INTAKT RECORDS – CD-REVIEWS
Lucas Niggli ZOOM ENSEMBLE
Sweat. Intakt CD 093


 

 

Mein Faible für Radio SWR2 Neue Musik/Jazz verdankt sich Projekten wie dem im Oktober 2003 im Studio Baden-Baden eingespielten Sweat (Intakt 093). Der Schweizer Perkussionist & Komponist LUCAS NIGGLI, der über Kieloor Entartet und Pierre Favre zu eigenen musikalischen Vorstellungen kam und der bereits mit Zoom und Big Zoom auf Intakt zu hören war, hat für dieses ambitionierte sechsteilige Werk ein veritables ZOOM ENSEMBLE rekrutiert. Neben dem harten Zoom-Kern aus Nils Wograms Posaune & Philipp Schaufelbergers Gitarre und der Big Zoom-Klarinette von Claudio Puntin erklingt hier das Ensemble Neue Musik Zürich mit Hans Peter Frehner (Flöten), Urs Bumbacher (Violine), Stefan Tuth (Cello), Viktor Müller (Piano), Lorenz Haas (Vibraphon, Perkussion) und Leo Bachmann (Tuba) und dazu stö§t dann noch die Stimme von Phil Minton.
Für diesen Klangkörper, der sich bespielen lässt wie ein Sampler mit einem breiten Spektrum an Soundvariationen, schrieb Niggli eine Third Stream-Musik, die sich der Handicaps früherer Versuche bewusst ist und sie zu umgehen versucht durch die kreative Souveränität des Zoom-Kerns und die Format sprengende Eigenwilligkeit Mintons, der bei «Fever» alles was als «gesund» und «normal» gilt, zerfletchert und dann doch als unvertaulich ausspuckt. Nigglis überzeugendste Mittel sind jedoch die, insbesondere durch Schaufelbergers Gitarre, angerockten Fusiontentakeln, die seine Sweat-Suiten ausfahren, um Gil Evans, dessen Klangbildern die Spannweite zwischen Tuba & Posaune und Klarinette, Flöte & Strings entstammen könnte, mit Michael Gibbs, Barry Guy oder Favres European Chamber Ensemble kurz zu schlie§en. Gegen alles Prätenziöse und Steife mobilisiert Niggli einen geschmeidigen, immer chromatisch ausgerichteten Klangfluss, eine liquide, schwimmende Beweglichkeit, auf die Titel wie das fetzige «Sweet Sweat» und «Fluidum» anspielen, und eine feurig-fiebrig-tänzerische, wie sie in Titeln wie «Feuer», «Dance for Hermeto» und «Run & Rush» und insgesamt in Sweat mitschwingt.
Neoromantische sowieso, aber auch post-Webern»sche Erwartungen an die Strings werden nur für ganz kurze Augenblicke genährt, etwa beim Auftakt von «Fluidum» bzw. «Run & Rush», das kaleidoskopisch mit Splittern von Musica Nova-Effekten, Minton»schen Bocksprüngen oder Calypsozitaten spielt und in einem Grindcoregag gipfelt. Jedesmal sucht und findet Niggli eine Bewegungsform, eine Motorik, eine Flie§form, die als Swing oder Groove den Puls beschleunigt. Muss ich extra erwähnen, dass das 18-minütige «No Nation» mit seiner Lacy»esken Stufen-Lakonie, bei dem Niggli die ganze Farbpalette aufschlägt von der pumpenden Tuba und röhrenden Posaune zur Gitarre, den Strings und zur Klarinette, explizit durch Mintons Bekenntnis zur kosmopolitischen Vogelfreiheit mehr als ein rein musikalisches Statement ist?
Auch wenn Musik wie diese durch das Wahrnehmungsraster der Wohlstandsverwahrlosten und der Logo-Zombies rutscht, wobei offensichtlich ist, dass auch der gesellschaftliche Fisch vom Kopf her stinkt, mir rückt sie bessere Zeiten nahe wie eine Gro§aufnahme, in die man eintauchen möchte.
Rigo Dittmann, Bad Alchemy, BA 45, 2005

 

 

 

Obersten Liga zeitgenössischer Musik

Der rührige Schweizer Perkussionist/Kompont/Bandleader Lucas Niggli führt seine Formation Big Zoom (minus Peter Herbert, dafür aber plus Vokal-Zampano Phil Minton) mit dem Ensemble Neue Musik Zürich zusammen und entlockt dem nunmehr 11-köpfigen Klangkörper ein faszinierendes Kaleidoskop an Klängen. Es sind ausgedehnte Kompositionen, die Niggli aus perkussiven Mustern entwickelt hat, über die er zunächst sang und die er dann sukzessive zu Suiten verdichtete, welche den Solisten Claudio Puntin (Klarinetten), Philipp Schaufelberger (Gitarre), Nils Wogram (Posaune), Niggli selbst und natürlich Phil Minton gro§zügige Freiräume eröffnen, um sich darauf wieder zu dichten Klangkaskaden oder vertrackten Ostinati zu verengen. Minton zieht wie gewohnt alle Register seiner expressiven Stimmkunst (bestes Beispiel: «Fever»), das Ensemble Neue Musik Zürich agiert ganz und gar nicht steif und wird nicht einfach «verwendet», sondern auf optimale Weise ins Geschehen integriert. Eine sehr spannende CD, die auch nach mehrmaligem Hören noch †berraschungen parat hält. Mit «Sweat» hat sich Lucas Niggli endgültig in der obersten Liga zeitgenössischer Musik etabliert.
Martin Schuster, Concerto, …sterreich, Oktober 2004

 

 

 


Zuerst gab es das Trio Zoom. Dann kam das Quintett Big Zoom. Nun präsentiert der enorm kreative Schlagzeuger Lucas Niggli das elf-köpfige Zoom Ensemble, das aus Nils Wogram (Posaune), Philipp Schaufelberger (Gitarre), Claudio Puntin (Klarinette), dem britischen Vokal-Guerillero Phil Minton sowie Mitgliedern des Ensembles Neue Musik Zürich besteht. Für diese ungewöhnliche Formation hat sich Niggli ein mehrteiliges Werk ausgedacht. «Sweat» stellt mit seiner blühenden Phantasie und seinem Formenreichtum die meisten ambitionierten Grenzgänger-Projekte der letzten Jazz-Jahre in den Schatten. Nigglis Querfeldein-Musik ist enorm farbig, um nicht zu sagen kunterbunt; mal ist sie bis ins letzte Detail konstruiert, mal lässt sie Raum für rauschhafte Entgrenzung. Abwechslungsweise wird mit grossen Bögen und provokanten Brüchen gearbeitet, die Emotionen wogen auf und ab, wobei das ganze Spektrum zwischen versponnener Poesie und durchgedrehter Hysterie durchlaufen wird. Man merkt dem Werk an, dass es von einem Künstler stammt, der Präzisionsarbeiter und zugleich Sponti ist: Es fordert den Kopf und kitzelt die Eingeweide.
Tom Gsteiger, Basler Zeitung, Sept. 04

 

 

 

Musik, die ständig nach vorn eilt

†berkandidelte Töne: Der Schlagzeuger Lucas Niggli zeigt auf dem Album «Sweat», dass in ihm ein klangbewusster - und ungeduldiger - Komponist steckt.

Er gestikuliert, holt aus, gibt sich wortreich. Lebhaft und kaum zu bremsen ist Lucas Niggli - zumal, wenn er die eigene Musik erklärt. Und erzählt, wie seine 64-minütige Einspielung «Sweat» mit dem elfköpfigen Zoom Ensemble zu Stande kam. Niggli hat sich schon bis anhin in seinen kleineren Formationen Zoom (drei Musiker) und Big Zoom (fünf Musiker) als ideenreicher Komponist temporeicher, komplexer Stücke offenbart. Dennoch verwundert es, dass die klassischen Instrumentalisten des Ensembles für Neue Musik Zürich ausgerechnet ihn, den Autodidakten, darum baten, eine längere Komposition für sie zu schreiben «Sweat» wurde unter anderem am Zürcher Jazznojazz 2003 aufgeführt, jetzt liegt die Suite auch auf CD vor.
Dass er nicht Komposition studiert hat, sieht Niggli selber als Vorzug. So laufe er nicht Gefahr, in Schematismus und Schablonenhaftigkeit zu verfallen: «Ich gehe unverfroren, frech an die Musik heran», sagt der in Uster wohnhafte Musiker, hebt aber sogleich den Warnfinger: «Das Handwerk muss stimmen.» Wie zur Veranschaulichung blättert er in der knapp 130-seitigen Partitur von «Sweat». Sie ist akribisch ausnotiert; flüchtig wirkt hier gar nichts.
«Ich wollte Musik auch für improvisierende Solisten schreiben und selber mitspielen», erzählt der 36-Jährige. Und damit war das Zoom-Ensemble geboren - mit den Instrumentalisten von Nigglis Zoom-Gruppen: Claudio Puntin, Klarinette; Nils Wogram, Posaune; Philipp Schaufelberger, Gitarre; mit Niggli selbst am Schlagzeug, dem Ensemble für Neue Musik Zürich sowie dem englischen Stimmkünstler Phil Minton.
Musikalische Wundertüte
«Sweat» ist eine Art musikalische Wundertüte, die laufend neue †berraschungen ausspuckt. Niggli schöpft die Möglichkeiten seines Ensembles souverän aus, er versteht es, die Instrumente in ihren jeweiligen Farben und Registern sensibel zu mischen - in «Fluidum» etwa spielen E-Gitarre und Posaune eine tief gesetzte, verhaltene Linie, darüber sind sphärische Sounds des Vibrafons sowie Puntins mit klassischer Tonbildung gespielte, schillernde Klarinettengirlanden gelegt: Das ist schon sehr gelungen.
Das Fesselnde (und vielleicht zugleich Problematische) dieser Platte ist aber das hohe Tempo in der dramatischen Gestaltung. Wir hören eine ambitiöse Kunst- und Hörmusik, die weder tändelt noch verharrt, noch Töne auskostet; Musik, die ständig nach vorne eilt. «Ich habe keinen Stil, aber viele Einflüsse», meint Niggli. «Musikalisch bin ich in den Achtzigern mit der Schnipsel- und Collagetechnik sozialisiert worden.»
Niggli liefert ein Kompendium des Ungewohnten, Frechen, Waghalsigen und manchmal auch Poetischen - eine dichte Musik, bald abstrus-schräg (besonders in Passagen mit Phil Minton), bald zirzensisch-witzig (besonders in Passagen mit Puntin). Die Stücke, etwa der 18-minütige Eröffnungstitel «No Nation», sind in der Regel Konglomerate heterogenster Abschnitte. Man kann den Test machen und in der Platte herumzappen - fast an jeder Stelle stossen wir auf andere klangliche Texturen: Jazzimprovisationen, drauflosdreschenden Hardcore-Rock, Zwölfton-Reihen, Klezmerjazz-Klarinettensoli, Noiselandschaften aus Streicherflageoletts und vieles, vieles mehr. Es herrscht das Prinzip Allerlei.
Und doch: Die Kleinteiligkeit wird nicht auf die Spitze getrieben, musikalische Einfälle können sich auch mal entfalten. Und am Ende glauben wir gar zu hören, dass hinter den vielen Sprachen doch wieder so etwas lauert, ja, wie . . . Stil.
Christoph Merki © Tages-Anzeiger, 29.09.2004

 

 

 

Lucas Niggli ist und bleibt einer der rührigsten, interessantesten und flexibelsten Perkussionisten im Land. Mit vorliegender Auftragskomposition «Sweat» erreicht er als Komponist zweierlei: 1. die Kohärenz zwischen improvisierenden und interpretierenden Musikern, und 2. eine Art Mediation zwischen Klassik, Jazz und freier Improvisation. Glück für ihn, dass er Solisten in seinem Ensemble vereint, die wirklich in allen Sätteln gerecht sind. Trotzdem geht es hier offenbar nicht darum, Solisten wie bei einem Jazzprojekt in den Vordergrund zu stellen, denn alles dreht sich um die ganzheitliche Projektion der Komposition. Noch überwiegt Nigglis Talent als Perkussionskünstler, doch werden seine Stücke immer dichter und aussagekräftiger, momentan hängt diesbezüglihc zu viel an den Solisten - das aber wird sich mit der Zeit ändern.
kw. Jazz'n'More, Sept/ Oktober 04

 

 

 

Fantast und Perfektionist

Schlagzeuger Lucas Niggli jongliert lustvoll mit Klängen und Rhythmen und schreckt dabei nicht vor Stilbrüchen zurück. Das zweitägige Festival «proFILE» widmet dem umtriebigen «Spass-Avantgardisten» einen ganzen Abend.

Stillstand scheint es im Leben von Lucas Niggli nicht zu geben. Der kleine, wirblige Mann, der lieber lacht als Trübsal zu blasen, führt eine Existenz im Vorwärtsgang. Der 36-jährige Schlagzeuger verschwendet seine Energie nicht damit, sich im Kreis zu drehen, viel lieber zieht er immer weitere Kreise. Niggli erweitert nicht nur seinen musikalischen Kosmos Schritt für Schritt: Er ist auch dafür besorgt, dass sich seine Zuhörerschaft kontinuierlich vergrössert; längere Clubtourneen sind für Niggli die Pflicht, Auftritte an wichtigen Festivals die Kür. Letztes Jahr präsentierte er mit «Sweat» sein bisher ambitioniertestes Opus.
Komponiert hat Niggli «Sweat» für das elfköpfige Zoom Ensemble, in dem der britische Vokal-Guerillero Phil Minton und die Improvisatoren Claudio Puntin (Klarinette), Nils Wogram (Posaune) und Philipp Schaufelberger (Gitarre) auf Mitglieder des Ensembles für Neue Musik Zürich stossen. Für diese aussergewöhnliche Formation hat sich Niggli eine packende Querfeldein-Musik ausgedacht, die mit ihrem Farben- und Formenreichtum so gut wie alles in den Schatten stellt, was in letzter Zeit an ähnlich gelagerten Grenzgänger-Projekten vorgestellt worden ist. Man merkt dem Werk an, das es von einem Künstler stammt, der nicht nur Präzisionsarbeiter, sondern auch Sponti ist: es fordert den Kopf und kitzelt die Eingeweide.
Auf überzeugende Weise knüpft Niggli mit seinem Zoom Ensemble an die gleichermassen eigensinnigen und eklektizistischen Konzepte an, die er für sein Trio Zoom und sein Quintett Big Zoom ausgetüftelt hat. Was selten gelingt, gelingt diesen Formationen auf exemplarische Weise: Die symbiotische Verbindung anspruchsvoller kompositorischer Strukturen mit improvisatorischem Einfallsreichtum.
Lucas Nigglis turbulente Musik vibriert im Spannungsfeld zwischen Ordnung und Chaos. Der Toggenburger Schriftsteller Peter Weber assoziiert: «Niggli liebt komplexes Gehölz, baut Treppenmelodien, Leitern und Stiegen, um die höher liegenden Beeren zu pflücken, errichtet ein filigranes Leiterwerk, das in die Baumkronen führt, über die Wipfel.»
Einen wichtigen Stellenwert hat für Niggli auch die Mitarbeit im Avantcore-Trio Steamboat Switzerland, das durch Dominik Blum (Orgel) und Marino Pliakas (E-Bass) komplettiert wird. Die von der Art Brut inspirierte Band erbringt den Beweis, dass Brachialität und Komplexität durchaus unter einen Hut zu bringen sind. Die Dampfschiff-Kapitäne haben eine Affinität für alles, was aus dem Rahmen fällt. So werden sie im Rahmen von Nigglis «proFILE»-Abend in Dornbirn mit dem holländischen Orkest de Volharding zusammenspannen, um David Dramms «My Visions of Madame Blavatsky» zur Aufführung zu bringen. Blavatsky verfasste im 19. Jahrhundert eine mystische Geheimlehre. Die Musik des Amerikaners Dramm wurde auch schon als «bahnbrechendes Terrain zwischen Charles Ives, Jimi Hendrix und Lou Reed» beschrieben.
Tom Gsteiger © St. Galler Tagblatt; 01.10.2004

 

 

 

Lucas Niggli Zoom Ensemble. Sweat Der junge Schweizer Drummer wird vorbildlich von seinem Label betreut - so hat er alle Freiheiten, die Musik zu veröffentlichen, die ihm wichtig ist. «Sweat» ist bereits die dritte CD mit seiner Working-Band Zoom, diesmal eingespielt in Kooperation mit dem Ensemble für Neue Musik Zürich. Angelegt als sechsteilige Suite, in der ein Miteinander von Komposition und Improvisation das Geschehen bestimmt, zitiert das Ensemble - ganz im Geiste eines Charles Mingus - Big-Band-Muster, Free Jazz, zeitgenössische Kammermusik sowie gelegentlich traditionellen Rock. Die Basis stammt stets von Niggli, doch der lässt den Musikern (u.a. Claudio Puntin, Nils Wogram, Phil Minton) die Freiheit, aus dem vorgegebenen Rahmen zu steigen, um eigene Ideen einzubringen, die bis zur Gruppenimprovisation reichen können. Damit erlaubt er seinen ohnehin schon sehr farbigen Kompositionen, einen eigenen Weg zu suchen, Statik zu vermeiden, vielmehr immer spontan und neu zu werden. Ein Meisterwerk der Emotionen.
Olaf Maikopf, Jazzthing 56, Nov/Dez. 2004

 

 

 

Am 30. Oktober 2003 eröffnete der Ustermer Schlagzeuger, Bandleader und Komponist Lucas Niggli das fünfte Zürcher «Jazznojazz»-Festival in der Gessnerallee mit einem sechsteiligen Werk, das er im Auftrag der Kulturstiftung Pro Helvetia geschrieben hatte. Auf der Bühne standen neben seiner um den Stimmakrobaten Phil Minton erweiterten Band Zoom auch die Mitglieder des Ensembles Neue Musik Zürich. Unmittelbar vor dieser Uraufführung war Niggli im SWR- Studio Baden-Baden gewesen, um sein Opus einzuspielen; diese Aufnahme (und nicht das Zürcher Konzert) liegt nun als CD vor. Sie zeigt den quirligen Musiker einmal mehr als innovativen, zwischen Jazz, Rock und moderner E-Musik mühelos hüpfenden Tonschöpfer, der das Wechselspiel von ausgeschriebenen und improvisierten Passagen souverän beherrscht. Die grosse Linie mag man in diesem postmodernen Puzzle vermissen, und bisweilen kommt die Ambition der Lebhaftigkeit in die Quere. Doch lebt das Werk, in dem etwa der Posaunist Nils Wogram und der Klarinettist Claudio Puntin solieren, einerseits von der Fülle der Einfälle, andererseits von der strukturierenden Kraft des Drummers, der gleichsam Bleifassungen um die bunten Klangscherben legt.
Manfred Papst © NZZ am Sonntag; 10.10.2004

 

Est-ce de l'avoir vu si énergétique à Mulhouse (avec Steamboat Switzerland ou Demierre et Guy)? A la premi»re audition, ce disque m'a paru un peu retenu, voire distant. La prise de son «live à Willsau » ne présente sans doute pas la musique sous son meilleur angle et rien, bien sûr, ne vaut l'écoute directe pour une session non travaillée en studio, mais Lucas Niggli, étrangement sousmixé, me semblait tricoter en vain derri»re un groupe qu'il ne parvenait pas à pousser hors de ses retranchements.
Et puis, la déception relative une fois mise de c»té, je me suis pris à tendre une oreille plus attentive et, sans revenir sur les doutes qui m'avaient assailli quant au son, j'ai bien dû admettre qu'il y avait là un superbe travail d’harmonisation, une entente réelle entre les membres du quintet et une habile construction de timbres emboîtés, érigeant une structure fragile et belle comme une toile d'araignée couverte de rosée.
Lucas Niggli, batteur ici tout en discrétion, joue extrêmement vite, aux balais comme aux baguettes, et dédoublant constamment le tempo, évoque une mécanique motorisée qui dégagerait juste le courant nécessaire aux autres musiciens: Nils Wogram, au trombone, souple et soyeux; Claudio Puntin aux clarinettes, toutes de délicatesse enrobées; Philipp Schaufelberger, enveloppant le tout d’une guitare sûre et lointaine à la fois, impressionniste et ciselée; Peter Herbert enfin, assurant à lui seul les fondations telluriques de l'édifice.
Une sorte de jazz de chambre finalement, tr»s élaboré, et qui tisse ses fils arachnéens, sensibles au moindre courant d’air, mais assez solides pour déjouer les pi»ges et les chausse-trappes de sa propre architecture en danger. A réécouter, encore et encore...
Joel Pagiere, Improjazz, Mars 2005

 


Erst drei, dann fünf, jetzt elf: Lucas Nigglis "Zoom"-Projekte wachsen. Die ursprüngliche Triobesetzung mit Nils Wogram und Philipp Schaufelberger wurde mit Claudio Puntin und Peter Herbert zum "Big Zoom". Nun ist durch die Mitwirkung des Ensemble Neue Musik Zürich gar ein Zoom Ensemble daraus geworden. Dass mehr Mitwirkende auch eine musikalische Steigerung bedeuten, ist allerdings schwer möglich, denn bereits die erste Trio CD "Spawn Of Speed" hat eine Qualität, die kaum zu steigern ist. Tatsächlich ist das großformatige Ensemble Projekt nicht besser als die früheren Veröffentlichungen. Aber ebenso gut. Niggli verschmelzt seine bewährte Jazzbesetzung mit einem klassischen Ensemble, ohne den herkömmlichen Klassik-trifft-Jazz-Tonfall zu bemühen. Seine Musik hat gerade in der großen Besetzung einen eigenen Klang, der sich noch am ehesten irgendwo zwischen Heiner Goebbels und Carla Bley orten lässt. Melodrame wie "No nations" mit Stimmberserker Phil Minton mögen an Bleys Opernversuche erinnern, gemeinsame Improvisationen von Jazzern und Klassikern gemahnen an Goebbels' Klangcollagen. Doch damit sind nur Eckpunkte von Nigglis Kompositionen genannt, daneben speisen sie sich noch von einer Unzahl weiterer Einflüsse von Rock bis Samba. Alles zusammen ergibt ein mächtiges symphonisches Gebilde mit der Energie rasanter Improvisationen und dem Charme von Popmusik: Ein aufregendes Hörerlebnis fürs Hirn. Und eine Wohltat für die Sinne.
Stefan Arndt, Jazzpodium, Deutschland, Mai 2005

 

 

Nicht ganz gerade Latingrooves, hart unterbrochene Gitarrenlinien, energetische Rockbeats, ein kurzes, schelmisches Lachen - so endet die CD Sweat mit Kompositionen des schweizer Perkussionisten Lucas Niggli. Knapp 65 Minuten rein akustische Musik (sieht man von Philipp Schaufelbergers E-Gitarre einmal ab).
Die Musiker, die Niggli in seiner «working group», dem Zoom Ensemble, vereint hat und die Kollegen des Ensembles Neue Musik Zürich, grooven sich ganz ordentlich durch die Tracks. Und zeigen dabei, zu welch produktiver Zusammenarbeit auch Musiker in der Lage sind, die aus so unterschiedlichen Lagern wie der freien Improvisation mit Jazz und Rockhintergrund auf der einen und der Interpretation zeitgenösssicher Musik auf der anderen Seite kommen.
Jazz, dessen Grooves durchsetzt sind mit Klangfarben der Neuen Musik, die weiterführen zu Phil Mintons geräuschbetonter Vokalakrobatik, die wiederum plötzlich umschlägt in Deklamation und Gesang. Lyrische Linien und energetische Ausbrüche stehen immer wieder dicht an dicht. All diese unterschiedlichen Klänge und Stile treffen jedoch nie isoliert, nie unhinterfragt aufeinander. Brüche, Irritationen, Fragezeichen sind es, die diese Musik spannend machen, eine Musik, die nicht nur gut komponiert, sondern auch von exzellenten Musikern gespielt wird.
Nina Polaschegg, Neue Zeitschrift für Musik, Deutschland, 3/05

 

 

Quelque part entre les mondes du jazz, du rock alternatif, de la musique contemporaine et actuelle, le Zoom Ensemble du batteur helvète Lucas Niggli propose un ambitieux amalgame de styles pour son quatrième disque produit par l'étiquette suisse Intakt. Du modeste trio qu'il fut à ses débuts, les deux autres membres en étant le tromboniste Nils Wogram (magnifique) et le guitariste Philipp Schauffelberger (efficace), la formation se transmua en quintette (Big Zoom) avec la venue du clarinettiste Claudio Puntin (soliste éblouissant de la trempe d'un Louis Sclavis et du bassiste Peter Herbert. Pour cette nouvelle mouture toutefois, sept autres musiciens se sont ajoutés ici, l'ensemble prenant maintenant les allures d'un orchestre de chambre. Avec violon, violoncelle, flûte, tuba, marimba, percussion, ce groupe se démarque donc nettement de la traditionnelle formule orchestrale du big band. Les six pièces (fort originales) du batteur juxtaposent habilement les influences, sans tomber dans le piège des collages stylistiques gratuits. L'improvisation joue aussi un rôle important, puisqu'elle sert de contrepoids aux structures écrites, permettant alors quelques belles échappées individuelles, notamment celles du brillant clarinettiste. À cette distribution, n'oublions surtout pas le chanteur Phil Minton, qui ne manque jamais de surprendre (ou décontenancer) les auditeurs de ses borborygmes et gloussements vocaux. Musique pleinement créative, parce que pleine de surprises, celle du Zoom Ensemble fait boum, surtout dans sa dernière minute marquée par une poussée inattendue et jubilatoire néo-heavy metal. Un petit bémol, toutefois: la couverture monochrome avec un titre en petits caractèeres n'est pas vraiment à la hauteur de la belle créativité déployée dans cette musique.
Marc Chénard, Las Scene Musicale, Juillet- Août 2005, Canada

 

 

Partendo dal caposaldo elligtoniano secondo cui improvvisazione e composizione si fondono nella forma della big band, ambito in cui il leader scrive musica sulla base della conoscenza delle singole individualità, ma soprattutto dove su queste si determinano tutti quegli inaspettati sviluppi che solo una pratica dell'improvvisazione può mettere in luce, l'ensemble Zoom dello svizzero Lucas Niggli si è messo al lavoro, prima che sui repertori, sulle relazioni dialettiche che all'interno determinano differenti personalità musicali. Quando poi entra a far parte di un consesso un personaggio ingombrante come Phil Minton, difficile non far ruotare tutto attorno a quella forza della natura. In realtà le polarizzazioni di questo progetto sono più complesse rispetto alla semplicistica relazione gruppo/cantante solista. Prima di tutto perché l'ensemble è frutto della fusione di un quintetto jazzistico (il gruppo di Niggli) con il sestetto classico Ensemble Neue Musik Zürich. In secondo luogo perché, viste proprio le diverse estrazioni in campo, sono molteplici gli incroci degli esiti espressivi.
Costruita come una suite in cui si affacciano echi zappiani, nonché canterburiani, Sweat si apre con l'anthem antinazionalistico No nation, costruito appositamente per i ruvidi sforzati vocali di Minton. E' invece successiva l'irregolare Dance for Hermete in cui ha modo di farsi notare l'ottimo trombone di Nils Wogram. Mentre il tutto si chiude in un'improvvisazione guidata da Niggli in cui le diverse polarizzazioni hanno modo di mettersi in luce in un alternanza di approcci: dall'informale al vorticoso thrash.
Un lavoro stratificato, sapidamente jazzistico, forse meno classicheggiante (nel senso contemporaneo) di quello che vorrebbe, scarsamente innovativo, ma godibilissimo. Da gustare naturalmente con la lentezza che richiedonoi musicisti di alto livello.
© altremusiche.it / Michele Coralli

 


Be careful when you count the number of musicians on these sessions. For while Space may seem to be by a ten-piece band and Sweat by a 12-piece one, each disc actually features an established improv combo expanded with the members of a contemporary chamber ensemble plus one additional idiosyncratic soloist. As a consequence of these expansions, the composer/band leader of each disc—Dutch trombonist Chris Abelen on Space (BVHaast) and Swiss percussionist Lucas Niggli on Sweat (Intakt)—has a fuller palate of textures, colors, pitches, and rhythms available.
Both CDs are memorable, although Sweat has a slight edge. The cause may be that it’s a studio session, whereas Space was recorded live. Or it may be that Ensemble Neue Musik Zürich (ENMZ) is a closer fit with the drummer’s Zoom Ensemble plus British soundsinger Phil Minton, then the Zapp! String Quartet is with the trombonist’s quintet and special guest, clarinetist Ab Baars. More crucially, with only six compositions to interpret—one of which is more than 18 minutes long—the Niggli-led group has enough scope to stretch, in contrast to the Abelen crew, whose improvisations are wedged into 13 tracks that are mostly three to five minutes in length. Additionally, the execution of many of the compositions on Space resembles that of certain comedy sketches on Saturday Night Live: they start off well, but skimp on a finish.
Consider, for instance, “Clean”, “AB”, and the title track on Space. Despite the second tune having his initials, Baars’ a cappella squeals aren’t dominant enough to escape the delicate ascending harmonies from the Zapp four—violinists Jasper le Clerq and Friedmar Hitzer, violist Oene van Geel, and cellist Emile Visser. Percussionist Charles Huffstadt contributes concussive metallic pulses, but the end result is strangely inconclusive. Similarly, the string quartet modulates circling pitches, while the rhythm section of guitarist Corrie van Binsbergen, bassist Wilbert de Joode, and the drummer proffer a pulsating line, on “Clean”. Yet, just when this combination seems poised to make a definite statement, the selection ends.
As for “Space” the composition, harmonic congruence from the strings, and pinpointed licks from van Binsbergen take up whatever room is left over from de Joode’s thick-toned interface. Then Tobias Delius contributes emotional tenor saxophone slurs that are then answered by plunger work from Abelen. However despite the double-stopping and steady beat, the climax is again inconclusive.
Other pieces show more development. “Coda”, which oddly enough is the CD’s second-to-last track, finds Abelen constructing a Gil Evans-like backing for his chromatic explorations. The Tilburg-born brassman, who apprenticed in the larger groups of Willem Breuker, J.C. Tans, and Eric van der Westen, displays his command of shifting textures. As his trombone sounds grace notes in higher ranges, the strings gradually ascend in octaves to accompany him. Although at one point he departs from his usual legato tone to indulge in prolonged double-tonguing, overall his expositions never go beyond the bounds of good taste—sort of like a modern-day Eddie Bert or Frank Rosolino.
Happily, he’s able to get the ZAPP string quartet to swing on “Orange”, but considering all have backgrounds as improvisers, this is less of a struggle than it would have been for arrangers Evans or George Russell in the 1950 and 1960s. That tune, a pseudo-march, is driven by a military-like fanfare from Huffstadt’s snare and a thumping pulse from de Joode. Clarinet trills and vibrating cross lines from the guitar soar on top. Both strings and guitar are featured on “GO”, where pizzicato settings are interrupted by low-pitched reverb from van Binsbergen, whose variations on the theme presage a horn-heavy countermelody.
Built on a series of sonorous pitches, “My Tie” gives Delius a chance to use smears, squeals, and tongue-stops as tart rejoinders to the strings’ swelling harmonies. His irregular vibrations poke holes in the quartet’s lyricism, preventing the tune from becoming saccharine—and he concludes with a horse whinny. Finally, “On the Beach” allows Baars and Delius—both on clarinet—to weave polyphonic tones that meander, jump, circle, and occasionally meld for double counterpoint, balancing above alternating pizzicato and arco string tremolos.
As the title suggests, it may have necessitated more perspiration, but the two ensembles hang together more on Sweat then the two mixed groups on Abelen’s CD. Even if Minton’s theatrical retches, hiccups, and groans are an acquired taste, together Zoom and the new music sextet sound more comfortable than the trombonist’s crew.
That’s because the drummer, in an Ellington-like fashion, tailors his compositions to the individuals within the group. Slick trombonist Nils Wogram and guitarist Philipp Schaufelberger—in his less rock-oriented moments—have shown their adaptability on earlier Zoom releases, as has new member Claudio Puntin, a clarinetist on a technical level with Baars. ENMZ’s tubaist Leo Bachmann is versatile enough to have released his own solo improv disc, with the other members—violinist Urs Bumbbacher, cellist Stefan Tuth, pianist Viktor Müller, and flautist Hans Peter Frehner, plus Lorenz Haas on vibraphone and percussion—similarly adaptable and seemingly unaffected by the snobbism that often infects so-called serious musicians.
“Run and Rush” and “Fever” provide examples of Niggli’s architecturally complete compositions. They’re also ones that contrast markedly with those of Abelen’s that lack resolution. On the first piece, for instance, a near-impressionistic interlude of strings and flute follows measured guitar runs. These undulating string arpeggios are interrupted by a guitar vamp, which, joined by piano and vibes, develops into a swing riff balanced on Bachman’s snorting patterns. As Wogram’s chromatic solo unrolls on top of skittering drums and walking tuba lines, Minton interjects dog barks and other odd noises. Midway through is a contrapuntal interlude, featuring a twittering flute and the clarinet playing Spanish-tinged scales. Echoing resonations from Haas’ vibes set up the concluding variation that features a pounding rock-like drum beat, distortions and surf runs from Schaufelberger, choked blats from the boneman, and the vocalist perhaps unintentionally parodying a heavy metal singer’s unintelligible yowls.
“Fever”—not Peggy Lee’s hit—provides even more scope for Minton’s vocal ventriloquism following an instrumental exposition made up in equal part of rubato trombone lows, menacing, low-frequency piano chording, pastoral fluting, and strings. Displaying three of his many voices, Minton successively intones like a growling bass-baritone, as if he was a counter-tenor, and with strangled Donald Duck-like spittle. Soon he’s intoning in triple counterpoint with himself, as first stretched strings—deliberately dissonant—enter, followed by splayed guitar licks, rattling thumps from Niggli and pedal point bluster from Bachmann. Unexpectedly the composition shifts gears as perfectly formed guitar finger-picking from Schaufelberger, cross patterning dynamics from Müller, and fowl-like quacks from Puntin’s clarinet loosen up and distort the sounds. Encompassing string-directed chamber harmonies, the last section reaches a conclusive crescendo.
In many ways, the other compositions serve as a series of postludes to “No Nation”, the anthemic suite that opens the CD. Beginning with a compendium of pulses, sine waves, and percussion accents, the initial moderato theme appears after a couple of minutes. First expressed with a hearty neo-bop, double-tongued solo from Wogram, the line expands with sonorous timbres from Bachmann and tick-tocking bounces and ruffs from Niggli. Eventually it opens up for a crooning vocal from Minton, the Perry Como of the avant-garde.
Tension and release defines the composition from then on as plunger cries from the trombone, hard rock flams from the drummer, and floating guitar runs contrast with the simple, sweet Cabaletta-like air that emanates from the ENMZ. Bachmann’s reverberations provide the continuo, matched by clanking cymbals and rim shots. As the tune’s shape alters, Puntin’s feathery double-tongued clarinet line appears to be injecting fralicher phraseology into the mix. With tuba tones and clattering percussion swaggering in harmonic counterpoint finally superseded by throat gurgles, Bronx cheers, and pseudo-scatting from Minton, the composition concludes with frailing hyper-kinetic cadences from Schaufelberger and a broad clarinet glissando, recapping the theme to end on a frantic note.
As examples of musical cross-fertilization from different genres and largish aggregations, both CDs offer intriguing compositional possibilities, although Sweat has more of a positive resolution.
Ken Waxman, One Final Note, USA, 28 November 2005

 

Pawel Baranowski, Diapazon, Poland, 8. Mai2005

 

 

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