht Angeschrägte, das I-do-it-my-way als Folge kleiner Schocks und lächeln machender Aufreger herausgearbeitet werden. So wird das Ganze keine Tour de force durch ein Museum, sondern ein enorm vergnüglicher Abend mit 'A Merrier Christmas‘ und 'Straight No Chaser‘/'Epistrophy‘ als absurden Zugaben.
Rigo Dittmann, Bad Alchemy, Deutschland, April 05

 

 

Le projet d'arranger le repertoire de Thelonious Monk et d'en faire une relecture personnelle pour une interpretation live en quintet est le travail de titan que vient d'effectuer le pianiste allemand Alexander Von Schippenback. Ce triple cd qui regroupe toutes les perfomances du groupe sur 4 soirs de concert au A-trane de Berlin, est une source de plaisir assurée pour tous les amateurs du pianiste defunt et aussi une belle occasion de decouvrir les nouveaux protagonistes du jazz germanique. Plus d'info sur www.intaktrec.ch
JazzColor, France, April 2005 (www.jazzcolor.com)

 

 

Schlippenbach spielt Monk
Voller Witz

Für dieses Projekt, für these 3-CD-Box braucht der Kritiker reichlich Ausrufezeichen. Seit einigen Jahren beschäftigt sich das Berliner Quartett Die Enttäuschung um den Trompeter Axel Dörner und den Bassklarinettisten Ruth Mahal mit der Musik von Thelonious Monk, nimmt sie auseinander, setzt sie wieder zusammen oder denkt sie auch mal weiter. 2001 erschien die erste Kostprobe davon auf dem kleinen Kölner Label Grob. Auf dem letztährigen ,Enjoy jazz'-Festival präsentierte man das Projekt auch live, mittlerweile hatte sich mit der Free-jazz-lkone Alexander von Schlippenbach ein Pianist vom selben Geist eingefunden. Hier gibt es also nicht nur die ,Hits' wie ,Round about Midnight', ,Ruby my Dear' oder ,Well you needn't' zu hören, sondern den ganzen Monk: 64 Kompositionen, teilweise zu Medleys umarrangiert, in etwas mehr als drei mitreigenden Stunden, live eingespielt im Berliner Club A-Trane.
Das Quintett reibt sich voll Spielwitz und Leidenschaft an diesem noch immer erstaunlichen CEuvre, spielt damit, improvisiert, swingt, groovt, dass es eine Freude ist. Einen der Akteure herauszuheben ist sicher ungerecht, aber was Rudi Mahall hier anstellt, ist schlicht atemberaubend. Wenn sie sich also nur ein Jazzalbum 2005 kaufen wollen, ein intelligenteres, mutigeres ist schwerlich aufzutreiben. Ausrufezeichen!
ukr, Stuttgarter Zeitung, 6. April 2005

 

Wahnsinn! Da hat sich eine Berliner Fünferbande vorgenommen, das Gesamtwerk von Thelonious Monk einzuspielen - und das Vorhaben gelingt auch noch: Drei CDs werden dafür benötigt. Aber der Reihe nach: Pianist und deutsches Free-Jazz-Urgestein Alexander von Schlippenbach hat sich mit dem relativ jungen Quartett Die Enttäuschung zusammengetan, um wirklich den ganzen Monk aufzunehmen. Weil man sich nicht auf die von diversen Platten bekannten Nummern beschränken wollte, sondern in Bibliotheken nach unbekannten Stücken geforscht hat (und auch fündig geworden ist!), hat sich das Ganze Jahre hingezogen. Das Ergebnis ist überwältigend. Falls es irgendwo noch eine sauertöpfische Jazz-Polizei geben sollte, die missmutig nach dem Sinn dieser Unternehmung fragt, so wischt „Monk‘s Casino“ schon nach kurzem Reinhören solche eventuellen Einwände locker beiseite. Denn der Ansatz dieser fünf Wilden ist ein wesentlich breiterer, als ihn Monk selbst haben konnte - und so wird nicht nur deutlich, wie umfassend der Monk‘sche Kosmos tatsächlich ist, sondern wohin er hätte führen können, wenn Monk seine eingefahrenen Quartett-Bahnen der 1960er-Jahre einmal verlassen hätte. Bei allen avantgardistischen Winkelzügen, die Schlippenbach und seine Mitstreiter ganz locker miteinbauen, ist „Monk‘s Casino“ doch nie eine Vergewaltigung des großen Säulenheiligen. Und Rudi Mahall, der spielt hier wie um sein Leben - ganz groß!
Rolf Thomas, Jazz thing, 58, Deutschland, April 05


Très peu de façons de servir le jazz auront été aussi personnelles que celle de Thelonious Monk. Rien de moins qu'un style inimitable mis au service de compositions novatrices suffira à envoûter les musiciens les plus pointus de la seconde partie du XXe siècle. Aujourd'hui encore, le charme persiste, et c'est au tour d'Alexander von Schlippenbach d'explorer le songbook du maître.
Refusant de réfléchir à des probabilités de découpes partiales, le pianiste décide d'enregistrer en quintet l'intégralité des compositions de Monk. La démarche est inédite, et il ne faudra pas moins de quatre soirs de concerts pour en venir à bout. Un seul principe : ne pas pratiquer Monk comme on entretient les langues mortes, mais lui insuffler l'inédit d'arrangements originaux.
"Avez-vous déjà vu des partitions sur mon piano ?" répondait, un jour de 1963, Thelonious Monk au journaliste François Postif qui l'interrogeait sur son rapport à l'improvisation. L'improvisation, Schlippenbach la connaît pour l'avoir pratiquée souvent. Mais, cette fois, il lui défendra de mener la danse. Les partitions ont été consultées - au moyen de quelques efforts lorsqu'il a fallu mettre la main sur les moins diffusées d'entre elles -, au quintet, maintenant, de les respecter.
Devant le public du A-Trane de Berlin, Schlippenbach et ses hommes investissent subtilement le répertoire choisi. Respectueux, ils font alterner des versions plus ou moins éloignées des originales. Si les secondes (Misterioso, Ask Me Now, Bolivar Blues) se permettent parfois quelques références décalées (la clarinette basse de Rudi Mahall rappelant certaines inspirations d'Eric Dolphy sur Boo Boo's Birthday), les premières se font réceptacles de toutes les audaces.
D'abord celle d'accélérer le rythme de certains standards. Derrière la batterie, Uli Jennessen mène la transformation de Thelonious ou In Walk Bud en hard bops opportunistes, ou celle de Consecutive Second's en bogaloo compact et rêche. Toujours impeccable dans sa façon de rendre nerveuses les interprétations, il peut aussi oser quelques influences latines délicates (Bemsha Swing, Shuffle Boll) ou servir une instabilité formelle de rigueur (Monk's dream).
De l'audace, surtout, dans l'arrangement que l'on réserve aux thèmes. Parfois cités et réunis sous forme de condensés intelligents, ils subissent tous les affronts. L'Intro Bemsha Swing devient précis de conduction d'air dans un corps de clarinette, tandis qu'on découpe Evidence à la hache. Les incartades free, elles, se bousculent : Think Of One interroge les possibilités de chaque instrument, l'alambiqué Monk's Dream oppose la trompette d'Axel Dörner et ses suaves effets de sourdine aux implorations agressives de Rudi Mahall, qui, ailleurs, mettra en place de manière anguleuse un Straight No Chaser brillant.
Après ce genre de déconstructions en règle, il arrive à Schlippenbach de rêver d'épures. Servi par des duos sophistiqués - fuites élégantes cuivre et bois juste soulignées, mais de quelle manière, par l'archet du contrebassiste Jan Roder (Crepuscule With Nellie) -, ou par des solos réfléchis - la trompette de Dörner rappelant les efforts compressés du Steve Lacy de Materioso (Eronel), ou l'intervention sur piano jouet de l'invité Aki Takase (A Merrier Christmas) -, un jazz minimaliste s'insinue, à l'élégance sobre, inquiétante parfois (le goût de funérailles d'un Japanese Folk Song des limbes).
Quand d'autres composent des ruines qui n'ont pas à subir l'épreuve du temps pour être considérées comme telles, le quintet de Schlippenbach, lui, choisit de s'intéresser à des chef-d’œuvres d'architecture. Il en aménage seulement quelques endroits pour plus de commodité, sans jamais en revoir la moindre fondation. Hommage appuyé autant que l'était le Be bop de Monk, Monk's Casino est un édifice somptueux, dont les pierres comme les interprètes sont de taille.
Grisli, Infratunes, France, April 2005

 

 

Expect the Unexpected!
So war das damals: man ging ins Parkhaus Treptow, schmiss einen Haschkeks, bestellte sich Rotwein und hörte Live-Jazz. Ziemlich spiessig also. Aber diese Ankündigung “Monks Gesamtwerk in einer Woche”, gespielt von einer Jazzband mit Spielern, denen man trauen konnte, zudem angeführt vom geschätzten Alexander von Schlippenbach, lockte denn doch erwartungsvoll in diesen typischen Jazzkeller, wo die Musik so direkt war, dass man sie atmen und anfassen konnte. Es war ein ereignisreiches und sehr inspirierendes Konzert, allein deshalb, weil man wie die Spieler in der Musik Monks, die so seltsam abgezirkelt und gleichsam stets überschreitend wirkt, geradezu baden konnte. Oder: sie essen konnte. Atmen und Anfassen hatte ich schon? Ich hoffe, dass klar wird, was hier wirklich wichtig war.
Irgendwie scheint es nur logisch, auf jeden Fall überrascht es nicht wirklich, dass ein knappes Jahrzehnt später das Schweizer Intakt Label, dem sehr viel um ein selbstverständliches hochqualitatives Abbilden des Lebendigen in der improvisierten Musik gelegen ist, sich und uns zum Anlass seines 100sten Release ebenjenes Monk-Projekt unter dem Titel MONK’S CASINO auf drei CDs herausbringt. Das Konzept hatte sich mittlerweile jedoch verdichtet: Schlippenbach (Piano), Axel Dörner (Trompete), Rudi Mahall (Bassklarinette), Jan Roder (Bass) und Uli Jennessen (Drums), letztere vier Musiker auch als die Berliner Band “Die Enttäuschung” firmierend, hatten das gesamte musikalische Material von Thelonious Monk in ein insgesamt fünfstündiges Liveset arrangiert, entgegen den damaligen Auftritten, die das Material über den Verlauf einer Woche präsentierten. 72 Stücke, die in ca. dreieinhalb Stunden reiner Spielzeit in drei Sets präsentiert werden - was ist das denn? Und was hat das? Ist das Nerd-Wahnsinn, Erbsen-Zählerei, Fanatiker-Sportswahn? Oder einfach nur, wir erinnern uns, baden, essen, atmen, anfassen?
Die Themen hat der Fünfer mittlerweile sowas von intus, spielt sie mitunter Schlag auf Schlag, manchmal schieben sich sogar zwei Stücke übereinander - der Spielfluss ist halt alles. Nach der Sichtung des Materials, dem kopieren von Kopien und unzähligen Sessions, in denen die Stücke herausgehört werden mussten, goss man dann eigene Arrangements und erlaubt sich darin eigene Freiheiten. Das offizielle Monk-Fakebook von 2002 mit 70 Stücken gab es damals noch gar nicht. Und die Spieler fanden schliesslich auch noch zwei bislang unbekannte Stücke.
Was hören wir auf den Platten? Hochleistungssport? Mitnichten. Es geht vor allem darum, den jeweils eigenen Charakter eines bestimmten Stückes zu finden und darzustellen, und es geht, logisch, weniger um harmonische Themen oder gar die möglichst feste Wiedergabe davon. Präzise und konzentriert spiel-sportelt-schauspielert man mit lässigem Humor innerhalb einer Sprache, die sehr an ursprüngliche Idiome von Jazz anknüpft: Konzentration und gleichzeitige permanente Überschreitung, Einzäunungen und Ausbrüche. Die Aufnahme spiegelt das ebenfalls wieder: One Takes only, Alternates nur bei ganz groben Schnitzern - eine Reminiszenz an längst vergangene Jazzaufnahmesituationen. Monks Musik wird enggeführt und zugleich re-vitali-siert. Möglich gemacht hat das Intakt, jenes famose und ambitionierte Label, das vor allem Patrik Landolt, der auch einst die linke Schweizer WOZ mitgegründet hat, entscheidend prägt. Wer jetzt noch gespannter auf Schweizer Jazz geworden ist, wie ihn z.B. Intakt prägt, kann testweise in die Doppel-CD JAZZ IN ZÜRICH reinhören: die erste Seite hat viel Traditionelles und Nostalgisches, die Zweite aber demonstriert ausschliesslich die aktuelle Wahnsinnskreativität und Divergenz der Zürcher Szene. Wer hingegen durchgängigere und entspanntere Stimmungen mag, sollte in WHERE’S AFRICA hineinhören, eine Kollaboration von Irène Schweizer und Omri Ziegele. Diese wunderschöne Scheibe, in der Schweizer am Piano und Ziegele am Sax als Vertreter zweier Zürcher Jazzgenerationen Wurzeln freilegen und Lieblingsstücke von u.a. Cherry, Ellington, Monk oder südafrikanischen Komponisten daraus entwachsen lassen, ist einmal mehr ein Beispiel für die hochkreativen Überraschungen, die aktueller Schweizer Jazz, wie Intakt ihn neben internationalem auch abbildet, zu bieten hat. Expect the Unexpected!
HONKER, TERZ, Düsseldorf, April 2005

 

 

Guter Free Jazz swingt
Der Berliner Pianist Alexander von Schlippenbach hat das Gesamtwerk von Thelonious Monk eingespielt
Vor vierzig Jahren probte er mit dem Gunter Hampel Quintett den musikalischen Aufstand und war bei den Aufnahmen zu "Heartplants" dabei - die sozusagen deutsche Ära des Free Jazz begann. Seitdem zählt der Pianist und Komponist Alexander von Schlippenbach zu den Protagonisten dieser nicht zum sekundären Hören geeigneten Musik. Sein 1966 gegründetes Globe Unity Orchestra verband als Who-Is-Who-Formation die europäischen Jazzer, sein 1970 gegründetes Trio mit Evan Parker und Paul Lovens ist das langlebigste Improvisatorenkollektiv dieser Aufbruchsmusik. Schlippenbach ist tatsächlich noch einer der wenigen, die sich ungebrochen zum Free Jazz bekennen und immer skeptisch geblieben sind gegenüber so vagen Termini wie "frei improvisierte Musik".
Nun war der Free Jazz ja einst vermittelt über musikalische Schockwirkung und revolutionären Impetus. Im kulturellen Kontext des postfaschistischen Nachkriegsdeutschlands erschienen Free Jazz gar als politische Musik und die Musiker als kulturrevolutionäre Vorhut - was sich auch auf die naheliegende Gleichung bringen ließ, Free Jazz sei links. Schlippenbach schluckt. Nun, er habe sich eigentlich nicht als Revolutionär und Schocker verstanden. Für ihn war der Free Jazz eine musikhistorische Notwendigkeit, vergleichbar etwa mit der Neuen Wiener Schule und Schönbergs Zwölftonmusik. Cecil Taylor und Ornette Coleman hatten vor ihm daran experimentiert, Colemans Platte "Free Jazz" gab der Richtung damals den Namen. In Holland kümmerten sich damals fast zeitgleich Misha Mengelberg und Han Bennink, in England Evan Parker, Derek Bailey und Tony Oxley um die Entwicklung dieser neuen Musik. Er glaube wohl, durchaus auf der Höhe der Zeit und im Zentrum musikalischer Entwicklung zu stehen, sagt Schlippenbach. Natürlich nicht im Sinne des kommerziell erfolgreichen Jazz und dem ganzen Bullshit von Entertainment und Marketing, fügt er hinzu.
Die Politisierung des Jazz bewirkte, dass Musiker ihre Geschäfte in die eigenen Hände nahmen, dass Musikerkollektive wie die Berliner Free Music Production gegründet wurden, die eigene Konzertreihen und Festivals organisierten und von Marktkriterien weitgehend unabhängig auch Platten produzierten, die gemeinhin als unverkaufbar gelten. Problematisch erschien da eher eine gewisse Verselbständigung und Abkapselung von anderen Szenen, die Schlippenbach aber in seiner eigenen Arbeit auch immer zu überwinden suchte.
Seit 1970 wohnt der 1938 in Berlin geborene Musiker und Komponist wieder in seiner Heimatstadt. Für ihn ist diese Stadt natürlich voll lebhafter und obskurer Erinnerungen, besonders wenn er sich an die Mauersituation samt der ganzen Exotik, die der deutsch-deutsche Jazz darin aufzubieten hatte, erinnert. Dann erzählt er, wie man da in den Siebzigern - im Anschluss an die "Workshop Freie Musik"-Konzerte und gemeinsam mit dem obligatorischen Renommierausländer, da deutsch-deutsche Bands nicht erwünscht waren - die Friedrichstraße passierte, um dort im 2. Stock über der Melodie-Bar mit Petrowsky, Gumpert und den Bauer-Brüdern zu jammen. Oder später, als man durch die DDR tourte, in den besten Hotels wohnte und vor großem Publikum auftrat. Doch Free Jazz als Errungenschaft deutsch-segregierter Links-Kultur, als ostdeutsche Heimatmusik sozusagen, das ging auf Dauer nicht durch.
Die suggerierte Tradition und Autonomie eines von den afroamerikanischen Wurzeln angeblich emanzipierten europäischen oder deutschen Jazz hält Schlippenbach für ein äußerst fragwürdiges Konstrukt. Das Gerede von jener Befreiung halte er für einem verzweifelten Versuch, eine vermarktbare Identität zu erfinden. Deutsche Autonomie im Jazz sei eine Lebenslüge, absoluter Blödsinn.
Für ihn ist der afroamerikanische Jazzrevolutionär Thelonious Monk schon immer ein prägender Einfluss gewesen. Der 1982 verstorbene Pianist und Komponist habe ein Werk hinterlassen, das wie ein "erratischer Block" in der Geschichte stehe - 59 Stücke zählt Schlippenbach zum "Gesamtwerk Monk", das jetzt unter dem Titel "Monk's Casino" als 3-CD-Box beim Züricher Intakt-Label veröffentlicht worden ist (erhältlich über www.intaktrec.ch). Monk ist das Bindeglied von Schlippenbachs sehr unterschiedlichen Projekten, richtig schwärmen kann er vom "rhythmischen Drehmoment" bei Monk, und hippe bunte Plakate ließ er drucken, um auf die Aufnahmen für "Monk's Casino" hinzuweisen, die vor einem Jahr im Berliner Jazzclub A-Trane stattfanden.
Für den Free Jazz ist neben dem Wissen um die Tradition die eigene Erfindung wichtig. Die allerdings sei nicht lehrbar. Jazzmusiker wie er sind Freiberufler, und er glaubt, dass er und seine Frau, die Pianistin Aki Takase, zu den wenigen gehören, die von ihrer Musik leben können. Reich werde man aber damit nicht, und wenn man vielleicht mal den monatlichen Durchschnittsverdienst eines Facharbeiters erreiche, sei ein Free Jazzer schon gut im Geschäft.
Free Jazz bezeichnet also eine Musik, die grundsätzlich offen ist. Zugegeben, Schönberg sagte, dass ein leerer Saal nicht gut klinge, und er irrte mit seiner Annahme, dass die Menschen heute seine Zwöftonmelodien auf der Straße pfeifen würden. Sicher sei eben, dass es eine permanente Revolution in der Musik nicht gebe, resümiert Schlippenbach. In diesem Sinne jedoch sei FreeJazz neu, unbequem und radikal. Es gebe noch viele Regeln zu brechen. Guter Free Jazz swingt - das sei die Message dieser Musik.
CHRISTIAN BROECKING, taz Nr. 7650 vom 27.4.2005, Berlin

 

 

Songbooking
There is no shortage of jazz albums where musicians play the compositions of Thelonious Monk, whose tunes are among the most recognizable and complex in the bebop cannon. But the three-CD box called Monk's Casino is altogether something else. Pianist Alexander von Schlippenbach was joined by Die Enttäuschung--a phenomenal German quartet featuring trumpeter Axel Dörner and jiggly-legged bass clarinetist Rudi Mahall that's recorded plenty of Monk tunes on its own over the years--to record a version of every single known composition of Monk (over 70 of them). I was lucky enough to see this band perform the entire project live at the Berlin Jazz Festival in 2002, where droll humor and dynamic arrangements helped to make it clear that this was no stodgy repertoire ensemble. While various members take concise solos here and there, the ultimate aim of Monk's Casino is to put the spotlight on the tunes qua tunes. Obviously Monk's oeuvre works brilliantly as a fleet of improvisational vehicles, but part of the reason they bring us so much pleasure in that context is how we can constantly refer to the jagged, indelible melodies, no matter how far out a soloist goes. In this project the occasional solos enhance the snappy readings of the compositions, rather than the other way around.
worldly disorientation, April 18, 2005

 

 

Monk covers are as regular as the tides these days. Everyone from Wynton Marsalis on one end, to Steve Lacy at the other, has seemingly picked the songbook clean. Most have mined it for the more accessible ore and left the more erudite entries, tunes like “Sixteen” and “North of the Sunset,” untapped. Into this arena of precedence and cherry-picking Alexander von Schlippenbach audaciously ups the ante by tackling the entire compositional corpus. Live in front of an audience with no tune left behind. The knee jerk question is “why?” followed closely by the counsel quotable through an apropos Monk title, “Well You Needn’t.” Schippenbach and his colleagues stampede the doubters and skeptics with a resounding and emphatic “why not?”
Such a temerarious enterprise requires the conscription of a team up to the rigors of the challenge. Always the savvy strategist, Schlippenbach enlisted an existing quartet, Die Enttäuschung, whose principal repertoire already revolved in Monkian orbits. The pianist’s own reverence for the repository dates back decades and his method of improvisation couches heavily in the angular proclivities of his elder influence. Rudi Mahall, Axel Dörner, Jan Roder and Uli Jennessen are younger in years, but no less enraptured with their chosen muse. Operating under the colorful collective sobriquet Monk’s Casino, the five channel their energies to the daunting task of doing the music justice. And while it’s obvious that diligent rehearsals presaged the program, the set still exudes the extemporaneous thrill of roulette wheel in motion, the whims of chance at least partially dictating song order and structure.
All seventy compositions from the hat-and-bearded one’s venerable folio receive exposition. Taped over four days at the Berlin jazz club A-Train (though the quintet reportedly tackled the entire oeuvre in a single evening at the 2002 Berlin Jazz Festival) the tracks benefit from a sharp fidelity and inclusive mix. The interpretations run a sweeping gamut. A handful are retooled as medleys, among them an inspired coupling of “Let’s Cool One/Let’s Call This.” Some like “Stuffy Turkey” and “Ruby My Dear” are rendered in boiled-down miniature with barely room enough for terse melody statements before the page turns. Others unfold over lengthier stretches, but none crack the six-minute marker. Schlippenbach varies the flow, keeping the catena moving and off-kilter as the five men jump from one improvisatory bullet-point to the next.
“The pianist's own reverence for the repository dates back decades and his method of improvisation couches heavily in the angular proclivities of his elder influence.
Mahall’s bass clarinet occupies the slot so commonly held by tenor saxophonists in Monk’s own bands with shrewd acumen and aplomb. Only occasionally does he indulge in the stomach-in-throat intervallic swoops that date back to Dolphy’s innovations. More often he jockeys the middle registers, slaloming the zigzagging rhythmic peaks and troughs with sure-fingered ingenuity. His husky terpsichorean improvisations on “Introspection” illustrate one example of many clever turns. Dörner’s trumpet often favors gelid voicings over calefactory ones. On “Green Chimneys” his inflection crumples into crisp crenellated textures while a solo Clark Terry-inspired rendering of “Eronel” takes shape in a cool succession of slippery soap bubble notes. Roder and Jennessen do far more than summon simple support. Conjoining the snare and cymbal veracity of Monk alum Art Taylor with the capriciousness of a Jim Black the drummer keeps the beats both elastic and erratic. Roder weighs a similar balance on bass, cantilevering between even-keel and abstract counterpoint. Assuming the prerogative of low-key leader Schlippenbach’s keys caulk the crannies, sketching a mercurial circuit from frontline to comping roles.
The band also accords ample sway to its freer leanings in a manner that Schlippenbach’s other cover band, the standards-only Night & Day, isn’t prone to. “Monk’s Dream” wobbles playfully on a scrubbed-skins rhythm and fractured string-dampened facsimile of the theme. Mahall injects steam whistle screeches and Dörner growls metallically both open and muted. “Consecutive Second’s” receives new life as a stomping staccato boogaloo while “Gallop’s Gallop” erupts as a gloriously rambunctious freestyle fracas. The third disc pitches a few other curveballs as Schlippenbach and Dörner switch instruments for a mishmash medley of “Japanese Folk Song,” “Children’s Song” and “Blue Monk.” Toward the set’s close Aki Takase takes the stage for fleeting rumination on “A Merrier Christmas,” her tinkly toy piano an amusingly pranksome presence recalling Monk’s own late-50s experiments with celeste. But, as Schlippenbach states via his prefatory address in the set’s accompanying booklet, even with liberties freely taken, the crux of importance rests with respecting the integrity of the tunes. Even the most abstract statements, such as the disembodied breath sounds that presage “Bemsha Swing,” subsume self-effacingly to the probity of the themes proper.
Does the world need yet another glorifying and adulatory Monk project? The answer to that interrogative is as subjective as any other aesthetic question. But when the results convey as much clever creativity and unflagging brio as this industrious Intakt offering the inclination to argue against the enterprise withers easily in the mind.
Derek Taylor, All About Jazz, USA, Mai 2005

 

 

Dass es in regelmäßigen Abständen Jazz-Platten gibt, die ausschließlich aus Neuinterpretationen von Kompositionen Thelonious Monks bestehen und dass allwöchentlich Jazz-Platten erscheinen, auf denen mindestens ein Stück von Monk stammt, wird wohl seine Gründe haben. Die knappen Themen, oft nur aus ein, zwei Riffs bestehend, skizzenhaft hingeworfen, bluesgetränkt, eckig und skurril, fordern gleichsam die Auseinandersetzung heraus, so als würden sie schreien: "Spiel mich!" Der Berliner Pianist Alexander von Schlippenbach begann Mitte der 90er Jahre, an eine Live-Realisierung des Monk'schen Gesamtwerks zu denken, also ein Programm mit allen 70 "amtlichen" Kompositionen, die der nonkonformistische Meister in seinem Leben je schrieb.
Nicht ohne (berechtigten) Stolz präsentiert das Schweizer Label Intakt Records dieser Tage die Nummer 100 in seinem Katalog: eine 3-CD-Box namens "Monks Casino", welche Schlippenbachs Monk-Marathon, aufgenommen im Berliner Club "A-Trane", dokumentiert. Der Pianist dazu lakonisch: "Es ist kein enzyklopädisches Vorhaben, sondern eine Bearbeitung des Gesamtwerks von Monk für eine Live-Darbietung an einem Abend. In Monks's Casino geht es oft schnell und manchmal auch turbulent zu. Es ist aber alles gut organisiert und so weit unter Kontrolle."
Dreieinhalb Stunden Musik, unterteilt in drei Sets (= drei CDs) – die Dramaturgie ergibt sich ganz locker aus der losen Abfolge von kurz angespielten Themen und breiter angelegten Arrangements inklusive Soli, die sich aber immer dem knapp gehaltenen Gesamtkonzept unterordnen. Schlippenbach hat als kongeniale Partner das Quartett mit dem selbstironischen Namen Die Enttäuschung gefunden, das schon vor dieser Zusammenarbeit einschlägige Monk-Erfahrung gesammelt hat: Rudi Mahall (Bassklarinette), Axel Dörner (Trompete), Jan Roder (Bass), Uli Jennessen (Schlagzeug). Da werden auf Grund der Instrumentierung nostalgische Gefühle wach: Was hätte entstehen können, wenn Monk und Dolphy in einer fixen Band miteinander gespielt hätten?
Monk-Liebhaber und Leute, die es noch werden wollen, hören hier die All-Time-Hits wie "Blue Monk" oder "Round About Midnight" in teilweise sehr eigenwilligen Versionen und können Obskures wie "Consecutive Seconds", "Japanese Folk Song" oder"A Merrier Christmas" (als Gast: Aki Takase am Spielzeugklavier!) entdecken. Schlippenbach präsentiert eine gekonnt abgeschmeckte Menüfolge, lässt einmal das Thema "unangetastet", arbeitet ein anderes Mal kontrapunk tisch, frei assoziativ oder in Medleyform, schichtet manchmal zwei Themen einfach übereinander. Nach etwa einer halben Stun de ergibt sich nach und nach ein organische Fluss, sodass man richtiggehend in die Monk'schen Klänge eintaucht und abhebt.
Martin Schuster, Concerto, Österreich, April 05

 

 

Dischi JAZZ MONK' S CASINO
Tutti i brani di Thelonius rifatti da Von Schlippenbach

Con quel nome, il pianista tedesco Alexander von Schlippenbach potrebbe essere un interprete della più impettita tradizione accademica. Invece cavalca da 40 anni l' improvvisazione radicale europea, avendo fra l' altro fondato la storica orchestra Globe Unity. Nel box di tre Cd Monk' s Casino riesce ( con un ottimo quintetto) in un' impresa appassionante: riproporre l' intero corpus compositivo di Thelonius Monk, capostipite di tutte le avanguardie jazz. Sono 71 brani ( a essere pignoli ne manca uno, Round Lights ) che badano soprattutto all' impatto tematico, con scarne improvvisazioni nelle quali brilla il clarinetto basso di Rudi Mahall. Così, curiosamente, i brani durano spesso quanto le prime incisioni di Monk, nate all' epoca dei 78 giri. Ma alla fine della maratona l' impatto di questa musica resta formidabile. Alexander Von Schlippenbach MONK' S CASINO ( Intakt)
Sessa Claudio, Corriere della Sera, Italy, 23 aprile 2005

 

 

 

The career of most artists follows one of two paths: linear (Pablo Picasso or Gato Barbieri) or circular (Chick Corea). Few can or wish to maintain multiple personalities creatively. In music, there are more instances of this kind of multi-tasking and German pianist Alex von Schlippenbach has proven himself especially adept.
In the January 2004 issue of this gazette, two CDs by Schlippenbach were reviewed; The first was a ecstatic new entry into the catalogue of the Globe Unity Orchestra (which he founded in 1966) and the other was a quartet outing.
Now, two new discs document further sides of the pianist. The first is a live set by his long standing trio with saxophonist Evan Parker and drummer Paul Lovens (first documented in 1972 and steady since then). The second is an ambitious 3-CD set by a quintet (the only holdover from the above quartet being fabulous bass clarinetist Rudi Mahall) doing the entire Monk songbook. Few would attempt such disparate projects and even fewer would bring them off so successfully.
Schlippenbach has commented on how much he prefers to keep playing with certain players, the years together actually forcing them away from inevitable cliches. Coming on to 35 years together, his trio
combines a remarkable freshness with a reserve and patience that is lacking in some of the more nascent and less road-tested improvising ensembles. It is rare to call anything free "tasteful'' but given that the shared trait amongst these three musicians is intellect, it is appropriate. Many don't like free improvisation,
calling it repetitive and self-indulgent. And in many cases they are right. But the Schlippenbach Trio would make anyone reconsider that notion. Decades together lead to some fascinating conversations.
In 1992, Schlippenbach and some of his avant garde friends recorded several sets of standards,
operating incognito in an attempt to prove they were as capable as anyone at playing straight. (An FMP EP first recorded the group doing the the same thing in 1984). The fruit of this deception was a six-CD box set released in 2003. It should surprise no one though that Schlippenbach would be attracted to this kind of music; give a good listen to his album of Jelly Roll Morton music from 1980. But Monk's Casino is not a novelty piece. This is as serious a reading of Monk's oeuvre as has been attempted by those more expected to do this sort of thing. In fact, one can posit the theory that Schlippenbach's style is the child of his European classical training and his fascination for Monk's incomparable compositions.
The quintet, Schlippenbach, Mahall, trumpeter Axel Dörner, bassist Jan Roder and drummer Uli Jennessen, rejoices in Monk across the three discs. His music perseveres because it is timeless jazz, not period pieces. And the group treats them with the respect they deserve and the occasional subversions and bits of humour that Monk would expect. The highlights of this set is appreciating Schlippenbach's authentic
technique and wondering why Monk himself never thought to use a bass clarinet.
Andrey Henkin, All About Jazz New York, USA, Mai 2005
and All About Jazz

 

 

One of the best straight no chaser jazz releases of the year
Box sets documenting the complete output of a composer are relatively commonplace in classical music but rare in jazz, which understandably enough prefers to document musicians as performers rather as composers; you'd need a small fortune to buy all the available Miles Davis box sets on the market, but to the best of my knowledge nobody's ever released a recording of the complete Miles Davis songbook. Here though, for once, is just such a product: not Miles's but (better) Monk's. Yea, verily, the Compleat Thelonious Sphere Monk, performed by pianist Alexander von Schlippenbach with Die Enttäuschung, a quartet consisting of Axel Dörner on trumpet (it's NOT the Axel Dörner Quartet, as stated by Ben Watson in a recent Wire), Rudi Mahall on bass clarinet, Jan Roder on bass and Uli Jennessen on drums. Schlippenbach couldn't have chosen a better band to take along for the ride either, especially considering the quartet's debut double album (vinyl only, long sold out) consisted solely of Monk covers.
At 2002's Berlin JazzFest, Schlippenbach actually managed to get through the entire Monk book – all 70 compositions – in one monster four-set evening, and by playing these three CDs back to back and imagining what it might all have sounded like with Manfred Schoof and Gerd Dudek on board I guess you can get something of the flavour of that marathon event. Provided, that is, you're a speed freak – with so much music to get through, be warned that Alex and his boys ain't fucking around: only 11 of the 57 tracks here last longer than five minutes, and of those six manage to steamroller two or more Monk tunes together into compact mini-suites. Even well-worn ballads ("Pannonica", "Ruby My Dear", "Round About Midnight"..) are taken at a gallop's gallop. Schlippenbach's project may be a bit nutty, but it's not just functional trinkle tinkle; the Monk oeuvre, particularly "Round About Midnight', has long been hackensacked out of shape by stuffy turkeys all over the planet from John Abercrombie to Kevin Yost. Refreshing then to hear it played with a bit of rhythm-a-ning and bemsha swing.
The arrangements, courtesy Schlippenbach, Dörner and Mahall, are tight and skilful, and the solos superb. If Rudi Mahall isn't the most exciting and technically accomplished jazz bass clarinettist around right now, I'd like you to tell me who is. It's almost impossible not to think of Dolphy on listening to the wide register leaps of his bass clarinet, particularly on his solos in "Coming On The Hudson", "Brilliant Corners" and "Hornin' In". Team him up with Dörner (who knows his Booker Little inside out – witness his invisible jukebox for Signal To Noise #27 Fall 2002) and the reference to the great Dolphy / Little quintets on Prestige is clear. (Everyone remembers the Five Spot band with Waldron, Davis and Blackwell, but the earlier Far Cry outfit with Jaki Byard, Ron Carter and Roy Haynes is probably closer to what's going on in Monk's Casino.) That said, Dolphy never went in for the kind of paint-stripping squawks that Mahall inserts into "Monk's Dream", and Little sadly didn't stick around long enough to master the extended techniques that Dörner uses in his rather lengthy introduction to "Bemsha Swing" (though they do sound oddly out of context here). Schlippenbach himself manages to let off some of his own free fireworks from time to time, notably in "Hornin' In", but elsewhere Monk's quirky harmonies and voicings don't leave pianists much room for manoeuvre. (Try playing "Ruby My Dear" or "Monk's Mood" à la Bill Evans or Ahmad Jamal or George Shearing and you'll see how godawful it sounds.) When an opportunity presents itself to really swing hard or rock out, though, the quintet jumps on it: "Green Chimneys" boogaloos wickedly, "Consecutive Seconds" (not a Monk tune at all in fact, but by Oliver Nelson) sounds like it should have been released on Stax, and if you're feet don't start tapping during "We See", well, you've probably died and just haven't realised it yet.
The unsung heroes on Monk's albums were always his bassists and drummers – shots out to Gene Ramey, Al McKibbon, Wilbur Ware, John Ore, Art Blakey, Frankie Dunlop, Shadow Wilson and Ben Riley - and true to tradition Roder and Jennessen's contributions are as solid and essential as they are discreet. Monk's Casino has already attracted a lot of attention, not because it's an epic postmodern or post-something reworking of The Tradition à la Braxton (thinking of his recent huge Standards set on Leo), but because it's an honest, respectful and professional piece of craftsmanship, and one of the best straight no chaser jazz releases of the year, full stop.—
DW, Paris-Transatlantic-Magazin, Global Coverage of New Music, Mai 2005

 

 

Dies ist eine Edition, die alles übertrifft, was bislang an Denkmälern für Thelonious Monk errichtet wurde. Der skurrile Pianist und Komponist, der zu den Mitbegründern des neuen Jazz zählt und 1982 nach Jahren der Abwesenheit starb, hat ein beachtliches Gesamtwerk hinterlassen. Von den rund 70 Kompositionen sind viele zu Standards des Jazz geworden, der berühmteste dürfte "Round midnight" sein. Seit Jahren befasst sich der Berliner Pianist Alexander von Schlippenbach mit Monk. Schon als junger Student, Ende der 50er Jahre, lernte er Stücke des genialen Außenseiters, der Anfang der 60er Jahre als überragendes Genie gefeiert wurde. Später hat er sie in seine diversen Ensembles einfließen lassen. 1995 dann wurde erstmals das Gesamtwerk Monks aufgeführt, gemeinsam mit dem Berliner Quartett "Die Enttäuschung". Schlippenbach nähert sich dem Werk weder chronologisch noch systematisch, sondern - wie es sich für einen improvisierenden Musiker geziemt - unter dem Aspekt der Bearbeitung für eine Aufführung an einem Abend. Die kürzlich veröffentlichte Box mit drei CDs freilich ist in drei Sets gegliedert, ein zusammengesetzter Live-Mitschnitt vom Berliner A-Trane, verdaulicher. Neu sind nicht nur die Arrangements, sondern insgesamt die Spielhaltung, mit der Monks Stücke vorgetragen und improvisatorisch ausgestaltet werden. "Bei manchen Themen", sagt Schlippenbach, "improvisieren wir gar nicht, die müssen ganz schnell hintereinander, wie aus der Pistole geschossen, kommen. Da ist immer wieder eine Überraschung gegeben. Manchmal spielen wir sogar zwei Stücke gleichzeitig, die sich überlagern". So wird das umfangreiche Repertoire nicht andächtig abgefeiert, sondern in neue Abläufe gebracht. Die an drei Abenden eingespielten Titel zielen nicht auf Perfektion, sondern auf Expression. Soli des Bassklarinettisten Rudi Mahall (ein neuer Monk-Sound) und des Trompeters Axel Dörner geben dem Ganzen die Würze, Bassist Jan Roder und Schlagzeuger Jan Jennessen tun ein Übriges. Free-Jazz-Pionier Schlippenbach kommt mit Monks Klavier-Gestolper zweier asynchroner Finger gut zurecht. Er schlägt souverän eine Brücke zwischen Stride, Eilington und neuem Jazz. Nicht nur bekannte Titel wie "Epistrophy", "Misterioso" oder"Straight, no chaser" gilt es mit anderen Ohren zu hören. Mit "Green chimneys", "Stuffy turkey" und "Introspection" sind auch Entdeckungen zu machen. Deutlich wird: Monks Kompositionen (Schlippenbach: "Jede seiner Kompositionen ist eine Perle für sich. Dadurch unterscheidet er sich von Ellington, von dem es auch B-Stücke gibt") taugen als Vorlagen, deren thematische Struktur zu beachten ist. Sie machen ihn zu einem der ganz großen Themenkomponisten des Jazz, der auch nach Jahrzehnten nichts an Lebendigkeit eingebüßt hat. Was die Kompositionen beispielhaft abhebt, ist ihre demonstrative Motiventwicklung, das kühne Spiel mit der Symmetrie und ihrer Negation sowie Spiegelungen komplementärer oder kontrastierender Themen. Sie zusammengetragen zu haben in zerfledderten Manuskripten, vergilbten Fotokopien und schwer lesbaren Transkriptionen, "die wir modifiziert und hoffentlich auch verbessert haben", ist Schlippenbachs Verdienst. Und das Verdienst des kleinen Schweizer Labels Intakt, das das abenteuerliche Unterfangen veröffentlicht hat. Das Marathon"Monk's Casino" ist Pioniertat, Würdigung und Retrospektive in einem.
Reiner Kobe, Jazzpodium, Stuttgart, Mai 2005

 

 

He's hardly under-exposed, but apart from a few devoted Monastics like the late Steve Lacy and Roswell Rudd, how many musicians have made a serious and in-depth study of Thelonious Monk? And, for that matter, for all the gazillion times you've heard "Straight, No Chaser" or "Round About Midnight", how many times have "Gallop's Gallop", "Consecutive Seconds", "Humph", "Functional" or "Who Knows" turned up on a set list? Alexander Von Schlippenbach is best known as the leader and mage of The Globe Unity Orchestra, a stalwart of the European free scene. Anyone listening attentively down the years would have recognised a lot of Monk in the mix, sometimes merely borrowed phrases, but just as often unannounced tunes and medleys that always suggested the German had studied the Monk canon with special care. His aim with this project was to make available the whole opus over two or three club nights, or in a single evening, as went down on one remarkable occasion at the 2002 Berlin JazzFest. The music's been done again since then and these recordings date from June 2003 and February 2004.
To clinch the rhetorical question above, it might be worth breaking off here, jotting down all the Monk titles you know, and scoring the result like those time-wasting word games in the paper: 30 = novice, 40 = oblate; 50 = acolyte; 60+ = abbot. Anything more than 70 and you'd have to be Thelonious Monk. That's the number Schlippenbach has arranged, sometimes as full-out improvisation grooves like "Bemsha Swing" on volume one or "Hornin' In" on the second disc, but just as often in miniature form, like the 44 seconds of "Stuffy Turkey" on the first disc, and just shy of a minute's worth of "Ruby, My Dear" on the second. As this suggests, the pianist isn't driven by consensus tastes, but nor does he seem to be airing unfamiliar tunes just because they're arcane, as some have been doing recently. "Boo Boo's Birthday", once championed by Kenny Drew Jr and almost no one else, has become a bit of a cliche "surprise choice".
One can imagine Schlippenbach tackling the whole thing on his own, but the group is integral to the success of the project. Axel Dörner's trumpet sounds completely idiomatic, even though Monk always seemed to favour saxophone players. Rudi Mahall's bass clarinet adds richness of texture and some unexpected sonorities. Jan Roder and Uli Jennesen complete the line-up. It must have been tempting to drop in some gimmicks in case interest flagged. There were reports of a large rubber ball being used for cueing in at one of the gigs but apart from that, and from Schlippenbach and Dbrner swapping instruments on "Japanese Folk Song", "Children's Song" and "Blue Monk", and Aki Takase guesting on toy piano on "A Merrier Christmas", it's done pretty straight and stands up more than fairly.
It's worth investing the time to sit down and listen to these straight through. Monk's dissonance isn't frightening any more, but because it's lost its shock impact, we've tended to forget or to overlook just how alienating a wallop some of these tunes still pack. What's important about this set is that it restores the idea of Monk as a great jazz composer, not just as an eccentric performer who hived off weird solo ideas and sold them as tunes. The wheel has come round again for T
helonious.
By Brian Morton, The Wire, London, Mai 2005

 

 

Intakt est un label suisse de grande renommée, qui situe sa production dans le jazz contemporain et les musiques innovatrices. Il propose donc un coffret de trois CD qui reprennent 67 compositions du légendaire compositeur, interprétées par le pianiste, compositeur, arrangeur, Alexander Von Schlippenbach qui utilise aussi la trompette. Assisté pour ce travail important d'Axel Dörner (tp), et aussi piano fugitivement, Rudi Mahall (bass clarinet), Jan Roder (b), Uli Jennessen (dr), sans oublier l'épouse d'Alexander, Aki Takase (toy piano), qui fait un passage météorite. Il faut saluer ce travail fait par une équipe étonnante, où l'esprit, la musique de monsieur Monk sont revus, plus de 25 ans après sa mort, dans un contexte d'une modernité constructive qui, dans un certain sens, continue le travail du génie. En gardant tout son sel, et l'ensemble des thèmes où nos musiciens viennent y apporter leur vision d'une forme de continuité actuelle, pour moi, il s'agit d'un excellent travail qui peut s'écouter d'une traite. Le renouvellement est constant et bien approprie, avec les chants intérieurs de la grande musique de Théolonious. Obligatoire pour celui qui veut découvrir le jazz dans une forme qui se veut éternelle et musique du XXIe siècle.
Jazz Notes, France, Mai 2005

 

Monk et merveilles
Les Inrockuptibles, France, July 2005

 

 

 

Schlippenbach is the premier Monk interpreter we have alive today.
Lying alone in bed late at night, as a teenager, I was fascinated with "Thelonious in Action". Most nights, I fell asleep as "Light Blue" [first track on side A] was playing. I used to imagine New York and especially The Five Spot in 1958, as it must have looked in 1958 when Monk recorded this music. His sound was mesmerizing. His keying "errors" [as people thought of them then] and off-beat strokes were fascinating to listen to. Truly, this was music that had opened my ears to other worlds, other music I'd not known. Fast forward a number of decades to 2005. German pianist Alexander von Schlippenbach has had a fascination with Monk's music for decades. [A favourite example of how radical his re-interpretations of Monk can get can be heard on his duo date with wife Aki Takase "Live in Berlin 93/94 - Piano Duets". This is where he reinvented four Monk standards into his own unique pieces. In fact, Aki guests on "A Merrier Christmas", where she plays the toy piano.] It's without any surprise that Alex decided to go ahead and tackle Monk's music one more time.
However, the new 3 CD set "Monk's Casino" is not just another Monk tribute. This is in fact a COMPLETE Monk songbook. Apparently, not one written Monk piece was missed. Recorded on two June nights in 2003 and two February nights 2004 at A-Trane in Berlin, this quintet interpreted the complete Monk songbook on each single night. More than three hours of music in one show. [What a bargain!] To be fair, this is really a shared effort between Schlippenbach and Die Enttäuschung quartet made up of the other members - who already cut their teeth on Monk material on their debut release. On the first few listens, what's shocking about this record is just how un-radical Schlippenbach's readings are. This is fairly straight-ahead jazz.
There are a few challenging passages that are worthy of mention. Rudi Mahall's stunning breathless, spittle-full bass clarinet solo on "Intro Bemsha Swing" is equally mesmerizing. Rudi repeats his stunning form on a too-brief solo on "Light Blue". The uneven, falling-off-the-ladder feel of "Evidence" - shifting chords that get lost somewhere between the cracks. Axel Dorner's trumpet blows reach high for the sky. This is the most straight-ahead record I'd heard him play. Rhythm section made up of bassist Jan Roder and drummer Uli Jennessen offer a sturdy backbone for the band to lay their foundation on. The deeper you dig into this release, the more you realize, you can't actually remember the last time you heard someone cover "Humph" or "Hornin' In" or dozen other lesser known selections from Monk's repertoire. Schlippenbach plays all of this music with such ease; it's almost as if he was born for this project. His strokes are so final and committed; you know his heart is in this material. He's the perfect man for this gig. There is no substitute. Group dynamic is so high and their interaction is so strong. More than two decades after his death, Monk's arrangements stand the test of time. Kudos goes to Intakt for seeing this project through to its fruition. In a world of uncertainties, it's good to have an absolute to go on. Sure enough, Schlippenbach is the premier Monk interpreter we have alive today.
Tom Sekowski, Gaz-Eta, Nr. 32, Poland

 

Schlippenbach / Dörner / Mahall / Roder / Jennessen - Monk's Casino
Kompozycje Monka zdaja³ sie³ stanowic´ wdzie³czny materia? do interpretacji. Sie³gaja³ po nie równie che³tnie nie tylko muzycy jazzowi, ale i rozmaici jazzowi i rockowi odszczepien´cy. Lekko zwichrowane melodie, obdarzone specyficzna³ rytmika³ i harmonia³ zache³caja³ do rozmaitych odczytan´.
Jasnym jest wie³c to, z²e "Monk's Casino" nie jest pierwszym w ogóle zestawem kompozycji Monka zagranych przez innych muzyków, bo przeciez² takowe na koncie maja³ chociaz²by Steve Lacy czy Wynton Marsalis (te nazwiska zosta?y wybrane po to, by us´wiadomic´, z²e utwory te potrafi?y zafascynowac´ osoby posiadaja³ce dos´c´ róz²nia³ce sie³ wizje jazzu), ba, nie jest to nawet pierwsze do nich podejs´cie firmuja³cej ten trzyp?ytowy box pia³tki (vide nagrania kwartetu Die Enttäuschung z drugiej po?owy lat 90.).
Jest to chyba jednak pierwsza próba wykonania za jednym podejs´cie "dzie? wszystkich" Theloniousa Monka. Tym, co czyni ca?e przedsie³wzie³cie jeszcze bardziej niezwyk?ym jest fakt, z²e utwory zosta?y przez Schlippenbacha, Dörnera i Mahalla zaaranz²owane tak, by moz²na je by?o wszystkie zagrac´ podczas jednego klubowego koncertu, nie pomijaja³c przy tym niczego istotnego.
Czy ten zamys? sie³ powiód?? Niewa³tpliwie, tak. Oto otrzymalis´my zestaw interesuja³co zaaranz²owanych i wys´mienicie zagranych przez wszystkich bez wyja³tku muzyków utworów. Utworów zapewne mocno skondensowanych, które jednak z tego powodu nie ucierpia?y, a cze³sto, wre³cz przeciwnie, zyska?y na intensywnos´ci i mocy. Dodatkowym atutem p?yty jest fakt, z²e nagrania zarejestrowano na z²ywo - poste³puja³c przy tym nieco niekonsekwentnie, bo nie jest to zapis jednego wyste³pu, lecz fragmenty czterech róz²nych - przez co zyska?y one na lekkos´ci i witalnos´ci. I choc´ nie zawsze muzycy wykorzystuja³ improwizacje³ - niektóre z utworów zosta?y w stu procentach odegrane, tak jak je wczes´niej zaaranz²owano - to jest to bez cienia wa³tpliwos´ci album jazzowy, zas´ uz²yte instrumentarium sprawia, z²e moz²na miejscami odnies´c´ wraz²enie jakbys´my s?uchali Monka graja³cego z Dolphym.
"Monk's Casino" to zestaw, którego s?uchanie ani przez chwile³ nie nuz²y, a wre³cz przeciwnie nieustannie ekscytuje i sprawia wielka³ przyjemnos´c´. Zas?uge³ nalez²y przypisac´ zarówno kompozytorowi, jak i muzykom, którzy graja³ z niezwyk?a³ lekkos´cia³ i swada³, nigdy nie przekraczaja³c granicy dobrego smaku. W ich interpretacjach s?ychac´ i stary jazz, i echa wspó?czesnos´ci muzycznej - nie tylko tej jazzowej. Wszystkie elementy wspó?brzmia³ w tych nagraniach bezkolizyjnie, zas´ kwintet nawet uwspó?czes´niaja³c filigranowe tematy Monka, zawsze traktuje je powaz²nie i z szacunkiem, ani przez moment nie popadaja³c w postmodernistyczna³ groteske³ czy pastisz.
Gora³co zache³cam do poznania "Monk's Casino", moim zdaniem jednego z najlepszych wydawnictw jazzowych 2005 r.
Tadeusz Kosiek, Dia Pa Zon, Poland

 

 

5 Stars

As Bach arrived at his own defining statement of harmony and form in his "Well Tempered Clavier," so can it be said forSchlippenbach and his group in this three CD-collection, one that could have easily been titled "The Well-Tempered Monk". In a little over three hours, these men have undertaken the challenge of arranging and performing the complex and varied pieces of Thelonious Monk in toto. This musical tourde force is not just another Monk tribute but a defining moment itself since it's the first time all 72 of the Maestro's works have been released in one complete package. The goal of this project, according to Herr Schlippenbach, was not to be simply encyclopaedic but to re-work the music and have it fit into a single performance. Presented in 2002 at a marathon concert at the Berlin Jazz Festival, the performance captured here also occurred live in that same city, but on two separate occasions, in June 2003 and in February 2004.
When listening to the entire work, we learn a few things about Monk himself, the performer's musicianship and the jazz continuum. It is important to note that Monk, probably more than any other composer, is cited as a source of inspiration for many a free jazz player, Schlippenbach being decidedly one. The angularity of the melodic motifs, the unconventional harmonic logic, and the subtly but cleverly displaced rhythmic patterns are all attractive features of Monk's style, not to mention his typical emotional depth and playfulness. All these facets are captured in the inventive arrangements executed by the leader on piano, Axel Dörner on trumpet, Rudi Mahall on bass clarinet, Jan Roder on bass, and Uli Jennessen on drums. The trumpet, for one, usually takes the load with the bass clarinet serving as harmonic outliner, melodic counterpoint, or rhythmic accentuator. The piano is percussive, yet richly voiced, showcasing melodic figures here and there while the bass and drums mark time and add colour to the proceedings. For the most part, tunes are presented singly only being combined in diptychs and triptychs on occasion. The segues require some quick and agile thinking from the musicians given that Monks pieces are quite different from one another in spite of belonging to a unified and coherent artistic vision.
Not everyone would approach these pieces as they are performed here (these are arrangements, after all), but the group plays in the spirit of Monk's best combos. Coming from a European free jazz matrix, Schlippenbach and his group don't rely on the clichés to which North American players often fall prey. It's quite refreshing to hear how an approach based on more "neutral," nonidiomatic training enables the performance of this music to soar beyond mere stylistic imitation, as each tune has the imprint of this group's "style," such as in the polyrhythmic interplay of "Monk's Point," the rattling cowbell breaks of "Misterioso," or the lyrical solo rendition of "Eronel," where the silences are an integral part of the music.
Paul Serralheiro, The Music Scene, Sommer 2005, Canada

 

 

 

Bon an mal an, il y a toujours des parutions discographiques qui se démarquent du lot. Parfois, c'est l'ampleur même de la chose qui accroche I'œil (comme les rééditions anthologiques), parfois c'est la performance qui bouleverse, parfois c'est l'originalité même du concept de départ, ce dernier point étant justement le cas en ce qui concerne cette remarquable nouveauté. En effet, en trois disques compacts (trois heures et seize minutes, pour être exact), cinq musiciens passent en revue I'œuvre complète (71 morceaux) de l'un des monstres sacrés du jazz, le tout aussi unique pianiste que compositeur Thelonious Monk. Aventure musicale dirigée de main de maître par, le vétéran pianiste berlinois Alexander von Schlippenbach, ce Casino de Monk est une entreprise assez unique dans les annales du jazz. Certes, la musique de Monk figure sur d'innombrables, disques, et pas seulement en jazz, mais le fait de tout jouer dans le cadre de concerts -marathons n'a peu sinon aucun précédent. C'est en 1996 que le pianiste s'est greffé à quatre plus jeunes collègues allemands qui, eux, interprétaient déjà un grand éventail de pièces du maître. Plusieurs prestations européennes suivirent (surtout en Allemagne et en Autriche), préludes aux enregistrements captés sur le vif dans un club berlinois à l'été 2003 et, en reprise, à l'hiver 2004. Venir à bout de ces pièces en si peu de temps relève du tour de force, mais l'ensemble s'acquitte de la tâche avec brio. On notera surtout le merveilleux tandem de souffleurs que sont Axel Dörner (trompette) et Rudi Mahall (clarinette basse), ce dernier étant un musicien à découvrir de toute urgence, si ce n'est déjà fait. Ils ravivent le spectre de l'équipe de Booker Little et Eric Dolphy du début des années soixante. Point de nostalgie ici, cependant, mais une complémentarité tout aussi inspirante que celle de leurs légendaires prédécesseurs. La rythmique de Uli Jennessen (batterie) et de Jan Rôder (contrebasse) ne clopine pas non plus; tous deux sont à la hauteur de la situation, bien qu'on aurait souhaité un peu plus de personnalité de leur part. Dernier, mais non le moindre, Herr von Schlippenbach, à 67 ans, reste toujours l'un des piliers les plus solides de la musique improvisée européenne (écoutez son trio avec Evan Parker et Paul Lovens et donnez-moi de vos nouvelles). Aussi éclaté qu'il peut être, il n'a jamais rompu les, amarres avec le jazz américain. Preuve éclatante à ce sujet, ce coffret nous permet d'entendre l'intégralité de I'œuvre monkienne sans succomber aux tentations des relectures de répertoire aseptisées. Ça vous intéresse?
Marc Chénard, La Scene Musicale, Sommer 2005, Canada

 

Hérésie & blasphème! Les curetons en mordent leur soutane: Alexander von Schlippenbach, l'un des principaux tirailleurs du free jazz européen s'attaque à la totalité du répertoire de Monk. Séances d'exorcismes et prières quotidiennes n'eurent aucun effet, Schlippenbach mit sa menace à exécution lors de l'édition 2002 du festival de jazz de Berlin (les Québécois Jean Derome, Pierre Tanguay et Pierre Cartier passèrent eux aussi près de l'exploit à la même époque).
Ce qui intéresse Schlippenbach n'est pas tant la musique de Monk que les compositions de ce dernier. A l'opposé d'un Lacy, étudiant, enquêtant et disséquant la mécanique Monk (le travail de toute une vie!), Schlippenbach cherche une nouvelle lecture des thèmes du pianiste, quitte à en découvrir (par hasard ?) quelques sens cachés. Ce que l'on retient en premier lieu ici, c'est que Monk s'acoquine à toutes les sauces : Monk-swing (Thelonious Stuffy Turkey), Monk-bop (Brilliant Corners, Criss Cross, In Walked Bud), Monk-free (Gallop's Gallop, Hornin' In) voire Monk-funk (Consecutive Second's, rock-funk à la sauce James Brown). Jusque-là, les curetons ont tout juste: c'est Monk qu'on assassine !
Ces mêmes curetons, qui ne se gêneront pas pour épingler le côté sportif, athlétique et extravagant de ce coffret de trois disques, passeront bien sûr à côté de l'essentiel, à savoir le traitement époustouflant que Schlippenbach réserve à chaque pièce de Monk. Ici, chaque thème (plusieurs sont enchaîneés, d'autres sont écourtés au possible) propose une clé potentielle à l'édifice Monk, à sa modernité, à sa potentialité, en un mot à son immortalité. Prenez Evidence: Schlippenbach abuse de son côté décalé, le surexploite, et de ce fait, rejoint un peu de la vérité de Monk. Prenez Green Chimmeys que le batteur transforme en calypso-jazz (admirable autonomie d'Uli Jennessen qui mixe chabada et latin jazz dans son jeu). Prenez Round Midnight que le pianiste interprète avec passion et stoicisme pendant que la section de soufflants impulse un riff tout droit tiré de Four In One. Prenez Ruby, My Dear, ici méconnaissable. Il faut se rendre à l'évidence: Monk jubile et les curetons pleurent!
Pour élaborer cette musique, le pianiste a fait appel à Axel Dömer, hérétique né (les sourds le découvriront ici bopper), Rudi Mahall (Monk meets Dolphy via Mahall), Jan Roder et Uli Jennessen, essentiels piliers de cet iconoclaste quartet. Quant au leader, il s'amuse comme un fou, n'en croit pas ses oreilles et contemple avec jubilation cette véritable machine à swing et à sens.
Le label Intakt pouvait-il mieux rêver pour sa centième référence ?
Luc Bouquet, Improjazz, France, Juillet & août 2005

 

 

UnAMERICAN ACTIVITIES #56
Monk's Casino

Hard as it may be to believe now, in 1955 Thelonious Monk and his music were thought so weird and inaccessible that Orrin Keepnews of Riverside records was able to exclusively sign the pianist by paying Prestige records the $108.27 Monk had overdrawn against future royalties. A series of well-conceived discs on Riverside—and later Columbia—raised the profile of the eccentric, hat-wearing former High Priest of Bebop to such an extent that he ended up on the cover of Time in 1964.
As he became less communicative and more ill, Monk nearly disappeared from public view in the 10 years before his death in 1982, only to have his iconic sounds gain a new following from 1990 onwards. Now there’s a Thelonious Monk piano competition—a concept that the eccentric keyboard attacker would probably have found laughable—and every neo-con or fusioneer tries to record at least one Monk piece—or a whole CD of them—to show his or her hipness.
Today many of his tunes are so familiar that they almost sound commonplace. Especially preferred is the unthreatening “Round Midnight”, an atypically gentle ballad and a strictly horizontal number, which like Charles Mingus’ “Goodbye Porkpie Hat” and Ornette Coleman’s “Lonely Woman”, could use a ten-year recording hiatus. Yet by constantly performing that one as well galloping through of some of his more rhythmic lines such as “Evidence”, most players miss the essence of Monk.
One who doesn’t is German pianist Alexander von Schlippenbach, who aptly demonstrates this on Monk’s Casino (Intakt), a three-CD set that exemplarily recasts many of Monk’s compositions while performing them all—including a couple that were never recorded. Unlike the fusoids and neo-cons who amplify the pianist’s unique song structure as a way to appear far out, these 57 tracks probably contain some of Schlippenbach’s most mainstream playing. Paradoxically, this is truer to Monk’s vision than those purported improved versions of his tunes since he didn’t consider his work weird, just unique. Schlippenbach, who often includes some Monk in his solo programs and free improv works, can identify with that.
Classically educated and a member of mainstream bands in the 1960s, Schlippenbach is part of Europe’s first generation of free jazzers. Best known for his 30-year association with British saxophonist Evan Parker and German drummer Paul Lovens in a trio, his large scale writing and arranging skills were put to use in versions of the Globe Unity Orchestra. Besides freeform numbers, he also arranged work by Monk and Jelly Roll Morton for the band. Set up as with a “pick any number” wheel of fortune motif, this set resulted from two dedicated live gigs in a Berlin club by the pianist’s combo specifically designed to record the oeuvre. While his playing here may be slightly conventional—in a Monkian sense—that doesn’t mean that some of the 57 tracks don’t get POMO stimulus.
Consider the group’s make-up. The other four other players were initially the Die Enttäuschung band, whose first CD was a Monk tribute. Individually, though, they don’t function as a copycat ghost band. As simpatico here as drummer Frankie Dunlop and bassist John Ore—who coincidentally also played with Sun Ra—were with Monk, bassist Jan Roder and drummer Uli Jennessen are no neo-boppers. Jennessen is in a free jazz trio with Canadian bassist Joe Williamson and eccentric American guitarist Eugene Chadbourne, while Roder has worked with everyone from Berlin pianist Uli Gumpert to Romanian pianist Mircea Tiberian.
As for the front line, Monk’s trumpeters of choice were solid mainstreamers like Ray Copeland, Clark Terry, and Thad Jones. While sufficiently muted or brassy when needed here, Axel Dörner sometimes demonstrates the extended technique that elsewhere has allowed him to originate a minimalist trumpet vocabulary. Furthermore, except when one reedist tripled on it during his 1963 Philharmonic Hall concert, Monk never recorded with a bass clarinet. His combo preference was for the tenor saxophone, which for many years was handled by Charlie Rouse.
Thus without a role model, bass clarinetist Rudi Mahall brings his own personality to these pieces. In fact, his playing is as innovative on his chosen axe as other Monk saxophonists such as John Coltrane and Sonny Rollins were on theirs. Nürnberg-native Mahall has done everything from recording atonal solo numbers to playing with cool alto saxophonist Lee Konitz. His fondness for quick glissandi sometimes suggests Eric Dolphy, another Monk admirer.
Ranging from near-palindromes—musical verses that sound the same backwards and forwards—to out-and-out contrafacts—or tunes consisting of a new head superimposed upon an already existing set of changes—to down-to-earth rhythmic numbers, the band actually plays 71 [!] Monk compositions. Taking anywhere from 41 seconds to ten minutes to perform, each man has plenty of scope to express a specific musical personality.
Not only does the unique instrumentation, arrangement, and the band members’ extended techniques provide fresh consideration of the familiar work, but Monk’s Casino also includes versions of some pieces recorded once, if at all. Then there are interpolations and medleys that highlight the interrelation of numbers in Monk’s book.
Take the sole appearance of “Round Midnight”, for instance. Latterly coupled with “Four in One”, it’s double-timed in the middle before a quick sprint back to the initial theme. It features Schlippenbach at his most characteristically Monk-like, especially when he sprays ragged glissando over the keys, circling the melody, as Mahall washes wave after wave of Dolphyesque runs over it.
Similarly, “Misterioso/Sixteen/Skippy” becomes a triptych that begins with the first familiar theme tossed in quarter tones from trumpet to clarinet until the pianist provides high frequency, near boogie-woogie voicing, with sudden unexpected, half-second pauses in the center. Restrained plucking from Roder and resonating r atamacues from Jennessen back Dörner and Mahall trading fours which makes short work of “Sixteen”—recorded just once by Monk in 1952. Changing directions, “ Skippy” is taken at a more elevated tempo than usual and features the woodwind player sluicing glottal action in false registers, while the brassman negotiates choked-valve double counterpoint and the drummer adds timed rat-tat-tats. Comping in octaves, Schlippenbach finally pushes the others to recapitulate the head, with the tune’s finale an expected drum break, bass pluck, and unison horn vamp.
Then there’s the run-through of “Green Chimneys/Little Rootie Tootie”. A quasi-m ontuno beat driven by cross-sticking from Jennessen invests the first tune with agitato excitement that continues as the second theme appears, With the tempo halved for a muted trumpet and slap bass exchange, the pianist moves from stride to some Monkish, elbow-launched key pounding at the end.
Still, if interpretation was Monk’s Casino’s only virtue than it would be little different from the multitude of tribute discs that have appeared since 1982. Chick Corea did an early one that was well-played, but rounded all the corners of Monk’s angularity. In contrast, each of the players here is given scope to re-imagine the compositions.
Dörner’s “Intro Bemsha Swing”, for instance, is three minutes and 29 seconds of bubbling blows and scrapes, internal growls, and freed air passages. Irregular textures pass from the mouthpiece to the bell, or snake through the valves. Peeping trumpet licks then join in double counterpoint with bass clarinet slurs to introduce the theme on the next track. Soon afterwards, however, “ 52 nd Street Theme” is interpolated as well, sounding more like an Ur-bebop line than it does in other contexts.
“Gallop’s Gallop”, on the other hand, is taken at Ramones-style tempo, with Jannessen’s snares beating out a military tattoo and irregular pitch vibrations ranging from cries to growls nearly piercing the horns. Occasionally, if the theme peeks through the punk rock velocity, Mahall smears tunnel-echoing s pectrofluctuation, Dörner shrills rubato bugle-calls, and Schlippenbach key-clips to compete.
“Monk’s Dream” erupts into Dadaism with a pseudo- prepared piano intro giving way to wah-wahs from the trumpeter, discordant wounded bird squeals from the bass clarinet, and what sounds like Jennessen tossing unselected cymbals across the stage floor. The entire effect conjures up a visual picture of midget clowns honking noisemakers to disrupt a serious circus performance.
“Rhythm-a-ning”, almost six minutes of agitato, shows the connection between Monk’s bebop roots, the New Thing, and earlier jazz. Dörner may be muted and Miles-like, but post-modernist Mahall triple-tongues and slides from exaggerated grace notes to basement slurs. Providing linkage for the others, Roder walks as the pianist’s comping is closer to boogie woogie than bop.
Other pieces include embellished Dixieland counterpoint or intermittent rondo references. Some have the horns limning the theme at one speed and the rhythm section playing at another. At only 58 seconds, for example, “Ruby My Dear” appears to have three separate harmonic and rhythmic lines going at once.
Finally, the renditions of certain too-familiar pieces are so overblown that they almost appear to be parodies—that is if dissonant multiphonics didn’t finally shatter the mood. Played almost straight, in this context a two-minute version of “Off Minor” sounds as traditional as “My Old Kentucky Home” or “Satin Doll” until Schlippenbach spools arpeggios every which way, and the horns harmonize the theme in broken cadences.
Still, for all his enlightened soloing other places, Mahall is a little too Dolphyesque on several pieces, a tendency one would hope he’ll mute in the future. Regrettably too, unless one lives and breathes Monk, listening to all three discs in one sitting could induce stupor from his singular vision.
Or perhaps it won’t. For doubtless some fans will leap up and do bear-like shuffling dances around their listening area, honoring this quintet’s renditions the same way Monk used to celebrate his own music.
Ken Waxman, 8 August 2005, One Final Note, USA

 

 

 

Recorded live, these three CDs chronicle Thelonious Monk’s songbook by respective musicians who generally explore the freer side of matters, coalescing as a quartet for a rapidly paced marathon. Ultimately, these works generally intersect as the band has quite a bit of fun varying tempos, switching gears and then at times, performing Monk within a mainstream jazz format. With dabs of post modernism interjected into the overall schema, the music features a bit of cavorting here and there, along with blithe swing vamps and much more. On “52nd Street Theme,” the rhythm section injects an Afro-Cuban framework beneath trumpeter Axel Dorner and saxophonist Rudi Mahall’s zigzagging lines. But on a split-second’s notice, they jump into a briskly moving bop groove. Here and elsewhere throughout these three CDs, the quartet melds traditional Monk with a nouveau disposition, whereas all hell breaks loose on “San Francisco Holiday,” for example.

Pianist Alexander Von Schlippenbach comps within a Monk-ish state of mind and on pieces like “Japanese folk Song,” he spearheads a lighthearted swing motif. Every so often, notions of an after-hours jam session come to mind and on “Blue Hawk,” Mahall and Dorner execute an upbeat vibe, awash with animated choruses. However, this boxed set provides more than a simple rehashing of Monk’s compositions. Essentially, the quartet instills a singular persona into the entire program via nicely rehearsed arrangements and an influx of twists and turns. Naturally, Monk is Monk, and most of these works are easily identifiable. Therefore, the live renderings of his songbook combine elements of wit, humor, frenzy and a focused game-plan to complement the soloists’ synchronous facilitations and spirited exchanges.

Glenn Astarita, 2005, USA, JazzReview.com

 

 

 

 


VON SCHLIPPENBACH SPIELT MONK
«Die Noten anders setzen»
Neudeutung kommt beim deutschen Free Jazzer Alexander von Schlippenbach vor Konservierung: So begegnet er auch dem Opus des amerikanischen Sonderlings Thelonious Monk, das er in einer grandiosen Triple-CD würdigt.
Am liebsten warf man ihm vor, gar nicht besonders Klavier spielen zu können. Mit seltsam nach oben gebogenen Fingerspitzen hämmerte er auf die Tasten. Unorthodox waren auch seine Themen, die er mehr einkreiste denn traf. Er trug unmögliche Hüte, manchmal vergass er, den Mantel abzulegen, und wenn die Kollegen an der Reihe waren, schraubte er sich vom Hocker und begann einen unheimlichen Tanz. Was er spielte, hatte etwas stolpernd Vertracktes. Thelonious Monk (1917 – 1982) ist trotzdem der Klassiker des modernen Jazzpianos schlechthin.
«Monk hat alles losgetreten, er kam vor Parker und Gillespie», meinte Art Blakey. Doch in dem Moment, als das auch andere erkannten, bekam Monk wegen Drogenbesitz eine sechsjährige Auftrittssperre. Diese Jahre musste er am Klavier absitzen. «Jazz ist mein Abenteuer», sagte er in dieser Zeit einmal, «darum geht es: einfach nur die Noten anders setzen.» In der legendären Zweizimmerwohnung San Juan Hill, Ecke West 63rd Street New York hat Thelonious Monk das getan.
Alexander von Schlippenbach hat seine Affinität zu Spiel und Themen des amerikanischen Sonderlings nie verheimlicht. Seit Mitte der 60er Jahre gilt der Berliner mit Jahrgang ’38 als Nestor des deutschen Free Jazz. Er hat ihn in kleinen Formationen und mit seinem Globe Unity Orchestra auf die grossen Bühnen gebracht, wobei er eine Horde von Individualisten zu kolossalen Konzeptionen im Big-Band-Format verband.
Casino statt Museum
Nun hat von Schlippenbach mit vier jüngeren Kollegen der Berliner Band Die Enttäuschung ein Monk gewidmetes Projekt eingespielt – eines, das an keiner Stelle enttäuscht. In einem dreieinhalbstündigen Programm, welches das Quintett gelegentlich in voller Länge als drei Sets hintereinander auch live spielt, werden sämtliche 70 Monk-Kompositionen geboten. Was nach Enzyklopädie klingt, erlaubt sich kleine Freiheiten und ist in der Summe eine Sensation von hohem Reiz und Wiedererkennungswert.
«Casino» nennt Schlippenbach sein Projekt und nicht Museum. Museales darf man von ihm aus Prinzip nicht erwarten. Vorliegender Tonträger ist eine genialische Verneigung, ein Marathon als Rückholaktion, ein grosses Wiederentdecken voller einnehmender Spielfreude.
Trompeter Axel Dörner, Bassist Jan Roder, Schlagzeuger Uli Jennessen und Bassklarinettist Rudi Mahall sind die idealen Partner dieser Tour de Force, auf der man nebenbei auch darüber staunen darf, wie nah Letzterer einem anderen Klassiker des Jazz kommt, den man für einmalig gehalten hatte: Eric Dolphy.
Wie der grosse und früh verstorbene Revolutionär der tiefen Klarinette schlittert und schwelgt Mahall durch den Materialberg. In die Jazzgeschichte allerdings sind nur periphere Begegnungen Monks mit Dolphy eingegangen. Also belegt schon die ungewöhnliche Bandbesetzung die Absicht des Spiels, bei dem respektvolle Neudeutung vor pseudo-ehrfürchtigem Konservieren rangiert.
Monk hatte in den späten 60ern viele enttäuscht, weil er sich der damaligen Free Jazz-Bewegung nicht anschloss. Er umgab sich mit einem eher durchschnittlich besetzten Quartett und blieb auch in der weiten Welt in seinem engsten Umfeld. Auf den späten Europatourneen führte er den Stoff seines Lebens vor und drehte sich um sich selbst: schroff, verquer, bizarr, phlegmatisch und sonderbar.
Signale aus Zürich
Wie er durch solche Treue zu sich selbst ein kaum überzubewertender Anreger geblieben ist, beweist die durchwegs gelungene Frischzellenkur auf diesen drei CDs. Sie sind nicht zufällig die 100. Veröffentlichung des Zürcher Labels Intakt. Seit 1986 sendet es unter der Leitung von Patrik Landolt aus einer Altbauwohnung an der Neptunstrasse vielfältige Signale des neuen Jazz – von so hoher Qualität, dass sie in der Welt gehört werden.
Ulrich Steinmetzger, Berner Zeitung, 9. August 2005

 

 


Im Casino der Erinnerungen
Alexander von Schlippenbach interpretiert Thelonious Monk


Man muß schon ziemlich verrückt sein, wenn man sich vornimmt, das "Gesamtwerk" von Thelonious Monk in ein Konzertprogramm zusammenzudampfen und damit auch für eine CD-Veröffentlichung gefügig zu machen. Zwar ist Monks Opus nicht so unüberschaubar wie etwa das von Duke Ellington, auch weil er die große Form und Third-Stream-Experimente gemieden hat; aber siebzig dieser eckigen, harmonisch querköpfigen, gleichwohl einprägsamen und deshalb in der Welt mit besonderer Liebe als Herausforderung angenommenen Themen des 1982 gestorbenen Jazzpianisten kommen da schon zusammen.
Allerdings steht hinter diesem Projekt keine Obsession, kein Vollständigkeitswahn - dazu hat es sich zu lange, nämlich knappe zehn Jahre, und zu organisch entwickelt. Alexander von Schlippenbach, um den es hier geht, hatte sich mit den Monk-Stücken, und zwar allen, schon geraume Zeit auseinandergesetzt, aber diese eben noch nicht zu einem einzigen Produkt gebündelt. Diese Idee war dann nur ein Schritt, freilich ein langer. In endlosen Gruppenprozessen wurden die Arrangements zusammengefügt, es wurde viel Notenpapier beschrieben, das jetzt aber nicht mehr auf den Pulten liegt, weil sich das Programm in vielen Konzerten längst im Gedächtnis festgesetzt hat und nun die fliegende Selbstverständlichkeit und den hemmungslos inspirierten Drang vermittelt, der in derart aufwendigen Konstruktionen im Jazz so selten vorkommt.
Drei Teile hat ein solches Konzert, eins zu eins abgebildet in einem Live-Mitschnitt auf drei CDs von jeweils ungefähr einer Stunde Dauer. Etwa die Hälfte der Monk-Kompositionen sind zu tausendfach zitierten Evergreens geworden. Das 1944 geschriebene "Round Midnight" ist von allen seitdem entstandenen Jazzthemen wahrscheinlich das meistgespielte. Die beständige Liebe zu den Standards im Jazz hat nicht immer mit der Hochachtung ihrer Qualität seitens der Interpreten zu tun, sondern entspringt oft auch dem Spaß, etwas sehr Bekanntes individuell zu bearbeiten. Der Hörer hat viel davon, weil er kunstvolle Verfremdungen schon bei der ersten Begegnung viel besser mitvollziehen kann, wenn er das Ausgangsmaterial bereits kennt. Die Befürchtung jedoch, einzelne Titel könnten auch hier ohne wahre Liebe der Musiker nur aus Gründen ihrer Popularität ausgewählt worden sein, ist bei der über jeden Zweifel erhabenen Qualität dieser kantigen Charakterstücke nicht relevant.
In einem kontrollierten Tumult höchster Originalität bringt Alexander von Schlippenbach die Themen auf die Bühne. Bei der Wahl des CD-Titels "Monk's Casino" waren die Spielleidenschaft, das Tempo der hüpfenden Roulette-Kugel und der schnell hin und her geschobenen Spielmarken eine Anregung und auch, hintersinnig, die italienische Bedeutung von "casino", so etwa als "drunter und drüber". Unberechenbar tauchen die prägnanten Melodien auf, wie flüchtige oder gute Bekannte oder fremde Gesichter auf einer großen Party, als kurzes Zitat oder als Grundlage ausschweifender Improvisationen, manchmal in kleinen Medleys zusammengefaßt, ineinander übergehend oder als abgeschlossenes Werk.
Die Arrangements scheinen ganz aus dem Geiste Thelonious Monks zu kommen, spiegeln die unerwarteten Volten der Originale in schrägen, schrillen Harmonisierungen und verqueren Kontrapunkten, aber auch bedächtigem Schönklang, wenn es die Atmosphäre der Vorlage verlangt. Selten hat von Schlippenbach die Spannung seines künstlerischen Lebens - nämlich die zwischen reinem Free Jazz, Traditionsbewußtsein und klassischer Bildung - so kreativ und witzig inszeniert wie in dieser Monk-Sinfonie, in der die Musiker in freiem Interplay umeinander tanzen oder in Solo-Improvisationen ihre Paraphrasen-Phantasie ausloten und vor allem - swingen dürfen. Die einfachen metrischen Rhythmen hatte der Free Jazz ja in seinem revolutionären Furor abgeschafft. Daß man dem Jazz diese elementare und in dieser Art nur ihm eigene Wonne einer motorischen Körperdurchdringung nicht für alle Zeiten abnehmen konnte, belegt von Schlippenbach mit dieser Produktion zwingend.
Das Quintett hat mit Jan Roder (Baß) und Uli Jennessen (Schlagzeug) eine kompetent treibende und in den freien Teilen intelligent splitternde und anregend reagierende Rhythmusgruppe. Axel Dörner ist der mit dem burlesken Humor von Don Cherry versehene, aber in längeren Soli auch zu weiträumigem Linienspiel fähige Trompeter. Und Rudi Mahal? Romane könnte man über den besten und einzig ernst zu nehmenden Jazz-Baßklarinettisten seit dem Tod von Eric Dolphy (1964) schreiben, über die Farbspiele, den Fluß der sonderbaren Einfälle, die Mischung von Ausbruch und notentreuer Gruppendisziplin. Sagen wir's mit dem New Yorker Kritiker Andrey Henkin, der sich nach Anhören dieser drei CDs fragt, warum Thelonious Monk nicht selbst auf die Idee kam, eine Baßklarinette zu verwenden.
ULRICH OLSHAUSEN, F.A.Z., 22. 10. 2005. (c) F.A.Z

 



Even among the giants of jazz, pianist/composer Thelonious Monk has some special significance. While his music might have once appeared the most idiosyncratic of jazz creations, he seems to invite a kind of trans-cultural interpretation. The Japanese-American Miya Masaoki has performed Monk’s tunes on koto and more recently Chinese pipa virtuoso Min Xiao Fen has been performing Monk as well. Monk has also long enjoyed a special status among Europe’s free improvising pianists, including Holland’s Mischa Mengelberg, Switzerland’s Irene Schweizer, Aki Takase—transplanted from Japan to Germany—and her husband, German pianist Alex von Schippenbach, who here undertakes Monk’s complete works—71 compositions in three CDs.
What’s the special appeal? Likely the idiosyncrasies are the same things that transcend the local. In a sense, harmony in Monk isn’t harmony any more. Chord changes are weird abrasions fused to truncated melodies, then repeated in the conventional forms of popular songs. The Monk phrase is an emblem, as iconic as any mask, its form and material as indistinguishable as they might be in a tribal fetish. Percussive dissonance is gestural, like Monk playing an E flat minor 7 chord with his forearm. Monk wasn’t just a great composer; he was a great sonic sculptor.
The present homage—a project to play all of Monk’s oeuvre in a single night—was first conceived by Schlppenbach in 1996, and he then enlisted the aid of the quartet Die Enttäuschung, the other musicians here, whose first release had been a two LP set of Monk’s music. Trumpeter Dörner and bass clarinetist Mahall contribute some of the arrangements along with Schlippenbach, and there’s tremendous variety, ranging from straight-through readings of the tunes to medleys to some open and collective improvisation, as well as plenty of bop-style improvisation. The band is remarkably flexible, bassist Jan Roder and drummer Uli Jennessen providing yeoman service to the better-known front-line, while Dörner’s precise trumpet and Mahall’s gritty bass clarinet provide a drily distinct timbre for Monk’s music, alternately playful and abstract, buoyant and visceral. Only Dörner’s “Intro Bemsha Swing”—literally air through pipes--wanders into the sonic exploration with which he’s associated. Otherwise this is Monk presented largely on Monk’s terms. From the best known—“Round Midnight” and “Straight No Chaser”—to the least—maybe “Humph” and “We See,” it’s all here.
It’s quite possible to get through this in a single three-hour sitting, and I’d recommend it at least the first time through. In that sense it’s comparable—as annotator John Corbett points out—to the Collected Works of Anton Webern. It also suggests how fruitful such an experience might be, given the range of nuance and suggestion that Monk’s music involves.
Stuart Broomer, Music Works, Fall 2005, Canada

 

 

The wonderful novelty of having Monk's 70 compositions in one package is cranked up a notch by the rarity of some of the tunes' - you'll be hardpressed to find a jazz fiend who can hum a few bars of "Consecutive Seconds," "A Merrier Christmas" or "North of the Sunset."

One of jazz's most remarkable composers, Monk emerged from the same swing-and-standards milieu as Charlie Parker's posse of beboppers. But rather than following that crew in developing the swing vocabulary into something more fleet and sophisticated, the iconoclastic Monk turned the music upside down and shook it by the ankles. He stripped it down and created an angular new architecture of melody rhythm and harmony more distinct than that of any bop composers.

Veteran sonic explorer von Schlippenbach, a German pianist, leads a sympathetic, freethinking European quintet recorded live last year. They perform the hat trick of being true to Monk's tunes, of playing from the 21st century rather than doing a retro number, and of turning in a fresh, spontaneous performance with nonstop surprises from the improvisers. They capture the spirit of Monk, and that's no novelty act.
Martin Wisckol, The Orange County Register, Los Angeles, USA, Nov.25, 2005

 

 

 

The Year in Review 2005 / Best CD of 2005
1. Alexander von Schlippenbach, "Monk's Casino" (Intakt): A remarkable three-disc survey of Monk's entire output, fearlessly and fecklessly performed by veteran German pianist Schlippenbach and the young foursome known as Die Enttauschung: trumpeter Axel Doerner, bass clarinetist Rudi Mahall, bassist Jan Roder and drummer Uli Jennessen.
Chicago Sun-Times, Chacago, USA, 26. December, 2005

 

 


Musik 2005
Monk total

Alexander von Schlippenbach und Die Enttäuschung spielen das Gesamtwerk - und wetteifern mit einer neuen Archivaufnahme des Jazzmusikers
Alexander von Schlippenbach findet, Free Jazz müsse swingen. Und der 67-jährige Berliner Pianist und Komponist handelt danach. Das Gesamtwerk von Thelonious Monk (1917-1982) hat er schon in den unterschiedlichsten Besetzungen aufgeführt – genau genommen beschäftigt er sich seit seinem Studium an der Kölner Musikhochschule mit dem Werk des revolutionären Pianisten.
Mit der Gruppe Die Enttäuschung unternimmt er es nun, alle 59 Kompositionen Monks an einem Abend aufzuführen, das dauert fünf Stunden. Neben dem Bassklarinettisten Rudi Mahall, dem Superstar der deutschen Improvisationskünstler, spielen der Trompeter Axel Dörner sowie Jan Roder, Bass, und Uli Jennessen, Schlagzeug.
Mit Evan Parker und Paul Lovens spielt Schlippenbach seit über 30 Jahren ausschließlich frei, mit dem Berlin Contemporary Jazz Orchestra hat er Werke zeitgenössischer Jazz-Komponisten interpretiert, sein Globe Unity Orchestra besteht demnächst 40 Jahre – und Monk ist das Bindeglied. Richtig schwärmen kann Schlippenbach vom „rhythmischen Drehmoment“ bei Monk, und hippe, bunte Plakate ließ er drucken, um auf die Abende hinzuweisen, an denen Monk´s Casino im Berliner Jazzclub A-Trane aufgenommen wurde.
Passend zu dieser fulminanten Werkschau ist aus dem Archiv nun auch noch eine bislang unveröffentlichte Aufnahme Monks aufgetaucht: ein Konzertmitschnitt aus der Carnegie Hall von 1957. Hier ist zu hören, wie Monk – in diesem Fall zusammen mit dem Saxofonisten John Coltrane – im Original klang. Vergleicht man die beiden Alben, spürt man sehr schön, wie lebhaft diese Musik immer noch ist, ja, wie sich sogar noch entwickelt hat.
Von Christian Broecking, © ZEIT online, 28.12.2005

 

 

The jazz world owes a deep debt of gratitude to pianist Alexander von
Schlippenbach
, who undertook in 2003 and 2004 a project that was long
overdue: a recording of everything written by the eccentric genius
Thelonious Monk. In retrospect, it seems crazy that no one else had
done this before: Monk's oeuvre isn't very extensive - the core
repertoire of his compositions would fit easily on a single disc - and
yet there are a dozen or so pieces that are rarely played and a handful
that had never been recorded before this. The three discs in this box
set are, therefore, a very nice mixture of the familiar ("Ruby, My
Dear"
, "In Walked Bud", "'Round About Midnight", "Epistrophy")
and the less familiar ("Brake's Sake", "Green Chimneys") with a
smattering of delightful, if sometimes rather slight, complete
obscurities ("Oska T", "Raise Four", "Consecutive Seconds").
In creating this musical monument, Schlippenbach had two basic
approaches to choose from: he could either play the tunes in a
relatively straightforward style, offering both an enjoyable tour of the
Monk book and a handy reference tool for other players, or he could
interpret the music more freely, using this kaleidoscopic assortment of
quirky melodies as a framework on which to build his own personal jazz
statement. For better or for worse, he took the latter approach,
arranging the tunes for an unusual ensemble (trumpet and bass clarinet
with piano trio) and in sometimes startlingly abstruse ways, combining
multiple tunes into medleys and sometimes bopping back and forth between
different compositions within a single track. The result is sometimes
brilliant and occasionally questionable, but there's never any doubt
about Schlippenbach's understanding of and affection for the
material. The irreverence with which he approaches Monk's music is
something that Monk himself would surely have appreciated - and yet
there's a constant and deep undercurrent of loving admiration running
beneath every bar he plays. This set would not make a very good
introduction to Monk's music; newcomers are more likely to find it
baffling than enlightening. But those already familiar with the music
will hear Schlippenbach's interpretations as a breath of fresh, if
sometimes astringent, air. Highly recommended.
Rick Anderson, All Music Guide, USA, 2006

 

 

Surprising at first that everything Monk wrote can be squeezed onto three discs, but Monk's well started to dry up not far into his career and his later discs are mostly reworkings of his earlier songs. Some of these do run short -- "Crepuscle With Nellie" 2:17, "Pannonica" 1:36, "Stuffy Turkey" 0:44 -- but "Misterioso" stretches to 10:05. Some are straight renditions of the compositions, but work around the themes, much as Monk himself did. Trumpet and bass clarinet recapitulate Monk's own preference for working with horns, but they vary enough from the usual tenor saxmen to illuminate new edges and quirks in Monk's work, much like Steve Lacy and Roswell Rudd did. Schlippenbach himself is less like himself, content to lay back and direct like Monk often did. Still, in total this is a remarkable, and quite marvelous, de/reconstruction. A-
Tom Hull, http://tomhull.com/

 

 

Der Meister würde tanzen
Alexander von Schlippenbach arrangiert Thelonious Monk


Der geniale Pianist, Komponist und Bandleader Thelonious Monk (1917-1982) hinterließ 70 Kompositionen. Ein Schaffen, das in Teilen von vielen Musikern eingespielt wurde, niemand aber wagte sich bisher an das Gesamtwerk. Jetzt hat der deutsche Jazzkomponist und Pianist Alexander von Schlippenbach das gewaltige Oeuvre bearbeitet, zusammen mit der Berliner Band "Die Enttäuschung". Ein Projekt, das er beim kleinen, aber renommierten Jazzlabel "Intakt" in Zürich einspielte.

Alexander von Schlippenbach ist eine Ikone des deutschen Free-Jazz. Für ihn war Monks Musik eine entscheidende Orientierung auf dem Weg zur freien Improvisation. "Jedes Stück ist eine Perle", sagt Schlippenbach. "Damit unterscheidet sich Monk zum Beispiel von Ellington, von dem es auch B-Stücke gibt." Jedes Stück von Monk hingegen habe seinen eigenen starken Charakter und biete neue Improvisationsansätze. Zusammen mit der Band "Die Enttäuschung" arrangierte Schlippenbach Monks 70 Kompositionen. In der Art von Monk baut er Zögern in sein Spiel ein und stolpert allmählich von einer Tonhöhe zur nächsten. Die Band spielt wie eine Jazz-Kappelle von früher - frisch und ungeglättet. Der Meister würde zu diesen Interpretationen tanzen.
Gespielt werden Monks Melodien heute ebenso selbstverständlich in renommierten Konzertsälen wie im Untergrund. Die Kompositionen sind so arrangiert, dass sie an einem Konzertabend spielbar sind - das allerdings bedeutet für die Musiker, eine beinahe vierstündige Parforce-Leistung auf höchstem Niveau. Schlippenbach spielte Monks Werke auch komplett auf CD ein und gewann mit den drei CDs "Monk's Casino" den deutschen Schallplattenpreis 2005. "Monk ist genauso wichtig, wie Beethoven die klasssiche Musik", sagt Schlippenbach. "Für mich ist er der bedeutendste Jazz-Komponist."

Für Patrick Landolt, das Einmanndirektorium des Labels "Intakt", ist das bereits der vierte deutsche Schallplattenpreis, hinzu kommt noch eine Ehrung in der renommierten Zeitschrift "Downbeat". "Intakt" bietet hochkarätigen Jazz in Covers, die von Künstlern wie Fischli/Weiss, A.R. Penk oder Pipilotti Rist gestaltet werden. Die Band "Die Enttäuschung" und Alexander von Schlippenbach wissen aus dieser Freiheit etwas zu machen. Dass das nichts mit einer verbissenen Präsentation zu tun haben muss, zeigen die Musiker auch nach dreieinhalb Stunden Konzert.
Edith Jud, 3sat / Kulturzeit, 29.08.2005

 

 

Frank von Niederhäusern, Radiomagazin, Schweiz, 39, 2007

 

The wonderful novelty of having Monk's 70 compositions in one package is cranked up a notch by the rarity of some of the tunes* - you'll be hardpressed to find a jazz fiend who can hum a few bars of "Consecutive Seconds,." "A Merrier Christmas" or "North of the Sunset. "

One of jazz's most remarkable composers, Monk emerged from the same swing-andstandards milieu as Charlie Parker's posse of beboppers. But rather than following that crew in developing the swing vocabulary into something more fleet and. sophisticated, the iconoclastic Monk turned the music upside down and shook it by the ankles. He stripped it down and created .an angular new architecture of melody, rhythm and harmony more distinct than that of any bop composers.

Veteran sonic explorer von Schlippenbach, a German pianist, leads a sympathetic, freethinking European quintet recorded live last. year. They perform the hat trick of being true to Monk's tunes, of playing from the 21st century rather than doing a retro number, and of turning in a fresh, spontaneous performance with nonstop surprises from the improvisers. They capture- the spirit of Monk, and that's no novelty act. Trouble finding it? Try www.squideo.com.
The Orange County Register, 25. November 2005

 

 

One of this year's most enthralling recordings is Alexander Von Schlippenbach's Monk's Casino: The Complete Works of Thelonious Monk (Intakt), a three-disc quintet rendering of 70 pieces, many in medley form, some for a theme chorus, others as spurs to improvisation. Credit Schlippenbach for being the first, and hope he won't be the last—the complete Monk ought to stimulate the ambitions of musicians as often as the complete Beethoven sonatas.
Gary Giddins, JazzTimes, USA, July/August 2006

 

 

Da un peso welter in crescita delle label discografiche, prima (e dovuta) ristampa di un piccolo tesoro discografico che in via sempre meno sommessa continua a collezionare interesse e apprezzamento, e appena fregiatosi dell’indicativo Deutscher Schallplattenpreis: un omaggio allo storico pianista-compositore, alla ribalta magari pił per i suoi atteggiamenti mutacici, eccessivi ed autodistruttivi che per la sua carica innovativa, ripreso da un successore relativamente inaspettato, sia pur avvezzo a percorsi non di pianura. Tra i decani del piano free, Alexander von Schlippenbach dal 1996 si č impegnato a raccogliere tutta la musica scritta di Monk: soffermandosi anche sui lavori usualmente misconosciuti l’opera omnia č trattata come una vera integrale del mondo classico, di cui si č perņ cercato in primis un nuovo arrangiamento unitario. Con le modalitą colte ed animate gią apprezzate nei due episodi Enttauschung, ma soprattutto con la carismatica presenza di Schlippenbach, cui tocca l’onere di (re)incarnare l’enigmatico ed angoloso Thelonious, i cinque grintosi jazzmen germanici, che nelle prime sortite dell’esperimento poterono coinvolgere anche vecchie glorie come Manfred Schoof e Gerd Dudek, nel ponderoso cofanetto donano il frutto di alcune ispirate serate berlinesi: sonoritą crude e old-fashioned e, sostenuti dal drumming nervoso e scabro, dinoccolato interplay ed effervescenti ruviditą, ove si mescolano veracitą e sberleffo, accattivandosi senza piaggeria né timbriche setose un’audience che in presa diretta risponde partecipe e paga. Ennesimo, ma in questo caso visceralmente enciclopedico omaggio ad una figura-chiave verso la cui memoria questa maratona in live-recording č insieme una lezione, un atto d’amore ed un avvenimento.
Voto artistico: 9
Voto tecnico: 8

Romualdo Del Noce, Suono n° 439, Italy, 4.2010

 

Frank von Niederhäusern, kulturtipp 04/12, Schweiz

 

Markus Schneider, Berliner Zeitung, 3. April 2013, Deutschland

 

 

 

 

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